Das Stonehenge-Monstrum
von zahlreichen Sommersprossen gesprenkelt.
Die Frau lächelte mir knapp zu, dann blieb sie neben mir stehen. Um ihren Hals hingen dünne Lederschnüre. Vor der Brust waren sie mit allen möglichen Tailismanen bestückt, zumeist aber mit Steinsplittern oder irgendwelchen Gemmen.
Sie hatte meinen Blick bemerkt, gab erst ihre Bestellung auf – einen kleinen Krug mit Met –, dann verzogen sich die blassen Lippen zu einem Lächeln.
»Dir gefällt mein Schmuck?«
»Er ist außergewöhnlich.«
»Das stimmt.«
»Und du fühlst dich besser, wenn du ihn trägst?«
»Ich fühle mich sehr gut. Er gibt mir die innere Ruhe.« Sie trank, und ihre Augen leuchteten dabei, so gut bekam ihr das Getränk. »Auch der Met ist ein Erlebnis.«
Ich kam wieder auf die Steine zu sprechen, während sich Suko nicht um uns kümmerte, sondern seine Blicke wandern ließ, um den einen oder anderen Sternenjünger auszumachen.
»Stammen sie tatsächlich von dort?«
Sie wußte auch so, was ich damit meinte. »Ja, sogar aus dem inneren Kreis.«
»Hast du sie geholt?«
»Nein, gekauft. Im letzten Jahr, als ich hier zwei Wochen verbrachte. Es war eine wunderbare Zeit«, erklärte sie träumerisch und versank wieder in Erinnerungen, »und ich hoffe, daß ich sie in diesem Monat wiederholen kann.«
»Dann bist du noch nicht lange hier?«
»Nein, erst einen Tag und eine Nacht.« Sie räusperte sich. »Ich heiße Randi. Aber mit einem i am Ende, denn dieser Name stammt aus dem Norwegischen.«
»Ich bin John.«
»Ein guter Name.«
»Findest du?«
»Ja, es gibt gute und schlechte Namen.«
»Was ist denn ein schlechter?«
Sie hob die Schultern. »Das kann ich nicht auf Anhieb sagen. Man muß so etwas spüren. Ich merke es immer, wenn jemand seinen Namen sagt, auf welcher Seite er steht.«
»Dann bin ich aber froh, daß ich auf der richtigen stehe.« Obwohl mir das Bier nicht besonders schmeckte, nahm ich einen kräftigen Schluck. Ich setzte das Glas wieder ab und stellte plötzlich fest, daß Suko verschwunden war.
Meinen verwunderten Blick bemerkte auch Randi. »Suchst du deinen Freund, John?«
»Ja.«
»Der ist gegangen. Er hatte es eilig, glaube ich. Er war auf einmal so hektisch.«
»Hast du denn gesehen, wohin er verschwand?«
»Nein, nicht genau. Hier sind auch zu viele Menschen, als daß ich ihn hätte verfolgen können.«
»Ja, das stimmt«, murmelte ich und dachte daran, daß Suko sicherlich einen der Sternenjünger entdeckt hatte und ihm auf den Fersen geblieben war. Das wäre natürlich ideal gewesen. Ich aber wollte mehr von Randi wissen und kam noch einmal auf die Namen zu sprechen. Ich mußte meine Frage wiederholen, denn sie stand da und war mit ihren Gedanken ganz woanders, nach innen gekehrt. Zwar schaute sie über den Rand der Theke hinweg, doch ich war davon überzeugt, daß sie den Trubel auf der gegenüberliegenden Seite nicht bemerkte.
»Hast du hier schon Namen erlebt, die bei dir ein negatives Gefühl ausgelöst haben?«
»Warum?«
»Es interessiert mich eben.«
Sie räusperte sich. »Ich will es dir sagen, und du bist der erste, mit dem ich darüber rede. Es ist in diesem Jahr nicht mehr so wie noch im vergangenen.«
»Kannst du das erklären?«
»Nicht direkt. Ich glaube, daß über uns ein Schatten liegt, den keiner sieht, den ich aber bemerkt habe. Da ist etwas Böses gekommen, das sich in die Steine hineingedrückt hat.«
»Woher kam es denn?«
Sie strich mit einer müden Bewegung ihr Haar zurück. »Tja – woher kam es? Das kann ich dir nicht genau sagen. Es war einfach da, verstehst du?«
»Kaum.«
»Man muß es fühlen, John. Du bist neu hier…«
»Was hat das damit zu tun?«
»Du mußt dich erst daran gewöhnen, verstehst du? Diese Umgebung sagt dir etwas, ohne daß du sie reden hörst. Sie spricht zwar zu dir, aber nicht mit Worten. Es kommt aus der Tiefe, aus den Steinen, es ist da und macht mich froh.«
»Aber heute nicht.«
»Richtig. Heute spüre ich eine gewisse Angst. Sie ist manchmal bedrückend, da habe ich dann Mühe, richtig durchzuatmen und Luft zu holen. Die Angst kann ich schlecht in Worte fassen, ich weiß auch nicht, wovor ich mich fürchte, da es keinen Anlaß gibt, aber sie ist vorhanden, und davon muß ich ausgehen.«
»Hängt es mit den Menschen zusammen? Ist es das Böse in ihnen?«
»Denkst du an die Seelen?«
Ich dachte zwar mehr an die Sternenjünger, aber das verschwieg ich wohlweislich und nickte.
»Nein, John, das ist es nicht.« Sie malte Figuren in
Weitere Kostenlose Bücher