Das Spiel - Laymon, R: Spiel
wollte gar nicht daran denken.
Hör auf, darüber nachzugrübeln, sagte sie sich. Komm in die Gänge.
Sie setzte sich auf. Die Kopfschmerzen waren jetzt fast unerträglich. Ihr Genick schien zu schwach zu sein, um diese riesige Last tragen zu können. Alles schmerzte.
Na, das ist ja nichts Neues. Seit ich das Spiel begonnen habe, bin ich mehr oder weniger ein Wrack .
Angefangen hatte es, als sie sich den Schädel an Crazy Horses Kopf gestoßen hatte … nein, falsch. Sie hatte das Springmesser vergessen, das in ihrer Tasche aufgegangen war und ihre Brust verletzt hatte.
Seitdem war es immer schlimmer geworden.
Sie stand mühsam auf. Ihre Knie zitterten, und sie
schloss die Augen. Da fühlte sie etwas Schweres in der Tasche ihres Morgenmantels.
Sie schob eine Hand in die Tasche und zog die Pistole heraus.
Er hat sie mir nicht abgenommen?
In der anderen Tasche fand sie den Schlüssel zu ihrem Zimmer im Lucky Logger Inn.
Er muss mir den Abhang hinunter gefolgt sein.
Sie ging mit schwankenden Schritten zum nächsten Baum, lehnte sich dagegen und zog den Schlitten der Pistole zurück. Die Patrone befand sich immer noch in der Kammer. Dann überprüfte sie das Magazin. Es war geladen.
Ich hätte sofort auf ihn schießen sollen.
Wer zögert, verliert.
»Nächstes Mal«, flüsterte sie. »Nächstes Mal kriege ich dich.«
Sie ließ die Pistole in die Tasche zurückgleiten, schloss den Morgenmantel und knotete ihn zu. Dann stieß sie sich vom Baum ab und machte einige torkelnde Schritte den Abhang hinauf.
Von dort oben war sie heruntergerutscht, kein Zweifel. Eine breite dunkle Spur zog sich über den mit Piniennadeln bedeckten Waldboden. Sie hatte auf dem Weg nach unten kleine Äste abgerissen.
Schließlich erreichte sie den schmalen Schotterweg.
Sie musste dem Weg folgen, nur – in welche Richtung?
Nach links natürlich. Sie war aus dem Beifahrerfenster gefallen und dann den Abhang hinuntergerollt. Also war der Leichenwagen nach rechts gefahren. Und sie wollte ja zum Lucky Lodger Inn zurück.
Also nach links.
Der Schotterweg schien kein Ende zu nehmen. Sie sehnte sich nach einem Aspirin gegen das kalte, schmerzhafte Pochen in ihrem Kopf. Sie wollte ein heißes Bad nehmen, um ihre steifen Muskeln zu entspannen. Aber am allermeisten vermisste sie ihre Schuhe. Mit jedem Schritt trat sie auf irgendetwas Spitzes oder Hartes.
Sie dachte an Brace, der in dem Sarg im Leichenwagen lag.
Und an sein Ohr im Eiskübel.
Ob das Eis schon geschmolzen war?
Es wird alles gut, versicherte sie sich. Nun ja – für das Ohr war es vielleicht zu spät. Aber sie würden auch ohne klarkommen – er konnte sich ja das Haar lang wachsen lassen. Das Ohr war egal. Der Rest von ihm zählte. Sie war bereit, heute Nacht in dieser Baptistenkirche alles zu tun, was Mog verlangte, wenn er ihr nur Brace zurückgab. Dann würde alles gut werden – abgesehen von dem Ohr natürlich.
Wie weit ist es denn noch?
Endlich konnte sie hinter einer Kurve die zweispurige Teerstraße erkennen. Auf dem Asphalt befreite sie ihre Fußsohlen von spitzen Steinen, Piniennadeln und harzigen Zweigen. Eine große, schwarze Spinne klebte unter ihrer rechten Ferse.
»Igitt.« Jane rümpfte die Nase.
Sie musste sie mit dem letzten Schritt auf dem Waldboden erwischt haben. Mit einem Zweig kratzte sie sich den Insektenkörper vom Fuß. Wieder blieb ein einzelnes behaartes Spinnenbein zurück.
Genau wie im Haus neben dem Friedhof.
Jane rieb die Ferse gegen den Asphalt.
Dann hörte sie ein leises Geräusch aus weiter Entfernung. Ein Auto?
Ihr Körper versteifte sich.
Sollte sie in Deckung gehen?
»Scheiß drauf«, sagte sie und stellte sich neben die Straße, überprüfte, ob der Morgenmantel auch wirklich geschlossen war und tastete in die Tasche nach der Pistole.
Ein altes VW-Käfer-Kabrio kam um die Kurve. Am Steuer saß eine junge Frau, deren langes blondes Haar im Fahrtwind flatterte.
Jane konnte keine weiteren Mitfahrer entdecken. Sie winkte.
Die Frau erschrak, als sie Jane sah.
Kann ich ihr nicht verübeln, dachte Jane. Man könnte denken, ich wäre geradewegs einem Irrenhaus entsprungen.
Das Auto hielt vor ihr an. Jane bewegte sich nicht.
Vorsichtig. Wenn sie jetzt wendet und wegfährt, steht mir ein langer, steiniger Weg bis zum Motel bevor.
»Mein Freund hat mich letzte Nacht verprügelt«, rief sie der Frau zu. »Er hat mich aus dem Auto geworfen, mich ordentlich in die Mangel genommen und einfach hier liegen lassen. ›Mal
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