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Das Spiel des Schicksals

Das Spiel des Schicksals

Titel: Das Spiel des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. R. Powell
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Zeit bis später … Cat rollte sich zusammen und schloss die Augen.
    Tu-iiit.
    Ihre Ohren spielten ihr wieder einen Streich. Es war ein Echo von etwas, das nicht da war.

    Tu-iiit, tu-iiit … Twiit, twiit …
    Ihre Augen klappten auf. Auf einem Ast dem Farn direkt gegenüber saß ein kleiner weißer Vogel.
    Sie wagte kaum zu atmen, bewegte sich so langsam wie möglich und setzte sich auf. Cat und der Vogel betrachteten einander. Die Federn waren schneeweiß, die Augen kleine rote Perlen. Ein Albino.
    Tu-iiit …
    Ihre Beute flatterte hopsend zu Boden. Jetzt war der Vogel nur noch knapp einen Meter von ihr entfernt. Oh Gott. Eine einzige plötzliche Bewegung, ein einziges Geräusch, und er würde wegfliegen. Was sie brauchte, war ein Netz. Vielleicht konnte sie ihn mit irgendetwas zu sich locken … aber bei all den Samen und Beeren in diesem Gewächshaus würde er wohl kaum hungrig sein.
    Und doch … wie der Vogel seinen Kopf zur Seite neigte, wie er zögernd seitlich auf sie zugehopst kam … Es schien fast so, als sei er genauso an ihr interessiert wie sie an ihm.
    Ein dünner Sonnenstrahl fiel durch das Blätterdach und ließ etwas auf ihrem Oberteil erglitzern. Der Anhänger aus dem Knallbonbon! Sie hatte vergessen, dass sie das vierblättrige Kleeblatt aus Plastik immer noch trug; bis eben war es unter dem Kragen ihres T-Shirts verborgen gewesen. Es war nur ein Stück Plastik, überzogen mit Goldflitter. Gold, das in der Sonne funkelte.
    Der Vogel hopste näher.
    Fühlten sich Elstern nicht magisch von glitzernden Gegenständen angezogen? Das hier war keine Elster; es war
überhaupt kein gewöhnlicher Vogel. Aber einen Versuch war es wert.
    Mit quälender Langsamkeit schob Cat ihre Hand nach oben und hinter ihren Nacken, um den Verschluss der Kette zu lösen. Sehr langsam, sehr vorsichtig, senkte sie die Hand wieder, in der nun der Anhänger lag. »Das Funkeln gefällt dir, nicht wahr?«, gurrte sie sanft und lockend. »Komm und hol es dir, du kleines Ekelpaket. Denn ich kriege dich, oh ja, dich und deinen Obermacker von König samt seinem blödsinnigen Hof.«
    Und der Vogel flatterte auf Cats ausgestreckte Hand.
    Sie keuchte vor lauter Schreck auf, schloss die Hand aber instinktiv um den Körper. Der Vogel leistete keine Gegenwehr. Sie fühlte sein Herz schlagen, warm und beständig unter dem zarten Flaum seiner Federn. Er schaute zu ihr hoch mit Augen so rot wie Blut. Sie hielt die Wurzel der Luft in ihrer Hand.
    Zitternd stand sie auf. Zu ihrer ungeheuren Erleichterung hatte sich das Dickicht gelichtet, und sie sah den Pfad nur ein paar Schritte weit entfernt. Cat trat unter dem Dach eines Jasminstrauchs hervor und sah, dass auch die anderen aus dem urwaldähnlichen Garten auftauchten. Sie waren zerkratzt, verschwitzt und müde.
    Es kam ihr jetzt unfassbar vor, dass sie sich auf diesen jetzt breit und gepflegt wirkenden Wegen zwischen den zierlichen Blumenbeeten hatte verirren können. Der Orangenbaum samt dem Käfig war noch genau dort, wo sie ihn in Erinnerung hatte. Das Wasser plätscherte, und die Musik – jetzt wieder Geigen – spielte. Cat ging zum
Käfig und setzte den Vogel behutsam hinein. Ihr Gefangener schien ganz zufrieden mit seinem Schicksal zu sein. Er zwitscherte leise, als sie das Türchen schloss. Von Nahem sah sie, dass der Käfig achteckig war, genau wie das Gewächshaus. Er hatte oben sogar eine kleine Kuppel.
    »Und jetzt«, sagte Cat mit leicht zitternder Stimme, während sie nach dem Würfel griff, »sollten wir machen, dass wir hier wegkommen.«

KAPITEL 15
    Die Uhr war fünf Minuten vor Mitternacht stehen geblieben. Die Glasscheibe des Zifferblatts schimmerte sanft im Mondschein. Das Zifferblatt hatte einen Durchmesser von etwa sechs Metern und erdrückte mit seiner Größe fast den ansonsten leeren Backsteinraum.
    »Okay, das ist jetzt wirklich irre«, sagte Toby. »Irre vertraut, meine ich.«
    »Kennst du diesen Ort?«, fragte Blaine.
    »Eine leicht abgewandelte Version davon. Der Glockenturm meiner alten Schule wurde von dem Ass der Münzen niedergerissen.«
    »Also schön«, sagte Flora, nachdem alle einen Moment lang verunsichert geschwiegen hatten. »Wenn man die Szene so betrachtet, ist vermutlich entweder der Trumpf der Zeit oder der Turm im Spiel.«
    »Das wirkt hier alles eher so, als sei die Zeit stehen geblieben«, bemerkte Cat. Der Vogel in seinem Käfig gurrte leise, wie zur Bestätigung.
    Die Neun der Münzen kam ihnen schon weit entfernt vor. Nachdem Cat den

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