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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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und sind in der Wohngegend von Capitol Hill angekommen. Ein Ziegelstadthaus reiht sich an das nächste. Ich gehe auf die andere Seite der von Schlaglöchern übersäten Straße und tue, als suche ich nach meinem geparkten Wagen. Ein lahmer Trick, sicher, aber wenn er sich umdreht, sieht er mich wenigstens nicht. Doch je weiter wir kommen, desto stärker verändert sich die Gegend.
    Nach nur zwei Minuten weichen die Ziegelhäuser und die Bäume Kettenzäunen und zerbrochenen Flaschen, die auf dem Beton liegen. Ein vorschriftswidrig geparktes Auto hat einen gelben Metallschuh an seinem Vorderreifen. Bei einem Jeep auf der anderen Seite ist das Rückfenster eingeschlagen. Das Loch bildet ein schwarzes Oval in dem zerschmetterten Glas. Die große Ironie von Capitol Hill. Wir sollen das ganze Land regieren und können nicht einmal unser Viertel kontrollieren.
    Auf der anderen Straßenseite hat der Page immer noch sein Handy am Ohr. Er ist zu weit weg, und ich verstehe kein einziges Wort von dem, was er sagt, aber sein Gang ist geschmeidiger. Sein ganzer Körper hüpft bei jedem Schritt. Ich versuche mir den polierten Jungen vorzustellen, der sich fünf Blocks weiter mit einem demütigen Hüsteln den Weg in mein Büro gebahnt hat. Er ist verschwunden.
    Jetzt tanzt der Page weiter und klopft dabei mit dem Umschlag, in dem unser Geld steckt, an den Schenkel. Er bewegt sich zielstrebig. Für mich ist es ein ziemlich rauhes Viertel. Für den Pagen ist es sein Zuhause.
    Die Straße vor uns steigt leicht an und senkt sich dann wieder unmittelbar vor einer Überführung der Interstate-359. Als der Page sich der Überführung nähert, überprüft er noch einmal mit einem Blick über die Schulter, ob ihm jemand folgt. Ich ducke mich hinter einen schwarzen Acura und stoße dabei mit der Schulter gegen den Außenspiegel. Sofort zirpt es laut. Ich schließe fest die Augen, als der Alarm des Acura explodiert. Er heult wie eine Polizeisirene.
    Ich werfe mich lang auf den Gehsteig und krieche bis zur Vorderseite des Wagens. Hoffentlich bleibt der Junge nicht stehen. In dieser Gegend heulen ständig Autoalarme. Meine Ellbogen werden bereits feucht. Meine Nase sagt mir, daß ich in einer Pfütze Schmieröl liege. Der Anzug ist ruiniert, doch das ist im Moment meine kleinste Sorge. Ich zähle bis zehn und krieche dann zum Bürgersteig zurück. Der Alarm gellt immer noch. Ich bin auf der Beifahrerseite und halte den Kopf gesenkt. Als ich den Burschen das letzte Mal gesehen habe, ging er schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite. Ich hebe langsam den Kopf und sehe mich um. Es ist niemand da. Ich verrenke mir fast den Hals, doch der Page ist weg. Unser Geld auch.
    Ich gerate in Panik und überlege, ob ich zu der Überführung laufe, aber ich habe genug Filme gesehen, um zu wissen, daß man in dem Moment, in dem man blindlings voranstürmt, meistens in einen Hinterhalt gerät. Stattdessen gehe ich in der Hocke weiter die Straße hoch. Die parkenden Autos gewähren mir bis zu der Überführung Deckung, doch das kann mich nicht beruhigen. Mein Herz hämmert in meiner Brust, und mein Hals ist so trocken, daß ich kaum schlucken kann. Wagen um Wagen arbeite ich mich zur Überführung vor. Je näher ich komme, desto lauter wird das Summen des Verkehrs und desto weniger höre ich, was vor mir passiert.
    Links von mir scheppert etwas. Eine leere Bierdose rollt über die Betonrampe unter der Überführung auf mich zu. Ich will flüchten, doch dann sehe ich die Taube, welche die Dose angestoßen hat. Der Vogel fliegt unter der Überführung heraus und verschwindet in dem grauen Himmel. Trotz der Bewölkung ist es noch hell, doch unter der Überführung sind die Schatten so dunkel wie in einem Wald.
    Als ich hinter einem dunkelroten Cutlass heraustrete, nimmt mir das Parkverbotsschild die letzte Deckung. Ich gehe zu der Überführung und spähe suchend in die Schatten. Es ist niemand da. Über meinem Kopf rauscht der Verkehr. Die Autos brummen wie Bienen. Unter der Überführung ist niemand. Ich sehe mich um. Keiner ist mir gefolgt. Ich bin allein in dieser undurchsichtigen Gegend, und niemand weiß, wo ich bin.
    Was mache ich da? Bin ich verrückt geworden? Ich drehe mich um und mache Anstalten, zurückzugehen. Soll er doch das Geld behalten. Es lohnt nicht, deshalb mein Leben ...
    Ein gedämpftes Poltern läßt mich zusammenzucken. Es hört sich an wie Würfel, die über ein Spielbrett rollen. Das Geräusch kommt von weiter hinten, von der

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