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Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Titel: Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Hasler
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Vereinbarung.“
    „Da hängst du aber genauso mit drin, wenn es herauskommt!“, begehrte Kinsky auf.
    Der Hofrat beugte sich über den Schreibtisch und packte das schillernde blaue Tuch, das Kinsky um den Hals geschlungen hatte. Er zog das schwitzende Gesicht des Museumsdirektors ganz nah zu sich heran und zischte: „So hast du dir das also gedacht, ja? Mich mit anschwärzen. Ich glaube, du weißt nicht, mit wem du es zu tun hast. Du weißt doch, was passiert, wenn mir jemand in die Quere kommt, oder? Denk an den alten Pawalet.“
    Kinsky versuchte, sich aus dem Griff des Hofrats zu befreien. „Bitte, Viktor, ich kann nicht mehr. Ich kann da nicht mehr mitmachen.“
    „Na gut, dann ziehst du eben den Schwanz ein und kündigst. Geh in Rente, du bist ohnehin schon alt.“ Er lockerte den Griff ein bisschen. „Aber denk dran: Selbst wenn du diesen schönen Posten hier nicht mehr verlieren kannst – wenn du redest, lernst du mich kennen.“
    „Das will ich doch gar nicht …“, ächzte Kinsky.
    „Gut so. Und noch eins: Stell dir vor, dein möglicher Nachfolger merkt, was du hier gemacht hast. Willst du als gebrandmarkter Mann sterben, im Gefängnis? Du hast gar keine Wahl, Gustav. Nur die Wahl zwischen meiner Strafe und der des Kaisers. Merk dir das.“
    Der Hofrat ließ das Halstuch los, und Kinsky sank schwer atmend in seinen Sessel. „Was verlangst du von mir?“, fragte er mit hohler Stimme.
    „Ich verlange, dass du dafür sorgst, dass Julius Pawalet aus diesem Museum verschwindet. Vielleicht ist es noch nicht zu spät. Sollte er weiterschnüffeln, nehme ich die Sache selber in die Hand.“
    Kinsky nickte unglücklich.
    „Kranzer hätte diesen Dummkopf gleich totschlagen sollen!“, murmelte Schattenbach verärgert.
    „Warum hat Grimminger denn die Anzeige fallenlassen?“, fragte Kinsky schniefend. „Er muss doch ein Interesse daran haben, dass Pawalet im Gefängnis verschwindet, oder? Das wäre die Chance gewesen.“
    Schattenbach schnaubte. „Du weißt doch, wie es damals war, als der alte Pawalet bei ihm eingestiegen ist. Langsam glaube ich, dass der Joseph seinen Sohn aus dem Jenseits lenkt wie eine Marionette.“
    Kinsky schauderte. „Eine schreckliche Vorstellung.“
    „Kranzer wollte, dass wir die Sache regeln und nicht die Polizei. Wer weiß, was Pawalet denen alles erzählt hätte. Außerdem hat er diesen Freund beim Sicherheitsamt … Inspektor Lischka. Alles muss man selber machen, Herrgott! Und dann solltest du Grimminger sagen, dass er sich beeilen soll mit der Medusa . Es wird langsam eng.“
    Kinsky nickte wieder. „Das Bild wird heute abgehängt. Der Kittelberger hat es morgen früh in der Restaurieranstalt. Wir haben zwei gute Wochen, wenn der Grimminger sich beeilt.“
    Dann griff er nach seinem Cognacglas und nahm einen tiefen Schluck.
    Der Hofrat betrachtete ihn angewidert. Wenn er es recht überlegte, wollte er gar nicht darauf warten, bis Kinsky Julius Pawalet kündigte. Er würde die Sache gleich selbst in die Hand nehmen.
    In diesem Moment ertönten vor der Tür hastige Schritte, und es wurde laut an die Tür geklopft.
    „Herein!“, rief Kinsky, hörbar erleichtert, dass jemand seine unangenehme Begegnung mit dem Hofrat unterbrach. Die Tür schwang auf, und Prohaska, der Kassierer, erschien. Er sah aus, als wäre er vor einer heranbrausenden Lokomotive davongerannt.
    „Prohaska, was haben Sie denn?!“, rief Kinsky und sprang von seinem Sessel auf.
    „Herr Direktor …“, schnaufte der Mann, „unten … ist die Hölle los, ich weiß nicht, was ich machen soll!“
    Durch die offene Tür drangen lautes Stimmengewirr, das Trampeln Hunderter Füße und ein anschwellendes Dröhnen und Stampfen.
    „Was ist das?“, wollte Schattenbach wissen.
    „Das sind die Leute, Herr Direktor. Sie kommen zu Hunderten. Sie rennen uns das ganze Haus ein!“
    „Sorgen Sie gefälligst für Ordnung da unten!“
    Prohaska wischte sich den Schweiß von der Stirn und zuckte hilflos mit den Schultern. „Was soll ich denn machen? Der Kollege Kranzer hat versucht, sie zurückzuhalten, aber es sind einfach zu viele. Manche bezahlen schon gar nicht mehr und schieben sich einfach herein …“
    In diesem Moment begriff Schattenbach, was dieser Ansturm bedeutete. Seit die Presse bekanntgegeben hatte, dass dieser unheimliche Mörder, der Wien seit Wochen in Atem hielt, seine Inspiration aus dem Kunsthistorischen Museum bezog, hatten offenbar Hunderte sensationslüsterne Leute beschlossen, sich den

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