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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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vom Stuhl, hetze zum Tisch, packe die Seiten mit Graysons Ersuchen und reiße sie aus dem Ringbuch.
    Mit lautem Krachen fliegt die Tür auf und fällt zu Boden. Ich sehe nicht hin. Mit einem Satz springe ich auf den Stuhl und hechte durch das offene Fenster. Ich taumele nach draußen. Die Sonne blendet mich, als ich auf dem Balkon lande.
    »Wo lang?« Viv schlägt das Fenster zu, während ich mich aufrappele.
    Ich rolle die Papiere zusammen und schiebe sie mir in die Hosentasche. Dann packe ich Vivs Handgelenk und ziehe sie nach links, auf den etwa einen Meter breiten Pfad direkt unter dem Fenster.
    Wir blicken auf das Washington-Denkmal und stehen auf dem langen Balkon vor dem Senatsflügel. Im Gegensatz zu der gewaltigen Kuppel des Capitols direkt vor uns ist der Weg auf dieser Seite eben.
    Ich schaue mich um. Das Fenster fliegt auf. Das Glas zersplittert, als der Flügel gegen die weiße Wand des Gebäudes prallt. Janos steckt seinen Kopf heraus, was uns nur noch mehr anspornt. Wir laufen so schnell, daß die verschnörkelte Marmoreinfassung zu meiner Rechten verschwimmt. Viv hat bereits einige Meter Vorsprung.
    Die Sonne wird von der strahlendweißen Brüstung so stechend hell reflektiert, daß ich die Augen zukneifen muß, damit ich etwas sehe. Wenigstens weiß ich, wo ich hinlaufe. Als wir uns dem Fuß der Kuppel nähern, gabelt sich der Weg vor uns. Wir können geradeaus dem Pfad folgen oder aber scharf nach links abbiegen. Beim letzten Mal hat Janos mich überrumpelt. Diesmal sind wir auf meinem Terrain.
    »Nach links!« Ich reiße Viv an der Schulter. Nachdem wir um die Ecke gebogen sind, sehen wir die verrostete Metalltreppe direkt vor uns. Sie führt zu einem Laufsteg, der uns auf das Dach bringt, unmittelbar über die Kammer, in der wir eben noch waren. »Weiter«, sage ich zu Viv und deute auf die Treppe.
    Viv läuft weiter. Ich bleibe, wo ich bin. Auf dem Boden des Balkons direkt vor den Fenstern verlaufen drei dünne Stahlkabel. Im Winter setzt die Wartungsabteilung diese Drähte unter schwachen Strom, damit der Schnee schmilzt und das Eis sich nicht erst auftürmt. Den Rest des Jahres liegen die Drähte einfach nur nutzlos da. Bis jetzt. Ich gehe in die Hocke, drücke meine Knöchel gegen den Boden und umfasse die Drähte. Ich höre Janos' stampfende Schritte.
    »Er kommt gleich um die Ecke!« schreit Viv von ihrem Beobachtungspunkt auf dem Laufsteg.
    Darauf habe ich gewartet. Ich ziehe die Drähte hoch, als würde ich einen Stacheldraht hochhalten, und zerre, so fest ich kann, daran. Die Haltekrampen fliegen mit leisem Ploppen durch die Luft. Die Metalldrähte straffen sich und heben sich ein paar Zentimeter vom Boden ab. In Knöchelhöhe.
    Seine Beine verfangen sich in den Drähten, als Janos um die Ecke biegt. Er ist zu schnell, also schneiden die dünnen Drähte tief in seine Haut. Zum ersten Mal schreit er vor Schmerz auf. Er stolpert und fällt mit dem Gesicht nach vorn auf den Boden. Allein dieses Geräusch ist die ganze Sache wert.
    Noch bevor er aufstehen kann, springe ich auf ihn los, packe seinen Hinterkopf und presse sein Gesicht gegen das glühendheiße grüne Kupferdach. Als seine Wange auftrifft, schreit er endlich laut, ein gutturales Knurren, das an meiner Brust vibriert. Aber es ist, als versuchte man, einen Bullen aufs Kreuz zu legen. Noch während ich ihn am Hals gepackt halte, ist er schon auf den Knien und versucht aufzustehen. Wie ein gefangener Panther holt er aus und schwingt seine fleischige Pranke gegen mein Gesicht. Ich ducke mich. Seine Knöchel streifen nur eine Stelle unterhalb meiner Achselhöhle. Es tut nicht sonderlich weh, doch mein rechter Arm kribbelt und wird gefühllos. Mir wird klar, daß er genau dorthin gezielt hat.
    »Lauf, Harris!« schreit Viv vom Laufsteg aus.
    Sie hat recht. In einem Kampf Mann gegen Mann kann ich ihn nicht besiegen. Ich fahre herum und sprinte los. Mein Arm ist betäubt. Janos liegt immer noch auf dem Boden und zerrt an den Drähten. Als ich zu der Metalltreppe laufe, die zum Dach führt, fliegen noch ein halbes Dutzend Krampen durch die Luft. In wenigen Sekunden wird er sich befreit haben.
    »Komm endlich!« kreischt Viv. Sie steht auf der obersten Stufe und winkt mich zu sich hoch.
    Ich halte mich mit meinem gesunden Arm am Geländer fest und haste die Treppe zu dem Laufsteg hoch. Er führt kreuz und quer über das Dach. Die Kuppel liegt hinter mir, und vor mir erstreckt sich das flache Dach des Senatsflü-gels. Der größte Teil ist

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