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Das spröde Licht: Roman (German Edition)

Das spröde Licht: Roman (German Edition)

Titel: Das spröde Licht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tomás González
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Ab und zu öffnete ich die Augen und sah durchs Fenster die blinde Nacht; ich schloss sie wieder und sah meine Qual, während der Dornbusch in mir brannte.
    Saras Handy klingelte, und ich sprang wie elektrisiert auf. Sie antwortete nicht, sondern kam zu mir und umarmte mich, beruhigte mich. Dann rief sie die Jungen zurück und redete mit ihnen im gleichen Stil wie immer. »Ja, ja, ja, natürlich«, sagte Sara, während sie ins Bad ging. »Ich verstehe ja. Aber ihr müsst es machen … Wie? Genau. Genau das. Ja, ja, ja«, sagte sie und schloss die Badezimmertür hinter sich. Und dann fiel ihre Stimme wieder in den fürchterlichen Wiegenliedtonfall, während ich mich ans Fenster des Wohnzimmers flüchtete, um frische Luft zu atmen und auf die Marienstatuen unten zu schauen oder um die Augen zu schließen und den brennenden Dornbusch in mir zu betrachten. Ich bekam nicht mit, wie viel Zeit verstrich und in welche Richtung sie sich bewegte, oder ob ich am Fenster eingeschlafen war oder vielleicht für ein paar Sekunden das Bewusstsein verloren hatte. Die Zeit lief vorwärts und rückwärts, wie ein Pendel oder wie ein Mähwerk. Dann spürte ich, wie Saras Brüste sich an meinen Rücken drückten. (Als sie in die Wechseljahre kam, hatte Sara gesagt: »Ich werde nicht zulassen, dass mir die Muschi trocken wie Bimsstein wird. Lieber riskiere ich, Krebs zu bekommen, als dass ich auf Hormone verzichte.« Sie begann mit einer Hormonersatztherapie und hatte keine Probleme mit Trockenwerden.)
    »Geht’s dir einigermaßen?«, fragte sie.
    »Was haben sie gesagt?«
    »In Ordnung. Es ist alles in Ordnung«, sagte sie nach einer Pause, und ich fragte nicht weiter, um die Hoffnung nicht zu verlieren.
    Wir legten uns nicht wieder hin. Sara ging zu Debrah und James in die Küche, und ich nahm noch eine Beruhigungstablette, die mir diesmal half, und dann ging ich zu meinem Gemälde. Ich kam dem Abgrund, den ich zeigen wollte, immer näher. Das Problem schien mir nicht auf der hellen Seite des Lichts zu liegen, die ich für gelungen hielt; es war seine andere Seite, die sich mir entzog.
    Sara kam aus der Küche zurück und schlug mir vor, eine Weile nach draußen zu gehen. Ich hatte meine Armbanduhr in den hintersten Winkel einer Schublade gesteckt, um nicht alle paar Sekunden auf die Uhrzeit schauen zu müssen, und fragte Sara, wie spät es sei. Sie sagte, es sei kurz vor drei. Drei Uhr! Noch ist Zeit, dachte ich, und Sara, die merkte, was mir durch den Kopf ging, sah mich mitleidig an und bestand darauf, dass ich rausgehen sollte, die Luft würde mir guttun.
    Ich ging die First Avenue entlang bis Saint Mark’s, und von dort zum Astor Place. Ich wollte nichts Hochprozentiges trinken, nur ein Bier, also ging ich in einen der Läden, die rund um die Uhr geöffnet sind, und kaufte mir eine große Flasche Becks, die mir, wie üblich, in einer braunen Papiertüte gereicht wurde. Ein Nachtbus fuhr vorbei, mit nur zwei Fahrgästen, die wie zwei Seepferdchen in einem beleuchteten Aquarium aussahen (obwohl das Bild auch etwas von diesem melancholischen Maler aus Nyack hatte, dessen Namen ich mir nicht merken kann).
    Ich setzte mich auf den Sockel des Kubus, um mein Bier zu trinken. Zwei Jungen vollführten Kunststücke mit ihren Skateboards. Dabei sprachen sie kein Wort miteinander, es war nur das Crescendo der anrollenden Bretter zu hören und dann, nach einem Moment der Stille, als hielte die Nacht den Atem an, der Aufprall auf dem Boden. (Hopper! So hieß der Maler aus Nyack.) Ich schaute nach oben und suchte die Sterne. Und da waren sie. Nur einem, der wie ich keine Luft mehr kriegt, konnte es einfallen, auf dem Astor Place, im Angesicht von Starbucks und Kmart, nach Sternen zu suchen. Aber ich konnte sie mir nicht lange ansehen, denn auf mich zu kam ein Mann, etwa in meinem Alter, mit einem Fahrrad, auf dem er einen Korb mit etwa fünfzig alten Schallplatten montiert hatte.
    Die Sache war, wie immer in New York, kompliziert.
    Der Mann hieß Anthony und sprach Englisch mit einem starken ausländischen Akzent. Er stammte aus Russland und war als Zehnjähriger in die Vereinigten Staaten gekommen, aber er wollte nicht als Russe angesehen werden und vermied, Russisch zu sprechen, denn er fühlte sich als Amerikaner. Er hatte vier Jahre in Rio de Janeiro gelebt und redete zunächst in portugiesischer Sprache auf mich ein, bis ich ihm sagte, er möge doch bitte ins Englische wechseln, denn ich verstünde kein Portugiesisch. Ich ärgerte mich,

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