Das Spiel
Stapel auf dem Tresen griff und zum Ausgang stürmte. »Einen schönen Tag noch, Mr ....« Der Mann schaute auf die Fotokopie des Führerscheins, die Janos ihm gegeben hatte. Robert Franklin aus New Jersey. »Schönen Tag noch, Mr. Franklin. Herzlich willkommen in South Dakota.«
37. KAPITEL
Ich schwenke das Buch in der Hand und gehe mit meinem ausgreifenden Senatorenschritt zu dem roten Backsteinhaus. Bei dem Buch ist das Handbuch für den Geländewagen, aber bei unserem Tempo kommt keiner dazu, einen schärferen Blick darauf zu werfen. Viv spielt mit. Sie folgt mir wie die zuverlässige Assistentin ihrem Wendell-Manager. Ihre Größe und ihr frisch gebügelter blauer Hosenanzug verleihen ihr das nötige Alter für ihre Rolle. Sicherheitshalber habe ich ihr verboten zu lächeln. Gehört man nicht dazu, gehört man nur dann dazu, wenn man sich so benimmt, als gehörte man dazu. Je näher wir dem Gebäude kommen, desto klarer wird uns, daß uns ohnehin niemand stellen und enttarnen könnte. Die Wege hier sind vollkommen verlassen.
»Ob sie alle unter Tage sind?« Viv ist der Bevölkerungsschwund ebenfalls aufgefallen.
»Schwer zu sagen. Auf dem Parkplatz standen sechzehn Wagen. Dazu die Maschinen. Vielleicht wird die Arbeit ja in diesen Bauwagen erledigt.«
»Oder jemand will vermeiden, daß jeder sieht, was hier gespielt wird. Was es auch sein mag.«
Ich gehe schneller, und Viv hält Schritt. Als wir um eine Ecke des Ziegelgebäudes biegen, liegen eine Tür vor uns und eine Metalltreppe, die nach unten zu einem Eingang an der Seite des Gebäudes führt. Viv sieht mich an. Ich nicke. Wir bevorzugen die Hintereingänge und nehmen die Treppe. Als wir hinuntergehen, fallen kleine Steinbrocken aus unseren Sohlen durch das Gitter auf den Weg sieben Meter unter uns. Es ist nicht annähernd so tief wie der Abstieg, der uns bevorsteht. Ich sehe mich um. Viv starrt durch das Gitter und wird langsamer.
»Viv ...?«
»Alles okay!«
Ich muß die Frage nicht mal aussprechen.
Im Haus gelangen wir durch einen dunkel gefliesten Flur in eine Küche, die so wirkt, als wäre sie ausgeräumt und dann den Toten überlassen worden. Der Vinylbo-den ist brüchig, der leere Kühlschrank steht offen, und eine Korktafel liegt auf dem Boden. Die spröden, vergilbten Mitteilungen von der Gewerkschaft sind mindestens zwei Jahre alt. Was auch immer diese Kerle vorhaben, sie sind offenbar erst kürzlich angekommen.
Ich stecke meinen Kopf in einen Raum, in dem sich mehrere Reihen Duschen befinden. Die Düsen sind in die Wand eingelassen. Ein deprimierender Anblick. Er erinnert mich unwillkürlich an eine Gaskammer.
»Harris, ich hab's!« ruft Viv. Sie tippt mit dem Finger auf ein Schild. Rampe. Unter den Worten deutet ein winziger Pfeil zu einer Treppe.
»Bist du sicher ...?«
Sie deutet auf eine alte Metallstechuhr, die neben dem Schild angebracht ist, und schaut dann auf das Schwarze Brett und den Kühlschrank. Keine Frage. Hier fängt die Schicht an.
Wir gehen die Treppe hinunter. Der Flur wird schmaler und niedriger. Der Geruch sagt mir, daß wir im Keller sind. Es gehen keine seitlichen Räume mehr ab, und nirgendwo gibt es ein Fenster. Wir folgen einem weiteren Schild, das uns zur Rampe zu führen verspricht, und landen vor einer schmutzigen, angerosteten blauen Metalltür. Ich drücke dagegen, aber die Tür rührt sich nicht.
»Was ist los?« fragt Viv.
Ich schüttele den Kopf und versuche es noch einmal. Diesmal öffnet sich die Tür knarrend einen Spalt. Ein warmer Lufthauch bläst mir ins Gesicht. Schließlich schwingt die Tür auf. Ihre rostigen Angeln kreischen, und der heiße, trockene Wind schlägt uns gegen die Brust.
»Es riecht nach Felsen.« Viv hält sich die Hand vor den Mund.
Der Mann auf dem Parkplatz hat uns gesagt, wir sollten diesen Weg nehmen. Also zwinge ich mich dazu, den ersten Schritt in den schmalen, zementierten Tunnel zu setzen.
Als sich die Tür hinter uns schließt, ebbt der Wind ab, aber die Luft ist immer noch trocken. Ich lecke mir die Lippen, doch das hilft nicht. Es ist, als äße man eine Sandburg.
Der Korridor schwenkt nach rechts. Auf dem Boden stehen Wischeimer, und an der Decke flackert eine Neonlampe. Endlich ein Lebenszeichen. Die bittere Luft schmeckt nach Staub, ist heiß und abgestanden. An der linken Wand hängt ein altes Schild. Strahlenschutzbunker. Ein Pfeil deutet geradeaus. Das Schild ist zwar schmutzig, aber man kann noch das schwarzgelbe Warnzeichen für Radioaktivität
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