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Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition)

Titel: Das Spinoza-Problem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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streikt.«
    »Der Kopf streikt nie. Er arbeitet immer, blockiert aber oft unser Wissen darüber. Normalerweise ist es Befangenheit. In diesem Fall gehe ich davon aus, dass es Befangenheit mir gegenüber ist. Versuch es noch einmal. Ich schlage dir vor, die Augen zu schließen und mich zu vergessen, zu vergessen, was ich über dich denken könnte, zu vergessen, wie ich das, was du sagst, beurteilen könnte. Denk daran, dass ich dir helfen will, und denk auch daran, dass ich dir mein Wort gebe, dass dieses Gespräch unter uns bleibt. Ich werde es nicht einmal Eugen gegenüber erwähnen. Und jetzt schließ die Augen, lass deine Gedanken zu ›nicht zu Hause‹ in dein Gedächtnis fließen und verleihe ihnen dann eine Stimme. Sprich einfach aus, was dir einfällt – es muss keinen Sinn ergeben.«
    Alfred schloss abermals die Augen, aber die Worte blieben aus.
    »Ich höre dich nicht richtig. Lauter, ein bisschen lauter bitte.«
    Leise begann Alfred zu sprechen: »Nicht zu Hause. Nirgendwo. Nicht bei Tante Cäcilie und auch nicht bei Tante Lydia … kein Platz für mich, nicht in der Schule, nicht bei den anderen Jungen, nicht in der Familie meiner Frau, nicht in der Architektur, nicht im Ingenieurwesen, nicht in Estland, nicht in Russland … Mütterchen Russland, was für ein Witz …«
    »Gut, gut – mach weiter«, ermunterte Friedrich ihn.
    »Immer draußen, immer hineinschauen, immer will ich es ihnen zeigen.« Alfred wurde still, öffnete die Augen. »Es kommt nichts mehr …«
    »Du sagtest, du wolltest es ihnen zeigen. Wem zeigen, Alfred?«
    »All denen, die mich verspottet haben. In der Nachbarschaft, in der Realschule, im Polytechnikum, überall.«
    »Und wie wirst du es ihnen zeigen, Alfred? Bleib in deinem losen Gemütszustand. Es muss keinen Sinn ergeben.«
    »Ich weiß nicht. Irgendwie werde ich sie dazu bringen, mich zu bemerken.«
    »Und wenn sie dich bemerken, wirst du dann zu Hause sein?«
    »Ein Zuhause gibt es nicht. Ist es das, was du mir zu zeigen versuchst?«
    »Ich habe keinen festgelegten Plan, allerdings habe ich jetzt eine Idee. Es ist nur eine Vermutung, aber ich frage mich, ob du überhaupt irgendwo ›zu Hause‹ sein kannst, denn ›zu Hause‹ ist kein Ort, sondern ein Seelenzustand. Wirklich zu Hause zu sein bedeutet, sich in seiner eigenen Haut zu Hause zu fühlen. Und ich glaube nicht, Alfred, dass du dich in deiner Haut zu Hause fühlst. Vielleicht war das ja noch nie der Fall. Vielleicht hast du dein ganzes Leben lang am falschen Ort nach deinem Zuhause gesucht.«
    Alfred war wie vom Donner gerührt. Seine Kinnlade klappte herunter, seine Augen hefteten sich auf Friedrich. »Deine Worte treffen mich mitten ins Herz. Wie kommt es, dass du solche Dinge weißt, solche unbegreiflichen Dinge? Du hast gesagt, dass du ein Philosoph bist. Ist es deshalb? Diese Philosophie muss ich lesen.«
    »Ich bin ein Amateur. Ich hätte mir wie du gewünscht, mein Leben der Philosophie zu widmen, aber ich muss meinen Lebensunterhalt verdienen. Ich habe in Zürich Medizin studiert und eine ganze Menge darüber gelernt, anderen Menschen dabei zu helfen, über schwierige Themen zu sprechen. Und nun«, Friedrich erhob sich, »muss ich leider gehen. Meine Mutter wartet, und ich muss übermorgen wieder nach Zürich zurück.«
    »Leider, leider. Das war sehr aufschlussreich, und ich habe das Gefühl, als hätten wir gerade erst angefangen. Hast du wirklich keine Zeit mehr für eine Fortsetzung, bevor du Reval verlässt?«
    »Mir bleibt nur noch morgen. Meine Mutter legt sich am Nachmittag immer hin. Vielleicht zur gleichen Zeit? Sollen wir uns hier treffen?«
    Alfred zügelte seine Begeisterung und seinen Wunsch, »Ja, ja« zu rufen. Stattdessen neigte er den Kopf in genau angemessener Weise: »Ich freue mich darauf.«

11
    AMSTERDAM, 1656
    In der Lateinschule van den Endens wurde am folgenden Abend Clara Marias gewissenhafte Latein-Paukstunde von ihrem Vater unterbrochen. Er verbeugte sich förmlich vor seiner Tochter und sagte: »Vergeben Sie mir, dass ich störe, Mademoiselle van den Enden, aber ich muss Herrn Spinoza kurz etwas mitteilen.« An Bento gewandt, sagte er: »Bitte kommen Sie in einer Stunde in den großen Alkoven zum Griechisch-Unterricht. Wir werden ein paar Texte von Aristoteles und Epikur diskutieren. Obwohl Ihr Griechisch noch immer rudimentär ist, haben diese beide Herren Ihnen etwas Wichtiges zu sagen.« Und an Dirk gewandt, sagte er: »Ich weiß, dass Sie wenig Interesse am Griechischen

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