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Das Stockholm Oktavo

Das Stockholm Oktavo

Titel: Das Stockholm Oktavo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Engelmann
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zündete die Lampen an, und ich sah, dass ihr Gesicht vor Trauer verkniffen war. »Herzog Karls Kontakt mit mir wurde bemerkt, genauso wie die vielen Patrioten, die mich aufsuchten. Ich dachte, ich könnte für den Herzog den Kerkermeister spielen und dem König dienen, Gustavs Berater aber interpretieren die Sache anders. Ich kann nicht glauben, dass Gustav seine alte Freundin so schlecht behandelt.« Dann hoben sich ihre Mundwinkel zu einem listigen Lächeln. »Aber das werden wir nun ändern, Emil, denn jetzt weiß ich Bescheid«, sagte sie und ging schnell in die Eingangsdiele. »Machen Sie einen Tisch bereit, ich hole die Karten.
    Ich stellte meinen Lieblingstisch wieder hin, schob die Stühle an die Seiten und schüttelte für uns zwei Kissen auf. Kuchenkrümel und Tabakblätter hingen an dem grünen Filz, ich bürstete sie weg, so gut es ging, dann zündete ich die Lampen an der Wand dahinter an. Madame Sparv kam zurück und legte ein Oktavo, in ihrem Eifer fielen die Karten aus dem Stapel.
    »Sie haben mein Oktavo schon einmal gesehen. Das Ereignis in der Mitte schützt meinen Gefährten und dringt auf die Rettung des französischen Königs.« Sie blätterte schnell durch den Stapel, zog fünf weitere Karten und veränderte die Lage. »Und hier haben wir es: Liebe und Verbundenheit sind nach wie vor Ihr zentrales Thema.«
    Sie schob die verbleibenden fünf Karten ihres Oktavos hoch zu meinem.
    »Monsieur Nordén sagt, mit der Göttlichen Geometrie könne man die heilige Stadt bauen, aber Jerusalem ist weit weg. Was Sie hier sehen, ist Stockholm, Stadsholmen, und seine Zukunft hängt von uns beiden ab«, sagte sie leise. »Die Form ist die einer Acht, die Kombination aus zwei Teilen, um etwas von größerem Wert zu schaffen, vielleicht von unendlichem Wert. Das Stockholm Oktavo.«

    Ich starrte auf die Stelle, wo die beiden Oktavos sich überschnitten. »Sie meinen also damit, dass wir uns drei Personen von acht teilen«, sagte ich. »Zuvor dachten Sie das nicht.«
    »Ich habe es zuvor nicht ganz verstanden. Unsere zwei Oktavos passen ineinander wie die Kreuzrippengewölbe der Storkyrkan oder, besser noch, die Zahnräder einer großen Uhr.« Sie strahlte vor Begeisterung über diese Entdeckung. »Sehen Sie hier: Nordén ist mein loyaler Betrüger, er hat Kassiopeia perfekt und ganz heimlich verändert. Aber wie jeder gute Betrüger hat er etwas vor mir verborgen bis –
voilà
!« Sie schlug Nordéns Notizbuch auf einer Seite mit miteinander verbundenen Achtecken auf. »Nordén selbst entpuppt sich als Ihr Gewinn. Er hat Ihnen seine Notizen über ein wohlgehütetes Geheimnis gegeben. Das ist für uns beide ein Höchstgewinn.«

    »Er hat mir mehr gegeben als das«, gab ich zu und dachte dabei an seinen herzlichen Empfang und seine großzügige Freundschaft. »Aber was ist mit der Königin der Weingefäße? Ich dachte, Sie hielten die Herzogin für Ihren Lehrmeister.«
    Madame Sparv trommelte mit den Fingern auf Nordéns Notizbuch. »Die Herzogin war eine Möglichkeit, die Wahrheit zu vermeiden, die ich nicht sehen wollte: dass die Uzanne mir etwas beizubringen hat.« Ihre Finger hielten abrupt inne. »Waren Sie bei ihrer Unterweisung auf Gullenborg?« Ich nickte. »Erzählen Sie von vorn, ich muss alles wissen.«

    Ich versuchte, das schöne Ambiente wiederzugeben, den üppigen Imbiss, den sinnlichen Reigen junger Mädchen und gutaussehender Herren und die herausragende Symphonie der Lust, die die Uzanne mit ihrem Fächer dirigiert hatte. »Es war … zauberhaft«, sagte ich.
    »Also wirklich, Emil, lassen Sie sich etwa von Ihrer Vorhaut unter ihren Einfluss ziehen? Lust kann jeder wecken«, schnaubte sie. »Zu Todsünden zu verführen erfordert keine Hilfe vom Teufel und keine Beschwörungsformeln, nicht einmal ein dunkles Zimmer.« Stirnrunzelnd lehnte sie sich zurück. »Natürlich ist das nur eine Vorbereitung für die bedeutungsschwerere Sünde, die sie, wie ich argwöhne, im Sinn hat. Stellen Sie sich vor, was sie tun würde, wenn sie Kassiopeia in Händen hätte!«, flüsterte Madame Sparv.
    Ich dachte kurz darüber nach, und unweigerlich hob ein boshaftes Lächeln meine Mundwinkel an. »Da wäre ich wirklich gern dabei!«
    »Denken Sie jetzt mal bitte mit dem Gehirn. Jeder weiß, dass die Uzanne und ihr verstorbener Gatte heimlich daran gearbeitet haben, Gustav zu stürzen, aber Henrik ist in der Schlacht gefallen. Rachedurst kann die Lunte entzünden, und ›Waffengang‹ ist ein militärischer

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