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Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Titel: Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Hasler
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doch bestimmt zu klingen.
    „Aber Sie haben Rettung … nötig, wenn man Sie sich so anschaut!“, sagte Kinsky tadelnd.
    „Vergessen Sie das“, sagte Julius müde. „Wenn Sie mich einstellen, dann will ich Sie als Arbeitgeber betrachten und nicht als gnädigen Engel.“
    Der Museumsdirektor schien die Worte abzuwägen und betrachtete Julius eine scheinbare Ewigkeit. Dann lächelte er, stemmte sich mühsam aus seinem Sessel hoch und reicht Julius die Hand. Sein weinbrandgeschwängerter Atem hüllte ihn ein wie eine Dunstwolke.
    Als Julius kurz darauf über das kunstvolle Marmormuster der Eingangshalle ging, musste er an das denken, was der Inspektor erzählt hatte. Von der Frau, die von einer Giftschlange getötet worden war. In seinem Kopf tauchte ein Bild auf. Er wollte es festhalten, doch es verdämmerte sofort wieder in den Weiten seiner wirren Gedanken. Was hatte der Inspektor gesagt? Halb nackt und schön drapiert ? In diesem Augenblick prallte er gegen etwas Weiches.
    Erschrocken starrte Julius auf die Frau, die durch seine Unachtsamkeit gestürzt war. Bevor er ihr den Arm reichen konnte, hatte sie sich auch schon wieder aufgerappelt und starrte ihn vorwurfsvoll an. Julius’ Mund wurde ganz trocken. Einen Wimpernschlag lang huschte das Bild von Johanna Kovac vor seinem inneren Auge vorbei. Julius streckte die Hand aus. Er wusste nicht, warum er das tat. Unwillkürlich fing er an, die Samtjacke der Frau glattzustreichen.
    Sie schlug ihm auf die Finger wie einem Schuljungen.
    „Was fällt Ihnen ein?!“, zischte sie.
    Er starrte auf den Mund der Frau. Der war klein und rund, und ihre Augen blitzten ihn aufgebracht an. Es waren sehr dunkle Augen, braun mit einem Stich ins Violette.
    Er bemerkte die pochende Schläfe unter einem eleganten Hut, der ganz der Mode der Zeit verpflichtet war und der aussah wie eine Sachertorte, die von einer abgestürzten Krähe erschlagen worden war.
    Ihm war plötzlich heiß vor Scham und Verwirrung. Die Frau wandte ruckartig den Kopf ab und ging an ihm vorbei. Er schnappte den Hauch eines teuren Parfums auf. Als er sich stammelnd entschuldigte, war die Frau längst oben an der Prunkstiege verschwunden.
    An diesem Nachmittag ging Julius noch einmal in die Suppenküche. Er hatte zwar nun eine Anstellung, aber immer noch kein Geld, um sich etwas zu essen zu kaufen. Johanna Kovac war nicht da, und der Eintopf schmeckte nach aufgeweichtem Papier. Er ließ die Hälfte stehen. Als er sich an diesem Abend zum Schlafen hinlegte, zogen neue, merkwürdige Bilder an ihm vorüber. Schwarz gekleidete Frauen wandelten über endlose Treppen, Bilder von Rembrandt schwammen in riesenhaften Cognacgläsern, und der Inspektor sah ihn mit geweiteten Augen durch ein wagenradgroßes Lupenglas an.

IV
    An diesem Abend war die Dunkelheit in den Hauseingängen und Torwegen des Spittelbergs so tief und so undurchdringlich, als wäre die Nacht aus Teer. Es war, als hätten die Gaslaternen nicht mehr die Kraft, ihren Schein weit genug zu schicken, um die Finsternis ein wenig aufzuhellen. Die Kutscher der Fiaker bemerkten es am Schnauben der Pferde, wenn sie an einer solchen Insel der Dunkelheit vorüberfuhren. Die Huren hielten sich in dieser Nacht alle in der Nähe der Laternen auf, und selbst die spät heimtorkelnden Trinker empfanden ein seltsames Widerstreben und mieden diese schwarzen Tunnel, deren Abgründe ihnen so bedrohlich wie ihr baldiger Schlaf vorkam.
    Und so kam es, dass niemand bemerkte, wie zwei farblose Gestalten in einem dieser nachtüberschwemmten Durchgänge verschwanden. Die beiden Schemen verschmolzen mit den Mauern wie dunkler Wein, der in ein Tintenfass tropft.
    Die Geräusche vermochte die Nacht jedoch nicht zu schlucken, und so hätte man die Schritte der beiden von den feuchten Wänden einer heruntergekommenen Passage widerhallen hören können. Es hörte sich an wie zwei Melodien, die sich überlagerten. Die Schritte des einen waren rhythmisch und hastend und gaben den Takt vor, begleitet von einem schleppenden und schleifenden Geräusch. Ein erfahrener Polizist hätte vielleicht gehört, dass ein kräftiger Mann einen leblosen Körper über die Pflastersteine schleifte. Aber niemand war in der Nähe der Passage, und so hörte auch niemand, wie der schwere Körper sich vorwärtstastete und vor sich hin murmelte und immer gegen die bröckelnden Mauern stieß. Ein feines Ohr hätte das Surren eines Seils wahrgenommen. Ein aufmerksamer Nachtmensch wäre stehen geblieben und hätte

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