Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Stockholm Oktavo

Das Stockholm Oktavo

Titel: Das Stockholm Oktavo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Engelmann
Vom Netzwerk:
Suppen köchelten und der erfüllt war vom Duft nach Rosmarin und gebratenem Fleisch. Als sie ihn betraten, verstummte das Geplapper, nur das Pfeifen des Kessels auf dem Herd war zu hören.
    »Fräulein Blom wird hier für mich arbeiten. Behandelt sie mit Respekt.«
    Die Dienerschaft knickste brüsk, sie tolerierte diese kleinen Streunerinnen, die Madame aufnahm, nur, weil sie meist nach kurzer Zeit wieder hinausflogen und da sie meinte, diese Angewohnheit würde die Frustration der Uzanne über ihre Kinderlosigkeit mildern.
    »Fräulein Blom ist ausgebildete Apothekerin. Sie wird Arzneien für uns herstellen.« Die Uzanne gab Anweisungen, dass Johanna alles bekommen sollte, was sie brauchte.
    Die alte Köchin grummelte ein zurückhaltendes Einverständnis. »Denken Sie daran, junges Fräulein, dass ich in diesem Haus jedes Wort höre und alles erfahre, was geschieht.«
    »Köchin, wir zählen auf Sie und ihre Bemühungen, den Ruf von Gullenborg zu wahren«, versicherte ihr die Uzanne. »Immerhin haben Sie mir beigebracht, wie wichtig es ist, jeden Hunger zu stillen.«
    Doch die alte Köchin ließ sich mit Schmeicheleien nicht so leicht einwickeln. »Sie mögen vielleicht eine Dame sein, aber vergessen Sie nicht, dass ich hinter Ihnen aufwische«, sagte sie zu Johanna gewandt.
    »Ich kann mich um mich selbst kümmern, Köchin«, erwiderte Johanna und starrte auf den schwarzen Granitstößel in deren Händen.
    »Genascht und stibitzt wird hier jedenfalls nicht!« Die alte Köchin wackelte mit dem Finger, dessen Kuppe von einem verfehlten Messerhieb ganz flach war. »Wahrscheinlich werde ich Sie in der Speisekammer erwischen wie die Letzte auch …«
    »Ich bin keine Diebin«, gab Johanna kühl zurück.
    »Und Hände weg von meinen Kochtöpfen!«, bellte die Köchin, dann ging ihre Schelte in einem Husten unter.
    Johanna legte die Hände flach auf den Hauklotz und sah die alte Frau streng an. »Und Hände weg von
meinen
Töpfen!«
    Für einen Moment verstummte die Köchin, dann fing sie an zu keuchen und verschränkte schließlich die Arme über ihrer wogenden Brust.
    Die Uzanne sagte gelassen in Johannas Ohr: »Lassen Sie die Köchin reden, sie ist eine alte Hündin und ihrer Herrin treu ergeben. Bald wird sie Sie lieben wie ihren eigenen Welpen.«
    Die alte Köchin beobachtete diesen zärtlichen Dialog mit einer gewissen Belustigung – das hatte sie schon oft mit angesehen. Sie nickte, dann gingen sie und die Küchenmädchen wieder ihrer Arbeit und ihrem Geplauder nach. Die Uzanne nahm Johanna am Arm und wandte sich zur Treppe.
    »Ihre Ohren sind wirklich hervorragend.« Sie dämpfte die Stimme zu einem leisen Flüstern: »Morgen gehen Sie in die Löwenapotheke in der Kocksgränd neben der Jakobskirche. Gullenborg hat dort ein Konto. Besorgen Sie alles, was Sie brauchen. Und beginnen Sie Ihre Arbeit damit, den Husten der Köchin zu kurieren, Fräulein Blom. Das ganze Haus wird Sie dafür lieben!«

Kapitel 18

Johanna in der Löwengrube
    Quellen: J. Blom, ein nicht genannter Angestellter der Löwenapotheke
    Der
Löwen
ähnelte eher einem dreckigen Leihhaus als einer Apotheke. So etwas hatte Johanna noch nie gesehen. Phiolen und Schachteln stapelten sich gefährlich übereinander, der bittere Geruch von Opiumpaste hing über Zitronenbalsam und Myrte und durchdrang die Luft. Trotz des Durcheinanders verspürte Johanna unvermittelt einen Stich des Heimwehs nach Gävle, und sie bekam Angst bei der Vorstellung, ohne den Rat und die Anleitung ihres Vaters wirksame Arzneien zusammenzustellen. Die richtigen Ingredienzien kannte sie, nun müsste sie die jeweilige Dosierung ausprobieren.
    Die fettigen Haare des Apothekers lugten unter seiner Perücke hervor, seine Nase war rot und aufgedunsen. Er las Johannas Liste und kratzte sich mit der freien Hand am Kopf. »Rotulme, Eibisch, Süßholz. Da hat jemand Husten.« Er sah Johanna an. »Haben Sie die Liste geschrieben?« Sie nickte. Der Apotheker las weiter: »Baldrianwurzel, Hopfen, Kamillenblüten, getrocknetes Moos, Johanniskraut, Tollkirsche, Bilsenkraut, Specksteinpulver, Jasminöl … Wen wollen Sie denn zu seinem Schöpfer schicken, junges Fräulein – das alles zusammen ergibt eine teuflische Tinktur.«
    »Niemand wird Schaden nehmen«, sagte Johanna. »Ich stelle ein Schlafmittel für meine Herrin her.«
    »Eine weise Frau, was? Ein Quäntchen Laudanum wäre einfacher.« Er hielt eine kobaltblaue Phiole mit einem Korken hoch. »Nur ein Tropfen, und sie schläft tief

Weitere Kostenlose Bücher