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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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dir das vorstellen? Hab alle möglichen
Gelegenheitsjobs angenommen, das übliche halt, bis ich alt
genug war, um mir einen richtigen Job auf dem Bau zu
besorgen.«
    »Du meine Güte.« Janis war jetzt beinahe
betroffener als beim ersten Teil der Geschichte. »Hast du
jemals daran gedacht, in die Berge zu gehen und dich der ANR
anzuschließen?«
    »Ob ich daran gedacht habe? – Scheiße, ich
hab davon geträumt. Aber ich habe ihr nie große
Chancen eingeräumt.« Er schnaubte. »Sieht so
aus, als hätte ich mich getäuscht, wie? Jedenfalls
hätte es nicht ausgereicht, die Hannoveraner vom Sockel zu
stürzen. Das zumindest ist der Weltraumbewegung klar. Man
muss das ganze Reich des Bösen bekämpfen, Mann! Und den
grünen Abschaum, die ganzen Spinner und Verrückten. Die
Startrampen und das Netz schützen und die Arbeiter
verteidigen. Das ist unser Weg.«
    »Der schmale Grat.«
    »Da hast du, verdammt noch mal, Recht«, sagte er
mit einem stolzen Grinsen. »Das letzte Aufgebot.«
    »Wie bist du – wie nennt ihr euch noch gleich?
-Schutzsöldner geworden?«
    »Anfangs haben wir Baustellen gegen die grünen
Aktivisten verteidigt. So fing alles an.« Er hob
lächelnd die Schultern. »Da sollten wir uns ein
andermal drüber unterhalten… Wie bist du zur
verrückten Wissenschaftlerin geworden?«
    Janis nahm einen großen Schluck. »Ich hatte wohl
eine ziemlich behütete Kindheit. Die alte Leier mit dem
Mittelklasse-Privileg, weißt du? Bin in Manchester
aufgewachsen. Da ist man königstreu, es gibt keine autonomen
Gemeinwesen. Nicht viel Gewalt. Hin und wieder werden Soldaten
oder irgendwelche Beamten von ANR-Heckenschützen
abgeknallt…
    Meine Eltern sind beide Doktor.« Sie lächelte
entschuldigend. »Richtige Doktoren. Ärzte, meine ich.
Zwei Brüder, beide jünger als ich. Der eine ist
Bergbauingenieur in Sibirien, der andere studiert Medizin. Ich
habe mich immer schon für medizinische Forschung
interessiert – der Gencode wurde geknackt, als ich gerade
alt genug war, zu verstehen, was da passierte. Höhere
Schule, Universität, Forschung. Ich kam nur wegen der
Restriktionen hierher – im Norden gibt es nicht genug
RF-Zonen.«
    Kohn nickte bedächtig. »Und jetzt bist du in
Norlonto. Eine logische Entwicklung.«
    Janis schnitt eine Grimasse. »Ich wollte mich nicht mit
schwarzer Technik befassen.«
    Das war die geläufige Bezeichnung für die Art
Forschung, wie sie in Norlonto angeblich betrieben wurde. Nicht
unbedingt Tiefentechnologie, aber dicht daran;
neural-elektronische Interfaces, Genexperimente, potenziell
tödliche Lebensverlängerungstechniken, alles an
höheren Tieren oder Menschen getestet, deren
Freiwilligenstatus ausgesprochen zweifelhaft war: an Schuldnern,
Verbrechern, Jugendlichen, die nicht wussten, worauf sie sich
einließen, verzweifelten Armen, Söldnern…
    Er steckte sich noch eine Zigarette an und lehnte sich
zurück, blies Rauch aus der Nase und musterte sie über
die Nasenspitze hinweg. »Das ist wirklich ein guter
Witz«, bemerkte er, »in Anbetracht der
Umstände.«
    »Das ist etwas anderes, verdammt noch mal!«
    »Erklär das mal den Spinnern.«
    »Was sollen wir also tun?« Janis blickte sich in
der mittlerweile belebteren Bar um, als hielte sie Ausschau nach
Spitzeln.
    Sie wirkte so verängstigt, dass Kohn sich erweichen
ließ. Er hatte seine Meinung kundgetan. »Mach dir
keine Sorgen«, sagte er. »Dieses Lokal ist ein
Schwarzes Loch für den Staat und die Terroristen –
nicht dass sie Mühe hätten, hineinzukommen; das
Rauskommen fällt ihnen schwer. Hier hat niemand die
Konvention unterzeichnet; das Abkommen gilt hier nicht; wir sind
nicht in den UN. Wenn Krieg herrscht, gibt es nichts, was uns die
Hände bindet. Stattdessen herrschen hier freier Handel,
Anarchie und das, was die Bewegung als Recht und Ordnung
bezeichnet. Jedermann darf eine Waffe tragen, und wer sie ohne
triftigen Grund einsetzt, wird umgelegt. Folglich müssen sie
sich vorsichtig an uns heranarbeiten, und bevor ihnen das gelingt
– sagen wir, in ein paar Tagen – stehen uns jede
Menge Möglichkeiten offen. Wir könnten ins Netz gehen
und die ganze Geschichte publik machen. Wir könnten in die
Berge gehen. Übers Meer…«
    »Nach Irland?«, fragte Janis bestürzt.
    Kohn war schon einmal dort gewesen und hatte sich bei einer
der zahlreichen Konferenzen, die nur außerhalb des
Königreichs veranstaltet werden konnten, um die Sicherheit

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