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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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vertikaler Güterzug schießt der Fahrkorb aus dem Boden und verschwindet in der Decke. Im Gegensatz zu einem normalen Aufzugschacht ist der nur auf drei Seiten geschlossen. Eine gelbe rostfreie Stahltür verhindert, daß wir in den Schacht starren und uns der Kopf abgerissen wird. Doch über der Tür, in dem sieben Meter hohen Zwischenraum bis zur Decke, können wir in den Korb des Aufzugs blicken, als er vorbeirauscht.
    »Hast du jemanden gesehen?« frage ich Viv.
    »Es hat nur eine halbe Sekunde gedauert.«
    Ich nicke. »Ich glaube, er war leer.«
    »Er war bestimmt leer«, versichert sie eifrig.
    Wir gehen weiter und verdrehen uns die Hälse, als wir nach oben in den Aufzugschacht spähen. Wasser rinnt die Wände hinunter. Es hat die Holzbohlen des Schachtes dunkel und glatt gemacht und korrodiert sie allmählich. Je näher wir an den Schacht treten, desto deutlicher fühlen wir die kalte Luft, die aus dem offenen Loch emporsteigt. Wir sind zwar noch im Untergeschoß, aber vermutlich unter einem anderen Gebäude.
    »Ob über uns das Tipi ist?« fragt Viv und deutet auf einen Sonnenstrahl, der durch die oberste Spitze des Schachts fällt.
    »Wahrscheinlich. Die Frau im Motel hat gesagt, dort wäre ...«
    Ein dumpfes Knallen über uns hallt durch den Schacht. Ein weiterer Knall folgt, dann noch einer. Der Lärm wird nicht lauter. Er ist gleichmäßig, wie Schritte. Viv und ich erstarren.
    »Frannie, hier Garth ... Käfig ist bereit«, verkündet ein Mann mit dem tonlosen South-Dakota-Akzent. Seine Stimme dröhnt in dem Schacht. Sie kommt von oben.
    »Käfig hält«, krächzt die weibliche Stimme aus einer Gegensprechanlage.
    Metall quietscht, als würde eine alte Garagentür geöffnet. Die Schritte knallen, als sie den Korb betreten. »Käfig hält«, sagt der Mann, als die Türen mit einem weiteren Quietschen zugehen. »Nach dreizehn-zwo«, fügt er hinzu. »Käfig ablassen.«
    »Dreizehn-zwo«, wiederholt die Frau durch die Gegensprechanlage. »Käfig ablassen.«
    Eine Sekunde später rumpelt es leise, und die Bänke hinter uns fangen wieder an zu vibrieren. »Mist ...«, murmelt Viv.
    Wenn wir sie sehen, können sie uns auch sehen. Während der Aufzug losrumpelt, hasten wir beide an das entgegengesetzte Ende des Schachts. Der Aufzug rast kreischend an uns vorbei wie ein Käfig im freien Fall im Vergnügungspark. Schon nach wenigen Sekunden wird das Donnern schwächer, als er in dem Kaninchenloch verschwindet. Ich ducke mich immer noch um die Ecke und rühre mich nicht. Ich lausche und warte ab, wie lange es dauert. Es ist ein scheinbar endloser Fall. Sechs Empire State Buildings in die Tiefe! Dann wispert das Metall des Korbs weit unter uns leise, seufzt noch einmal und erlischt schließlich in finsterem Schweigen. Wir hören nur noch das beruhigende Rauschen das Wassers, das an den Wänden des Schachts herunterläuft.
    Neben der angerosteten gelben Tür hängt an einem Brett ein Feuermelder hinter Glas. Daneben befinden sich ein Telefonhörer und eine ebenfalls angerostete Tastatur. Unser Eintrittsticket.
    Ich schaue Viv an. Sie hat die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und betrachtet wie betäubt den Aufzug. »Niemals! Da kriegst du mich nie im Leben rein ...«
    »Viv, wir müssen runter, das weißt du genau ...«
    »Nicht in diesem rostigen alten Ding! Niemals! Vergiß es, Harris! Ich steige aus. Ich verschwinde. Mom würde mich nicht mal in einen Bus einsteigen lassen, der auch nur halb so abgewrackt herumkutschiert...«
    »Das ist nicht komisch.«
    »Finde ich auch. Genau deshalb bewege ich meinen schwarzen Hintern keinen Zentimeter von hier weg.«
    »Du kannst dich hier nirgendwo verstecken.«
    »Das kann ich, keine Sorge. Das schaffe ich schon. Spring du ruhig in den Brunnen. Ich bleibe hier oben an der Kurbel, damit wir am Ende wenigstens den Wassereimer nach oben kriegen.«
    »Wo willst du dich denn hier verstecken?«
    »Es gibt jede Menge Verstecke. Jede Menge ...« Sie sieht sich um, betrachtet die Holzbänke, den schmalen Korridor, sogar den Aufzugschacht, in dem nur das Wasser fließt. Der Raum ist vollkommen kahl. In einer Ecke liegen einige alte Reifen und eine enorme Holzspule mit altem Kabel.
    Ich verschränke meine Arme und erwidere ihren Blick.
    Sie schaut schließlich weg. »Komm schon, Harris, hör auf...«
    »Wir sollten uns nicht trennen, Viv. Vertrau mir, ich habe dafür ein Gespür. Wir müssen zusammenbleiben.«
    Jetzt sieht sie mich forschend an und blickt dann auf die

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