Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
Vom Netzwerk:
Situation… Revolution ist wie Krieg,
überlegte Jordan. Man weiß nie im Voraus, wie man
reagieren wird. Patrioten verwandeln sich über Nacht in
Pazifisten und umgekehrt; zynische, intelligente junge
Männer ziehen los und sterben für König und
Vaterland. Und ein Individualist, der die erstickende
Konformität der Freistaaten verachtet, gelangt auf einmal zu
der Einsicht, es sei angebracht, sie alle platt zu walzen und
eine vereinte Republik daraus zu formen…
    Cat unterbrach seinen Gedankengang.
    »Okay, etwas jedenfalls kannst du tun. Rede, schreibe,
stell alle möglichen Sachen zusammen, die dir im Netz oder
hier oder wo auch immer ins Auge fallen.« Sie deutete auf
die zahllosen Pamphlete. »Erwähne nicht die ANR
– rede davon, wie beschissen die Freistaaten, das
Königreich und die UN sind. Und sammle möglichst viele
Informationen über das, was vorgeht, wie sich alles
zusammenfügt.« Sie kniff die Augen zusammen.
»Oh, ja. Da ist noch etwas. Du sagst, du warst
Geschäftsmann? Kennst du dich mit Aktiengeschäften
aus?«
    Jordan sprang unvermittelt auf. »Ja. Ja, aber sicher
doch.«
    Cat erhob sich. »Prima«, meinte sie. »Ich
werde den Genossen sagen, sie sollen von dem Geld, auf dem sie
sitzen, ein bisschen auf deinen Rechner übertragen.«
Sie stockte, runzelte die Stirn. »Kannst du bei fallenden
Kursen tatsächlich Geld verdienen?«
    Jordan grinste breit. »Da kannst du drauf
wetten.«
    »Okay«, sagte Cat. Sie bahnte sich vorsichtig
einen Weg durch die Unordnung. »Dann mal los. Mach kurz
nach Mitternacht Schluss.«
    »Und dann?«
    Cat sah sich von der Tür aus nach ihm um. »Dann
schlaf«, antwortete sie. »Du wirst den Schlaf bald
dringend brauchen.«
    Und mit diesem doppeldeutigen Versprechen ging sie hinaus.

 
16
----
Am Vorabend der Just-in-time-Vernichtung
     
     
    Jordan, der bis zu den Augäpfeln und Ellbogen in der
virtuellen Realität steckte, bemerkte Cats wilde,
katzenhafte, weibliche Anwesenheit nur gelegentlich, wenn sie ihm
etwas ins Ohr flüsterte, die Luft aufrührte, an seinem
Rücken entlangstreifte. Sie spornte ihn an, und dies war
erträglicher und weniger ablenkend, als von ihrem Bild
verfolgt und von ihrer Abwesenheit gequält zu werden.
    Morgens um halb sechs hatte sie ihn wachgerüttelt. Er
hatte sich aufgesetzt und sie ungläubig angestarrt. In dem
schimmernden, funkelnden Kleid, das sie auch schon am Abend zuvor
getragen hatte, wirkte sie wie eine gute Fee, und sie hatte ihm
eine Tasse Kaffee und einen Teller mit einem Specksandwich
mitgebracht.
    »Guten Morgen.« Er schluckte.
»Danke.«
    Sie reichte ihm das Frühstück und sagte: »Hi.
Mary hat gemeint, ich soll dir sagen, Wladiwostok sei gefallen,
Tokyo schwach und das Pfund stehe bei zwei Komma drei Millionen
Mark, mit steigender Tendenz.«
    »Steigend?« Die Zentralbanken waren
offenbar am Durchdrehen. Jordan nahm an dem kleinen Tisch mit dem
Computer Platz und setzte die Brille auf. Als er sich ein Bild
von der Marktlage gemacht hatte, war das Frühstück
verspeist. Nachdem er ein paar Yen in Pfund Sterling getauscht
hatte, wurde ihm unbehaglich zumute. Wieder in der Realität
angelangt, stellte er fest, dass er nackt war. Es störte ihn
nicht; er vermutete, dass es auch Cat nicht störte. Nach
einem weiteren kurzen Blick auf den Markt duschte er, zog Jeans
und ein T-Shirt an und eilte nach unten in den Medienraum.
    Den Vormittag und den frühen Nachmittag verbrachte er so,
wie Cat es vorgeschlagen hatte, in ständigem Wechsel
zwischen dem aufgeregten Agitationsgeschnatter in den Newsgroups
und Informationskanälen und den davon beeinflussten
Märkten. Er wandelte auf der Siegerstraße, er hatte
alles im Griff… Kaum dass sich das Nervenflattern nach dem
Fall von Wladiwostok (der den Nachrichtenkanälen zufolge der
Volksfront von Workuta zuzuschreiben war) gelegt hatte, floss
eine Menge heißes Geld nach Britannien zurück. Die
Investoren und Spekulanten waren offenbar beeindruckt von der
ruhigen Hand der Regierung; es gab eine Menge schlaue Hinweise
darauf, dass die Offensive der ANR doch nicht stattfinden
würde.
    Ha!
    Vom Gegenteil überzeugt, machte Jordan den Kursaufschwung
so weit mit, wie er sich traute, verkaufte gegen Mittag und stieg
sogleich in Gold ein, nachdem er seinen eigenen Einsatz und den
des Kollektivs verdoppelt hatte; bei letzterem handelte es sich
um eine viel zu große Summe, um sie auf einem schlecht
verzinsten Sparbuch

Weitere Kostenlose Bücher