Das Steinbett
als zwei Monate an sich zu binden, der niemals ein böses Wort über seine Mutter verloren hatte.
Er hatte sich immer auf Sven-Erik verlassen können; Cederén war überhaupt ein Mensch, auf den man sich gern verließ. Er strahlte Willenskraft aus. Sicher, er war kein Charmeur, aber treu und auf eine Weise unbestechlich bei seiner Arbeit, die außergewöhnlich war.
Sie hatten ihre Firma, die anfangs nicht mehr als ein riskanter Versuchsballon gewesen war, zu einem erfolgreichen Unternehmen entwickelt, das für Schlagzeilen in Wirtschaftsblättern sorgte und bei Konkurrenten und Wissenschaftlern einen guten Ruf genoß. Jetzt standen sie vor dem größten Schritt seit den Anfängen von MedForsk: dem Börsengang. Dreihundert Millionen Kronen. Alles war vorbereitet. Um den Börsengang zu vermarkten, hatten sie eine Werbeagentur beauftragt, deren Arbeit alle Erwartungen übertroffen hatte. Das letzte Geschäftsergebnis der Firma sprach zudem eine deutliche Sprache. Der Gewinn hatte im Vorjahr bei gut fünfzig Millionen Kronen gelegen.
Nun war das alles bedroht, und Mortensen hatte keine Ahnung, wie er den Schaden begrenzen konnte. Die Spanier tobten, der Forschungsleiter war möglicherweise ein Mörder und wie vom Erdboden verschluckt, die Polizei ging allem und jedem auf den Grund, und die Medien bliesen zur Hatz.
Mortensen schauderte es. Er hob das Telefon auf und ging ins Haus. Als er die Tür zugeschoben und die Alarmanlage eingeschaltet hatte, überkam ihn das Gefühl, daß sich eine Katastrophe anbahnte. Er ließ die stählernen Rolladen im Textilraum herunter. Die verblichenen Stoffstücke, unter Glas in Rahmen aus Silber, bereiteten ihm keine Freude. In letzter Zeit hatte er sich immer öfter gefragt, warum er nur so viel Mühe darauf verwandt hatte, eine Sammlung von Textilien aus Südamerika und Südostasien zusammenzutragen, eine der wertvollsten, die es im ganzen Land gab. Wozu eigentlich, dachte er. Die Sammlung schaut sich ja doch niemand an außer zufälligen Gästen, die zudem nur mäßig beeindruckt waren.
Sollte er die hübsche Polizistin anrufen? Er klemmte die Karte mit ihrer Privatnummer an die Pinnwand über dem Schreibtisch. Dann schaltete er den Computer an und betrachtete dabei die Karte.
Was sollte er ihr sagen? Sollte er ihr von Gabriella erzählen? Der Gedanke war verlockend. Er wollte etwas in den Händen haben, sie zum Wiederkommen bewegen, aber Gabriellas Identität preiszugeben, das war viel zu gewagt. Der Preis konnte zu hoch sein. Ann Lindells Interesse an ihm war sicher rein beruflicher Art, und sie würde sich mit Freude auf Gabriella stürzen und anschließend auf ihn.
Lange stand er vor dem Computer und dachte darüber nach, ob er ein wenig mit dem CAD-Programm arbeiten sollte. Er hatte beschlossen, ein Viertel des Gartens aufzureißen, einen weiteren Teich anzulegen, ihn mit dem alten zu verbinden und außerdem ein kleines Wäldchen mit immergrünen Gewächsen anzupflanzen. Die Planskizze im Computer war so gut wie fertig. Er mußte nur noch das Verzeichnis über die Pflanzen hinzufügen. Spätestens im Herbst würde er mit den Ausschachtarbeiten beginnen.
Er beugte sich gerade über den Computer, als das Telefon klingelte. Er sah auf die Uhr und nahm den Hörer ab. Malaga. Es war ihm gerade gelungen zu sagen, daß Sven-Erik noch nicht wieder aufgetaucht sei, als de Soto ihn auch schon gereizt unterbrach. Mortensen verstummte, zog den Stuhl heran und ließ sich fallen.
Der lange Monolog des Spaniers lähmte ihn. Wortlos legte er auf.
12
Ola Haver blieb einen Moment im Türrahmen stehen. Das Bricanyl begann zu wirken, und Gina atmete jetzt wieder ruhiger. Er trat an das Bett heran, deckte das Mädchen gut zu und legte ihr Kuscheltier auf das Kopfkissen.
Im Schlafzimmer hörte er die Kleine kurz aufschreien, ehe sie wieder die Brust fand. Rebecka Haver rief leise nach Ola, und er verließ Ginas Zimmer, nachdem er einen letzten Blick auf seine Tochter geworfen hatte. Hauptsache, sie schläft jetzt, dachte er und schob vorsichtig die Tür zu, ohne sie ganz zu schließen.
»Denk an die Apotheke«, sagte Rebecka Haver.
Ola Haver mußte schmunzeln. Sie hatte zwar fast keine Stimme mehr, aber das hinderte sie nicht, ihn mehr als einmal an alles zu erinnern.
»Klar. Was für eine kranke Familie, und dabei ist bald Mittsommer«, erwiderte Haver und trat an das Bett.
Rebecka lächelte. Sie streckte die Hand nach ihm aus. Die Kleine nuckelte zufrieden an Mamas Brust. Vielleicht
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