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Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Titel: Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Hasler
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In Wahrheit war es ein waschechter Grimminger. Und bis jetzt war der Betrug niemandem aufgefallen. Bis jetzt … Kinsky hatte ja nicht ahnen können, dass der Nachlass Pirnowskys in einer öffentlichen Auktion auftauchen würde.
    „Ich habe die Bilder wieder ausgetauscht, mein lieber Grimminger“, antwortete der Hofrat. „ Das Original hängt zum ersten Mal seit 15 Jahren wieder an seinem vorgesehenen Platz.“ Er kicherte. „Und deine Kopie liegt jetzt beim Kittelberger auf dem Tisch. Jeder denkt, das ist das Bild, das auf der Auktion aufgetaucht ist. Kittelberger wird die Fälschung aufdecken; mal sehen, wie lange er dazu braucht.“
    „Und Sie sind sicher, dass es bei Pirnowsky keinen Nachweis für diesen Verkauf gibt?“, fragte der Kopist.
    Schattenbach schüttelte den Kopf. „Keine Angst. Niemand wird herausfinden, woher die Fälschung kommt. Diese Wege sind für niemanden mehr nachvollziehbar.“
    „Wollen wir es hoffen“, murmelte Grimminger. Dann legte er den Pinsel weg und drehte sich langsam zu seinem Auftraggeber um. „Schaffen Sie den Kinsky weg. Er widert mich an.“ Dann fuhr der Maler fort: „Ach, übrigens, ich weiß, dass es mich nichts angeht, was Sie für Schwierigkeiten in Übersee oder auch hier in Wien haben, da ich ja nur Ihr Handlanger bin.“ Er starrte den Hofrat aus seinen kleinen Augen hinter der riesigen Brille an wie ein lauernder Wolf. „Aber ich hoffe, Sie vergessen nicht, dass auch ich Teil Ihres Imperiums bin, Herr Hofrat. Sollte also etwas schiefgehen, will ich Ihnen eines sagen: Ich werde nicht mit Ihnen zusammen zur Verantwortung gezogen. Ich werde nicht büßen für Ihr Unvermögen, dieses Projekt erfolgreich zu Ende zu bringen, denn ich bin nur ein Künstler. Sollten Sie je belangt werden, verlange ich, dass Sie meinen Namen nicht nennen.“
    In einem Anfall von schlagartiger Verachtung für dieses eisige Genie stieß der Hofrat ein hämisches Lachen aus. „Was fällt Ihnen ein, Grimminger?! Jeder Besucher hier im Haus hat Sie gesehen. Jeder weiß, dass Otto Grimminger der fleißigste und genialste Kopist von ganz Wien ist. Der zudem hartnäckig darüber schweigt, was er mit den fertigen Kopien anstellt, und der sie niemandem zeigt. Deswegen ist Julius Pawalet auch bei Ihnen im Atelier eingebrochen. Der Junge wollte nachsehen, ob es stimmt, dass Sie ihre Bilder dort horten. Ich kann mir denken, was er glauben muss. Und man wird sich schnell zusammenreimen, dass Sie auch genial genug sind, eine Methode zu ersinnen, die Leute glauben zu lassen, dass Sie nur kopieren, wo Sie doch die ganze Zeit fälschen. Man wird Ihren Anteil an der ganzen Sache erkennen, so schnell können Sie Ihre Staffelei gar nicht zusammenbauen!“
    Unbewegt nahm Grimminger diese Worte auf. Er blinzelte nicht einmal, als er antwortete. „Das ist eine sehr interessante Theorie, Herr Hofrat. Sie denken anscheinend, ich bin der brave Hund, der Ihnen das Stöckchen apportiert. Nun, ich will Sie gern in dem Glauben lassen. Ich werde weiterhin der brave Hund sein. Ich werde niemandem verraten, was Sie seit Jahrzehnten mit den Habsburger Schätzen anstellen. Was Sie alles haben verschwinden lassen. Sie haben all die Jahre gedacht, dass Kinsky sich zu einer undichten Stelle entwickeln könnte, nicht wahr? Weil er ein träger, ängstlicher Schwächling ist.“ Er nickte hinüber zu der zusammengesunkenen, schnarchenden Gestalt des Museumsdirektors. „Haben Sie nie daran gedacht, dass Sie alle befrieden müssen, die an Ihrem Krieg teilnehmen?“
    „Ich habe Sie immer anständig bezahlt!“, fuhr der Hofrat auf.
    „Das bestreite ich auch gar nicht. Aber ich habe denkbar wenig Lust auf ein Leben in Furcht. In Furcht davor, dass Sie demnächst versagen und dass alles auffliegt. Ich will mich nicht sorgen müssen, dass man mich bald zusammen mit Ihnen zur Verantwortung zieht. Deswegen tun Sie, was Sie tun müssen. Räumen Sie Pawalet aus dem Weg, und hoffen Sie, dass Ihnen niemand anderes auf die Schliche kommt. Aber für mich endet die Zusammenarbeit mit Ihnen nach der Medusa . Ich habe Ihnen lange genug gedient, Hofrat.“
    Viktor von Schattenbach hatte das Gefühl, als würde sich eine unsichtbare Würgeschlange um seine Kehle legen. Was zum Teufel sollte das nun wieder heißen?
    „Wollen Sie mir drohen, Grimminger?“, herrschte er den Kopisten an.
    „Im Gegenteil. Ich mache Ihnen einen Vorschlag in aller Freundschaft. Sie bezahlen mich nach dieser Arbeit aus. Und zwar so anständig, dass ich nie

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