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Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Titel: Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Hasler
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sagte Lischka schnippisch. „Im Übrigen haben Sie Glück, dass wir zufällig vorbeigekommen sind. Sonst wäre Ihre Frau jetzt tot.“
    „Und warum sind Sie hier zufällig vorbeigekommen?“, blaffte der Hofrat sie an. „Wenn Sie jetzt endlich die Güte hätten, mir zu sagen, wer Sie sind und was Sie hier zu suchen haben!“
    „Ich bin Inspektor Lischka und ich untersuche die Morde des sogenannten Bildermörders, von denen Sie ja sicherlich gehört haben werden. Ihre Frau scheint ihm gefallen zu haben. Sie sollten wirklich besser auf sie aufpassen!“
    Lischkas Stimme war ganz glatt vor Spott. Ihn schien die Sorge des Hofrats um seine Frau nicht im Mindesten zu rühren. Schattenbachs Bemühungen zeigten langsam Wirkung. Luise schlug die Augen auf und begann, unter der Decke zu zittern wie im Fieber. Ihr Blick huschte umher wie ein benommenes Insekt und blieb an Julius hängen.
    „Was macht der hier?“, hauchte sie.
    „Der hier“, klärte Lischka sie auf, „war gerade maßgeblich an Ihrer Rettung beteiligt, Frau Hofrat.“
    „Liebste, wer hat dir das angetan?“, fragte der Hofrat dringlich. „Wer sind diese beiden Männer.“
    Luise von Schattenbach antwortete nicht, sondern ließ ihren fassungslosen Blick über Julius wandern. Die Decke rutschte ein Stück von ihrem Oberkörper und gab ihre nackten Schultern frei. Sie zog die rechte Hand unter der Decke hervor und fasste sich an die Stirn. Julius starrte auf ihr weißes Handgelenk, an dem sich die Adern abzeichneten wie blaue Kabel.
    „Was … was ist hier los?“, flüsterte sie ängstlich.
    „Frau von Schattenbach, wer hat Ihnen das angetan?!“, drängte nun auch Lischka.
    „Was denn?“, fragte sie.
    „Liebes, jemand hat dich betäubt. Diese Herren hier behaupten, dass du fast gestorben wärst“, sagte der Hofrat.
    „Und was ist das für ein Aufzug?“, fragte Julius. „Empfangen Sie Ihre Gäste neuerdings in Goldketten?“
    „Was für Goldketten?“
    Luise war so blass, als würde sie gleich wieder in Ohnmacht fallen.
    „Nun hören Sie doch mit diesen Fragen auf! Sie sehen doch, dass es meiner Frau schlechtgeht!“
    „Wo ist Colette?“, flüsterte Luise.
    „Sie hat sich irgendwo eingeschlossen. Sie will wohl nicht, dass der Hofrat ihr begegnet“, sagte Lischka. „Wir sind ihr gefolgt, müssen Sie wissen. Uns hat die brennende Frage hierhergeführt, was Ihre Zofe im Bett des Museumsdirektors Kinsky zu suchen hatte. Er wird nämlich gerade in Zusammenhang mit dem angeblich gefälschten Gemälde und dem Selbstmord von Jan Groukoult befragt. Wissen Sie etwas darüber?“
    Während Lischka sprach, sah er den Hofrat unverwandt an. Der straffte sich und reckte das Kinn vor, dass die Fettmassen in seinem Gesicht bebten. Julius hatte Mühe, das Lachen zu unterdrücken, doch er musste immer wieder auf Luises Handgelenk starren, das schlaff an ihrer Schläfe lag.
    Lischka beugte sich unvermittelt vor, so dass Julius dessen Hinterkopf vor sich hatte.
    Der Inspektor sagte: „Frau Hofrat, Sie müssen uns sagen, wen Sie zuletzt empfangen haben. Sie sind die Einzige, die den Mörder gesehen hat, also bitte.“
    Seine Stimme klang jedoch nicht bittend und verständnisvoll, sondern harsch und fordernd. Für ihn war Luise von Schattenbach offenbar weniger ein Opfer als vielmehr eine unangenehme Zeugin, die ihn endlich auf eine heiße Spur bringen konnte.
    Der Hofrat wollte schon wieder auffahren, doch er hielt sich zurück. Ihm schien klarzuwerden, in was für einer absurden Situation er war. Er stand mit einem Polizisten und einem ihm unbekannten Mann um seine splitternackte, dem Tode entronnene Frau, die durch ihr abseitiges Gewerbe in die Arme des Bildermörders getrieben worden war.
    Julius fragte sich, was der Hofrat wohl empfinden musste bei dem, was seine Frau hier tat. Immerhin schien er es bereits zu wissen. Er hatte von der geheimen Tapetentür gewusst und war nicht erschrocken zurückgewichen angesichts des Sammelsuriums an befremdenden Gegenständen, die überall herumlagen. Seine nächste Sorge galt wahrscheinlich der Tatsache, dass Inspektor Lischka diese pikante Information an die große Glocke hängen konnte.
    Und auf einmal wusste Julius auch, was ihn an Luises Aufzug irritierte. Und er wusste, dass jedes weitere Wort Lischkas, jede weitere drängende Frage Zeitverschwendung war.
    Luise wurde allmählich etwas wacher. Sie wandte sich dem Hofrat zu und flüsterte: „Sag diesen Männern, sie sollen gehen. Ich habe ihnen nichts zu

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