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Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Titel: Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Hasler
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hinüber in eine halbe Ohnmacht. Sein Kopf tat höllisch weh, und er spürte nur noch einen leichten Kuss auf seiner Wange, hörte das Rascheln von Stoff und das Klappern von Schritten. Dann fiel eine Tür zu.

TEIL 2:BILDERWUT

I
    „Es war eine unverzeihliche Dummheit von dir, diesen Pawalet einzustellen!“
    Viktor von Schattenbach hieb mit der Faust auf den Tisch, so dass der Cognacschwenker zitterte. Kinsky zuckte zusammen und senkte die Augen.
    „Ich weiß nicht, was dich geritten hat, den Sohn von diesem Mann hier ins Museum zu holen. Was hast du dir nur dabei gedacht, Gustav! Ich habe alles versucht, um unsere Probleme zu lösen, und was machst du?! Du rollst diesem Kerl den roten Teppich aus!“
    Kinsky sah zum Hofrat auf und zog den Kopf immer weiter zwischen die Schultern.
    „Hör auf, mich anzuglotzen wie eine verdammte Schildkröte!“, rief der Hofrat. „Ich will wissen, was wir tun sollen!“
    „Ich habe doch nicht gewusst, dass dieser Julius so hartnäckig ist. Wenn ich geahnt hätte, dass …“
    „Ach, das ist doch Unsinn! Wie kommst du überhaupt dazu? Selbst wenn du Joseph dieses alberne Versprechen gegeben hast – der Alte ist tot! Was bist du nur für ein verweichlichter Dummkopf!“
    Kinsky sah sich hektisch in seinem Büro um, als könnte aus irgendeinem Winkel der erzürnte Geist von Joseph Pawalet auftauchen. „Ich habe einfach versucht … es wiedergutzumachen an seinem Sohn …“, flüsterte Kinsky.
    Der Hofrat hatte den Museumsdirektor noch nie so elend gesehen. Das Gesicht des Mannes war so schmutzig weiß wie der Wintertag.
    „Wir können nicht zulassen, dass du unsere Arbeit aufs Spiel setzt, nur weil du ein sentimentaler Trottel bist!“
    „Arbeit nennst du das?!“, entgegnete Kinsky und schlug nun ebenfalls auf den Tisch. „Du kannst wohl kaum sagen, dass wir hier arbeiten !“ Spucketröpfchen landeten auf der Tischplatte.
    Der Hofrat lehnte sich vor und bleckte die Zähne. Er spürte den Zorn in den Eingeweiden wie eine eiskalte Flutwelle. Kinsky wurde unter diesem Blick noch kleiner. Schattenbach wusste, dass seine Wut immer noch einen erstaunlichen Eindruck auf den Museumsdirektor machte.
    „Was soll das heißen?“, zischte er.
    Kinsky starrte den Hofrat nur mit zitternden Lippen an. In diesem Moment wünschte Schattenbach sich, dass Luise bei ihm wäre. Er wusste nicht, wie sie es machte, aber in ihrer Anwesenheit hätte der Museumsdirektor niemals gewagt, sich aufzulehnen. Irgendetwas war in ihrem Blick, das der Hofrat selbst gerne besessen hätte.
    „Hast du schon einmal daran gedacht, dass diese Sache irgendwann enden muss? Wir können nicht ewig weitermachen“, murmelte er.
    Der Hofrat beugte sich über den Schreibtisch. „Was soll das heißen? Willst du mir etwa sagen, dass dich das schlechte Gewissen gepackt hat? Hast du vergessen, dass du hier überhaupt nichts zu entscheiden hast?“
    „Ich sage dir, Viktor, diese Sache mit dem alten Pawalet hätte uns eine Lehre sein müssen. Und jetzt das mit Julius. Es gibt zu viele Gefahren …“
    Kinsky kam nicht dazu, den Satz zu beenden. Mit einer Schnelligkeit, die man dem massigen Leib des Hofrats gar nicht zugetraut hätte, schoss dieser vor und schlug dem Museumsdirektor mit der flachen Hand ins Gesicht. Die Ohrfeige hallte in dem weitläufigen Büro wider wie ein Schuss. Erschrocken zuckte Kinsky zurück und hielt sich die Wange. Zwei Tränen platschten aus seinen Augen. Überrascht starrte er den Hofrat an. Er hatte ihn noch nie geschlagen.
„So, jetzt bist du wohl bereit, mir zuzuhören, du Jammerlappen! Hast du vergessen, dass ich dich in der Hand habe? Vergiss nicht, dass du damals damit angefangen hast. Du weißt, was passiert, wenn herauskommt, was für ein feiner Museumsdirektor du bist, oder?“
    „Wie lange willst du mich noch erpressen?“, flüsterte Kinsky mit erstickter Stimme.
    „Bis du nach Gottes Ratschluss aus dem Leben scheidest, mein Lieber. “
    „Wer sagt dir, dass du nicht vor mir stirbst?“
    Der Hofrat schlug gleich noch ein zweites Mal zu. Die fleischige Wange Kinskys fühlte sich unter seiner Hand an wie ein Stück Schinken. Eine Welle der Zufriedenheit durchflutete ihn, als er sah, wie Kinsky versuchte, ihm auszuweichen und dann einen plärrenden Laut ausstieß. Luise wäre stolz auf ihn gewesen.
    „Nun hör schon auf, Viktor, was soll das denn?“, wimmerte der Direktor.
    „Du hörst wohl nicht recht, Kinsky!“, donnerte der Hofrat. „Wir haben seit fünfzehn Jahren eine

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