Das Steinbett
Verschwinden hatte er mit dieser Arbeit begonnen. Damals war es ihr Ziel gewesen, Cederéns Namen auf den Listen zu finden. Mittlerweile hatte er seine Suche auf alle abgehenden und ankommenden Flüge aus der Dominikanischen Republik und Malaga ausgeweitet. Die Listen umfaßten Tausende von Namen. Er hatte die meisten Charterflüge aussortiert und konzentrierte sich auf Linienflüge.
Er hoffte, irgendwo auf einen Namen zu stoßen, den er aus den Ermittlungen kannte, entweder den Cederéns oder den eines anderen Mitarbeiters von MedForsk. Jetzt ging er die Listen noch einmal durch, um eventuell den Namen der Ermordeten zu finden.
Im Laufe des Winters und Frühjahrs war Cederén häufig nach Malaga geflogen. Bei seiner Sekretärin waren insgesamt zwölf Reisen in die spanische Stadt notiert.
Büro und Fabrikanlage des Unternehmens in Spanien waren ausgebaut und die Produktion zum größten Teil dorthin verlagert worden. Vielleicht war er ja nicht allein geflogen. Haver wußte nicht genau, wonach er suchte, aber vielleicht verbarg sich irgendwo hinter all diesen Namen etwas Wichtiges. Er hielt insbesondere Ausschau nach dem Namen Piñeda, dem unbekannten Briefschreiber. War er vielleicht nach Schweden gekommen, um auf sein Recht zu pochen? Bislang hatte Haver jedoch noch nichts von Interesse gefunden.
Mortensen meldete sich eine Viertelstunde später.
»Ich hatte das Handy ausgeschaltet. Ständig ruft jemand an«, lautete seine Erklärung dafür, daß er nicht an den Apparat gegangen war.
Lindell fragte sich insgeheim, ob man nicht ein Mobiltelefon besaß, damit man jederzeit erreichbar war.
»Ich möchte Sie bitten, auf der Stelle herzukommen«, sagte sie ohne höfliche Umschweife.
»Jetzt?«
»Ja, jetzt. Wir haben einiges zu besprechen.«
»Aha.« Mortensen gab sich naiv, schien sich zu einem Einwand aufraffen zu wollen.
»Jetzt«, wiederholte Lindell.
Sie brauchte nicht länger als zwanzig Minuten zu warten, bis vom Empfang Besuch für sie angekündigt wurde. Sie ging hinunter und lotste Mortensen schweigend zu ihrem Büro.
Den naiven Ton hatte er abgelegt, was Lindell ein wenig gnädiger stimmte. Sie verabscheute Leute, die gewöhnlich das Sagen hatten, sich aber in Gegenwart eines Polizisten in nervöse Teenager verwandelten.
»Sie haben mir glatt ins Gesicht gelogen«, begann sie ohne Umschweife.
»Was meinen Sie damit?«
»Ich meine Cederéns Geliebte. Sie wußten von ihr und Sie wußten, wo sie sich aufhielt.«
Mortensen sah sie an, und sie glaubte zu erkennen, daß ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen spielte. War es denn wirklich möglich, daß er sie höhnisch angrinste?
»Ja natürlich, ich kenne Gabriella.«
»Sie ist tot«, teilte ihm Lindell mit und bereute augenblicklich ihre Worte.
»Das ist doch nicht möglich.«
»Warum haben Sie mich angelogen?«
»Wie ist das passiert?«
»Beantworten Sie meine Frage.«
»Ich …«,setzte er an, verstummte jedoch sofort wieder. Er starrte Lindell an, als glaube er, daß sie versuchte zu bluffen.
»Sie hat mich angerufen, mir aber ihren Namen nicht genannt. Sie hätten ihr das Leben retten können, wenn Sie uns gesagt hätten, wo sie war.«
»Hat sie sich etwa umgebracht?«
»Jetzt erzählen Sie mir, warum Sie geblufft haben. Und keine Märchen mehr.«
»Ich wollte sie schützen«, sagte er leise. »Sie hatte auch so schon zu viel gelitten. Sie wissen vielleicht nicht, was sie alles durchmachen mußte.«
»Statt dessen haben Sie zu ihrem Tod beigetragen«, entgegnete Lindell.
Er blickte hastig auf, Staunen im Gesicht, aber da war auch noch etwas anderes, vielleicht Angst.
»Was hat sie gesagt?« fragte Mortensen vorsichtig.
»Das spielt keine Rolle. Sie wollte über Cederén sprechen.«
»Wie ist sie gestorben?«
»Sie ist erwürgt worden.«
Mortensen schluckte.
»Wie gut haben Sie sie gekannt?«
»Nicht sehr gut. Ich wußte, daß sie mit Sven-Erik zusammen war. Ich bin ihr ein paarmal begegnet. Wer hat das getan?«
»Erzählen Sie mir von der Beziehung der beiden.«
Mortensen riß sich ein wenig zusammen und begann, einigermaßen zusammenhängend davon zu erzählen, wie sie und Cederén sich kennengelernt hatten. Mortensen glaubte, daß Gabriella Mark der Hauptgrund für Cederéns Persönlichkeitsveränderung war, dafür, daß er begonnen hatte, seine Arbeit und die Firma in Frage zu stellen.
»Ging es dabei um die Tierversuche?«
»Nein, kaum, wir haben während unserer ganzen beruflichen Laufbahn mit Versuchstieren
Weitere Kostenlose Bücher