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Das Spiel - Laymon, R: Spiel

Das Spiel - Laymon, R: Spiel

Titel: Das Spiel - Laymon, R: Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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an ihrem gemieteten Wagen – wurde ihr die Absurdität der Situation langsam bewusst.
    Sie versuchte, Braces Ohr zu retten, wo der Rest von ihm doch sowieso schon tot war.
    Nein!
    Aber vielleicht würde es Stunden dauern, bis sie ihn fand – und dann konnte er sich von seinem Ohr verabschieden.

    Sie hatte keine Ahnung, unter welchen Bedingungen es möglich war, ein Körperteil wieder anzunähen. Aber es war möglich – vorausgesetzt, man legte das betreffende Teil auf Eis und brachte es so schnell wie möglich ins Krankenhaus.
    Absurd hin oder her. Vielleicht verschwende ich hier nur meine Zeit. Aber ich muss es versuchen!
    Sie wusste, wo die Eismaschine war, und sie wusste, wie man sie bediente.
    Der Gürtel ihres Morgenmantels löste sich. Mit ihrer freien Hand hielt sie den Mantel zu, obwohl niemand sie beobachtete. Die anderen Gäste schliefen tief und fest.
    An der Eismaschine nahm sie das Ohr aus dem Eimer, hielt den Eimer unter die Öffnung und drückte mit dem Daumen auf den roten Knopf. Eiswürfel rutschten wie eine Minilawine aus der Maschine.
    Endlich war der Eimer voll. Was sollte sie jetzt tun?
    Das Ohr auswickeln? Damit würde sie die Wahrscheinlichkeit, es irgendwie zu infizieren, verringern. Aber sie konnte doch nicht Braces Ohr einfach so in das Eis stecken.
    Es war die einzige Möglichkeit.
    Sie wickelte das Ohr aus. Dann schaufelte sie eine kleine Vertiefung in das Eis.
    Ein kleines Grab.
    Es ist kein Grab!
    Schluchzend bedeckte sie das Ohr mit frischem Eis.
    Dann rannte sie zu ihrem Bungalow zurück. Sie stellte den Eimer auf den Tisch. »Es wird alles gut«, flüsterte sie. »Alles …«
    Und jetzt? Jetzt muss ich herausfinden, wo Brace ist.
    Da fiel ihr Mogs Nachricht wieder ein.
    Sie hatte völlig vergessen, wo sie den Zettel hingelegt hatte.

    Jane rannte ins Badezimmer. Der Brief lag auf dem Boden – durch ihre verheulten Augen konnte sie ihn nur als verschwommenes weißes Rechteck wahrnehmen.
    Wieder rutschte sie auf den blutverschmierten Fliesen aus, konnte sich aber gerade noch fangen. Knapp, verdammt knapp, sonst hätte sie sich wieder verletzt und noch dazu den Bademantel ruiniert.
    Sie zog den Mantel aus und hängte ihn an einen Kleiderhaken. Dann kroch sie auf allen vieren über die Fliesen. Als sie die Nachricht erreicht hatte, wischte sie sich die Tränen aus den Augen und begann zu lesen:
    Freunde, Römer, Jane.
     
    Warum spielst du nicht mit? Ist das Wort GEHORCHE so schwer zu verstehen?
    Bevor du dir weiter den Kopf zerbrichst – das Ohr gehört deinem Liebsten. Ich hoffe, du bist mir dankbar, dass ich sein wichtigstes Teil verschont habe – vorerst.
    Der Rest wartet auf dich – jedenfalls bis Mitternacht. Ich glaube, du wirst ihn nicht im Stich lassen – und moi auch nicht.
    Jede Zuwiderhandlung wird mit einem weiteren Körperteil bestraft. Vielleicht kannst du ihn wieder zusammenflicken – obwohl ich es mir nicht recht vorstellen kann.
    Wir sehen uns um Mitternacht im Pool …
     
    Auf ewig dein,
ob du willst oder nicht,
MOG

40
    Jane kniete auf dem Badezimmerboden und wischte mit ihrem T-Shirt das Blut auf. Dann versuchte sie, die Flecken aus dem Teppich zu reiben. Als sie mit ihrer Arbeit einigermaßen zufrieden war, warf sie das T-Shirt und ihr Höschen in den Mülleimer und inspizierte ihren Morgenmantel, der fast gar nichts abbekommen hatte. Sie nahm ihn mit unter die Dusche und wusch die wenigen Blutspritzer mit Seife und einem Waschlappen aus. Als sie den Mantel zum Trocknen über die Stange des Duschvorhangs hing, spürte sie einen kühlen Luftzug an ihrem Rücken.
    Sie sah über die linke Schulter. Ein Fenster. Seltsam, dass sie es vorher nicht bemerkt hatte. Schließlich war es ja nicht über Nacht dort gewachsen . Trotzdem – sie konnte sich nicht daran erinnern.
    Das Fensterbrett befand sich auf der Höhe ihres Kinns. Die Milchglasscheiben waren weit geöffnet.
    Ein Fest für jeden Spanner, dachte sie.
    Sie wollte es schließen, doch dann hielt sie inne und betrachtete die hohe, schmale Öffnung genauer.
    Selbst ein großer Mann würde sich mit einiger Anstrengung durchzwängen können.
    So ist er also hier reingekommen!
    Mog war durchs Fenster gekrochen, hatte den Duschvorhang zugezogen und in der Badewanne gewartet.

    Als Jane vor dem Schlafengehen Zähne geputzt hatte, war der Vorhang zurückgezogen gewesen.
    Er musste also später eingedrungen sein, als sie geschlafen und Brace gelesen hatte. Irgendwann war Brace wohl auf die Toilette gegangen –

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