Das Spiel seine Lebens
Haut spannte sich über ihren Wangenknochen. »Fotos«, sagte sie einfach.
Ein weiteres Puzzleteilchen fand seinen Platz. Horty und die Kamera. »Sie hat Ihnen Fotos von sich mit Männern gezeigt?«
»Ja.«
»Weiße, Schwarze, manchmal mehr als einer.«
Sie schloss wieder die Augen, stie ß jedoch hervor: »Ja, und nicht nur Männer. Es hat langsam angefangen. Ein paar Nacktfotos von ihr. Wie das in dem Magazin.«
»Sie kannten dieses Bild?«
»Ja. Es war sogar ein Stempel mit dem Namen des Fotografen auf der Rückseite.«
»Global Globes Fotos?«
»Nein. Sowas wie Forbidden Fruit.«
»Haben Sie die Fotos noch?«
Sie sch üttelte den Kopf.
»Sie haben sie weggeworfen?«
Wieder sch üttelte sie den Kopf. »Ich wollte sie vernichten.
Ich wollte sie verbrennen und so tun, als h ätte ich sie nie gesehen. Aber ich konnte nicht. Kathy hat mich bestraft. Es war eine Art Buße, die Bilder aufzuheben. Ich habe niemandem davon erzählt, aber ich konnte sie einfach nicht wegwerfen. Das verstehen Sie doch, Myron, oder?«
Er nickte.
»Also hab ich sie auf dem Dachboden versteckt. In einer alten Kiste. Ich dachte, dort wären sie sicher.«
Myron merkte, worauf sie hinauswollte. »Ihr Mann hat sie gefunden. «
»Ja.«
»Wann?«
»Vor ein paar Monaten. Er hat mir nie davon erzählt. Aber natürlich habe ich es an seinem Verhalten gemerkt. Ich habe auf dem Speicher nachgesehen. Die Bilder waren weg. Adam nahm an, dass Kathy sie dort versteckt hat. Er wusste nicht, dass sie sie mir geschickt hatte. Oder vielleicht doch. Vielleicht hat er dadurch Verdacht geschöpft. Ich weiß es nicht.«
»Haben Sie eine Idee, was Ihr Mann mit diesen Bildern gemacht hat, Mrs. Culver?«
»Nein. Sie waren so furchtbar. Es hat so wehgetan, sie anzusehen. Ich denke, Adam hat sie vernichtet.«
Myron bezweifelte es. Sie sa ßen sich ein paar Minuten schweigend gegenüber. Schließlich sagte Myron: »Jessica wird das wissen wollen.«
Carol Culver nickte. »Sagen Sie's ihr, Myron. «
Sie brachte ihn zur T ür. Als er bei seinem Wagen war, blieb er stehen und drehte sich noch einmal um. Er studierte das graue Gebäude. Vor 26 Jahren war eine junge Familie hier eingezogen. Sie hatte im Garten eine Schaukel aufgestellt und einen Basketballkorb in die Einfahrt gehängt. Sie hatten einen Kombi gefahren, Fahrgemeinschaften mit anderen Eltern zur Kinder-Base ball-Liga und den Chorproben gebildet, hatten an Elternbeiratssitzungen teilgenommen und Geburtstagspartys gegeben. Myron sah es fast vor sich, ein Film, ein Versicherungs-Werbespot lief in seinem Kopf ab.
Er setzte sich in seinen Wagen und fuhr davon.
42
Myron dachte wieder über Verbindungslinien nach. Verbindungslinien wie Gary Grady. Dekan Gordon. Nancy Serat. Carol Culver. Christian Steele. Fred Nickier. Paul Duncan. Ricky Lane. Horty und die Gangster. Doch es gab noch eine Verbindung, die er übersehen hatte.
Otto Burke.
Angenommen, Jake hatte Recht. Angenommen, die Magazine waren verschickt worden, um Rache zu üben oder irregeleiteten, irrationalen Ärger zu befriedigen. In jedem Fall bedeutete es, dass jeder, der eine Ausgabe von Nips bekommen hatte, irgendetwas mit Kathy Culver zu tun hatte.
Au ßer Otto Burke.
Wie passte er da rein? Otto war Kathy Culver nie begegnet.
Oder doch?
Myron verlie ß die Route 4 am Garden-State-Plaza-Einkaufszentrum und nahm die 17 nach Süden, bis er auf die 3 kam. New Jersey, Land der Durchgangsstraßen. Er fuhr bei den Meadowlands ab und parkte in der Nähe der Büros der Titans-Geschäftsführung. Im Büro des Generaldirektors fragte er nach Larry Hanson.
Er wurde fast sofort vorgelassen. Rasch erkl ärte er den Grund seines Besuchs.
Larry Hanson betrachtete ihn mit ausdrucksloser Miene. Seine riesigen H ände waren auf dem Tisch gefaltet. Sein Hals drohte den obersten Kragenknopf zu sprengen. Larry war um die fünfzig, doch er war nicht aus der Form geraten. Nicht zum ersten Mal erinnerte er Myron an Sergeant Rock aus den alten Comics. Nur, dass er nicht auf einer dicken Zigarre herumkaute.
Das B üro war mit Trophäen geschmückt. Larry war zwei Mal zum MVP, dem wertvollsten Spieler der Liga ernannt worden. Zwölf Mal war er im All-Pro-Auswahlteam gewesen. Er war schon im ersten Wahlgang in die Hall of Fame des Footballs gewählt worden. Dazu kam eine Unzahl alter Footballfotos, von der High School übers College bis zur Profimannschaft. Schwarzweiß und in Farbe. Immer der gleiche Bürstenschnitt und das gleiche furchtlose
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