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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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großes politisches Problem sei aufgetreten. Er
besänftigte die heftigen Begierden, die Marihuana für
gewöhnlich bei ihm weckte, mit Kaffee, Brötchen und
einer Tabakzigarette. Eine Woche Nachtschicht, und sein
24-Stunden-Rhythmus war im Eimer. Dabei war es bloß eine
Frage von Monaten, Wochen oder gar Tagen, und er hätte nicht
mehr bloß mit einem, sondern sogar zwei Aufrührern zu
tun. Von denen der eine Ziele angreifen würde, die er und
seine Firma beschützen sollten.
    Früher einmal wäre ihm beides recht gewesen. Jetzt
erfüllte ihn der Gedanke an eine der berüchtigten
›Endoffensiven‹ der ANR bloß mit dumpfem
Entsetzen, obwohl er ihr Gelingen wünschte. Nach wie vor
theoretisch Bürger der Republik, ein wahrer Sohn Englands
und so weiter und so fort, schätzte er die Chancen der ANR
gleichwohl nüchtern ein. Auf einer Skala des politischen
Realismus würde die Nadel am unteren Ende umherzittern.
    Was die andere Gruppierung betraf, das
Linksbündnis… Seine einzige, höchst
unwahrscheinliche Chance bestand darin, die soziale Explosion
auszulösen, die es durch die geschlossenen Allianzen bereits
im Voraus diskreditiert hatte – Allianzen mit den Spinnern,
den Grünen, dem ganzen Pöbel, den alle, die auch nur
einen Funken Verstand besaßen, unter dem Begriff Barbaren zusammenfassten. Sozialismus und Barbarei.
Einige Gruppierungen der alten Partei, Fragmente der sich
unablässig rekombinierenden Junk-DNA des alten Trotzkij,
gehörten nicht nur dem Bündnis, sondern auch anderen
Bewegungen an: eine verlorene Sache und Folge einer vergessenen
Geschichte, die zu viele falsche Abzweigungen genommen hatte, um
je wieder zurückzufinden. Ihm blieb nichts anderes
übrig, als ein Nachhutgefecht zu liefern und die sich
vervielfachenden Heere der Nacht, in der Rot und Grün beide
grau aussahen, in Schach zu halten.
    Gute Musik.
    Er dachte an Cat, die er beinahe getötet hätte, doch
ihr Bild war blass und verschmolz mit dem Hintergrund. Janis
Taine hingegen sah er klar und deutlich vor sich. Als stünde
sie leibhaftig vor ihm. Besonders beeindruckt hatte ihn, dass sie
überhaupt nicht von ihm beeindruckt gewesen war. Ihm wurde
bewusst, dass er dies bereits als Herausforderung vermerkt
hatte.
    Gedächtnis. Sie erforschte das Gedächtnis. Auf diese
interessante Tatsache war er gestoßen, als er nach
Arbeitsschluss die Schadensberichte überprüft hatte,
und am Morgen war er der Sache noch ein wenig nachgegangen. Ihre
Unterhaltung hatte seine Vermutung bestätigt, und jetzt war
es an der Zeit, weitere Nachforschungen anzustellen.
    Kohn hatte ein Gedächtnisproblem. Er hatte lebhafte
Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend, doch dazwischen
klaffte eine Lücke, ausgefüllt mit lauter Rauschen. Er
wusste, was in der Zeit geschehen war, vermochte sich aber nicht
hineinzudenken und daran zu erinnern.
    Er erhob sich, legte das Gewehr behutsam auf den Schreibtisch
und verkabelte es mit der Rückseite des Terminals.
    »Such«, sagte er.
    In seiner Vorstellung bezeichnete er es als das Schweizer
Armeegewehr. Er hatte es aus einer Kalaschnikow modernster Bauart
und einem Neuralchip von Fujitsu zusammengebastelt und seine
Fähigkeiten mit allen raubkopierten Upgrades erweitert,
deren er habhaft werden konnte – er hatte Prozessoren und
Sensoren aus überlisteten Überwachungsgeräten und
kleinen, lästigen Wartungsrobots ausgebaut, die er erlegt
hatte wie Tauben, und alles miteinander vernetzt. Vermutlich
übertraf die Hardwarekapazität die Anforderungen der
Software mittlerweile bei weitem. Außer den
Standardmerkmalen einer intelligenten Waffe verfügte es
über lernfähige Mustererkennung, Sprachsteuerung, ein
Interface, das Bilder an seine VR-Brille übermittelte, und
so viele Informationsserver, dass man ein kleines Geschäft
damit hätte aufziehen können -Gopherserver, um
Datenbanken zu durchforsten und bestimmte Informationen
auszuwählen, Filter, um Newsgroups zu scannen –
angeordnet um und Meldung erstattend an ein Avatar, das in der
Lage war, ein überzeugendes virtuelles Bild seiner selbst zu
erzeugen: sein Bote, sein Lockvogel und sein Double.
    Irgendwann würde er alles einmal dokumentieren.
    Er wies das Gewehr an, weitere Informationen über das
Projekt zu beschaffen, an dem Janis Taine gerade arbeitete.
Terminal-Identifizierungen, mühelos und
gewohnheitsmäßig eingeprägt; offizielle
Projektbeschreibungen, aus der Datenbank der

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