Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Sterben in Wychwood

Das Sterben in Wychwood

Titel: Das Sterben in Wychwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
seine Neugierde nie gut», beruhigte Bridget ihn. «Er hat Sie wirklich und unglaublich angestarrt.»
    «Er ist ein Mann, den man überall als Major erkennen würde», meinte Luke bissig.
    Bridget sagte plötzlich: «Wollen wir uns nicht hier am Ufer ein wenig hinsetzen? Wir haben noch eine Menge Zeit.» Sie setzten sich auf einen gefällten Baum, der recht bequem war. Bridget fuhr fort:
    «Ja, Major Horton ist sehr militärisch – seine Manieren erinnern an ein Offizierskasino. Man würde kaum glauben, dass er bis vor einem Jahr der größte Pantoffelheld der Welt war!»
    «Was, dieser Mann?»
    «Ja. Er hatte die unangenehmste Frau, die ich je gekannt habe, zur Gattin. Sie hatte auch das Geld und unterließ nie, das öffentlich hervorzuheben.»
    «Armer Teufel – Horton, meine ich.»
    «Er benahm sich sehr nett zu ihr – war immer ganz Offizier und Gentleman. Dabei musste man sich wundern, dass er nicht mit der Hacke auf sie losging.»
    «Sie scheint nicht beliebt gewesen zu sein.»
    «Niemand mochte sie. Sie wies Gordon zurecht und begönnerte mich und machte sich überall unbeliebt, wohin sie ging.»
    «Jedoch eine gütige Vorsehung hat sie der Erde entrückt, denke ich?»
    «Ja, vor ungefähr einem Jahr. Akute Gastritis. Sie bereitete ihrem Gatten, Dr. Thomas und zwei Pflegerinnen die reine Hölle – aber schließlich ist sie doch gestorben! Die Bulldoggen waren gleich munterer.»
    «Intelligente Viecher!»
    Ein Schweigen entstand. Bridget rupfte müßig das lange Gras aus. Luke schaute, ohne etwas zu sehen, mit gerunzelten Brauen auf das gegenüberliegende Ufer. Wieder wurde ihm das Phantastische seiner Mission bewusst. Was war Tatsache – wieviel war Einbildung? War es nicht schlecht für einen, wenn man jeden Menschen, den man kennenlernte, als möglichen Mörder betrachtete? Dieser Standpunkt hatte etwas Erniedrigendes.
    Verdammt noch mal, dachte Luke, ich war wirklich zu lange ein Polizeimann!
    Er wurde mit einem Ruck aus seinen Grübeleien gerissen; Bridgets kühle, klare Stimme sagte:
    «Mr Fitzwilliam, warum sind Sie eigentlich hergekommen?»

6
     
    L uke war eben im Begriff gewesen, sich eine Zigarette anzuzünden. Die Überraschung über ihre Frage lähmte ihm momentan die Hand; er verharrte ein paar Augenblicke regungslos, während das Zündholz herunterbrannte und ihm die Finger versengte.
    «Verdammt», fluchte Luke, ließ das Zündholz fallen und schüttelte heftig seine Hand. «Verzeihung, Sie haben mich ganz aus dem Konzept gebracht.» Er lächelte etwas kläglich.
    «Wirklich?»
    «Ja.» Er seufzte. «Nun, vermutlich würde mich jeder, der ein wenig intelligent ist, durchschauen! Der Geschichte, dass ich ein Buch über Volkssagen schreibe, sind Sie wohl keinen Augenblick aufgesessen, wie?»
    «Nachdem ich Sie einmal gesehen hatte, nicht.»
    «Bis dahin haben Sie es geglaubt?»
    «Ja.»
    «Und dass ich da herkomme und mich als Vetter ausgebe – das hat Sie nicht stutzig gemacht?»
    Bridget schüttelte den Kopf.
    «Nein. Dafür hatte ich eine Erklärung – das heißt, ich glaubte eine zu haben. Ich nahm an, dass es Ihnen schlecht ginge. Vielen von meinen und Jimmys Freunden geht es schlecht – und da dachte ich, er habe sich das mit dem Vetter ausgedacht, um Ihren Stolz zu schonen.»
    «Aber als ich ankam», sagte Luke, «hat da mein Auftreten so viel Wohlstand ausgeströmt, dass diese Erklärung nicht in Frage kam?»
    Ein Lachen erschien auf ihren Lippen.
    «O nein», erwiderte sie. «Das war es nicht. Sie waren einfach nicht der Richtige dafür.»
    «Nicht genug Verstand, um ein Buch zu schreiben? Schonen Sie meine Gefühle nicht; mir ist lieber, ich weiß es!»
    «Sie könnten ein Buch schreiben, aber nicht diese Art Buch, über alte Bräuche und Riten. Sie sind nicht der Mensch, dem die Vergangenheit viel bedeutet – vielleicht nicht einmal die Zukunft – gerade nur die Gegenwart.»
    «Hm – ich verstehe.» Er zog ein schiefes Gesicht. «Hol’s der Teufel, seit ich hier bin, war ich nervös in Ihrer Gegenwart! Sie sahen so verdammt intelligent aus.»
    «Entschuldigen Sie», bemerkte Bridget trocken. «Was haben Sie denn erwartet?»
    «Nun – ich hatte eigentlich nicht darüber nachgedacht.»
    Doch sie fuhr ruhig fort:
    «Eine federleichte kleine Person – mit gerade genug Verstand, die Gelegenheit wahrzunehmen und ihren Chef einzufangen?»
    Luke gab einen undeutbaren Laut von sich. Sie wandte ihm einen leicht amüsierten Blick zu.
    «Ich verstehe vollkommen. Ist schon gut. Ich

Weitere Kostenlose Bücher