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Das Stonehenge - Ritual

Das Stonehenge - Ritual

Titel: Das Stonehenge - Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Christer
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abzusuchen.«
    Niemand widerspricht ihm.
    »Deshalb müssen wir jetzt eine Entscheidung treffen«, verkündet Goran. »Jeden Moment geht die Sonne auf. Wenn wir weitermachen, laufen wir Gefahr angehalten zu werden, haben jedoch keinen offiziellen Grund mehr, uns noch hier aufzuhalten.«
    »Dann brauchen wir eben einen neuen Grund«, meint Lynton. »Am besten, wir machen aus der Nachtstudie einfach eine Tagstudie. Heute ist Sonntag. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand bei der ATE anruft und das überprüft. Allerdings muss ich, um unsere Papiere zu ändern, an einen Computer und Drucker.«
    Goran wirft einen Blick auf seine Uhr. »Genau vier Uhr. Ich würde vorschlagen, wir hauen hier ab, bevor uns jemand sieht. Lasst uns ein paar Stunden schlafen, während Troy die neuen Dokumente bastelt. Um Punkt zwölf treffen wir uns wieder, kehren hierher zurück und arbeiten bis zum Einbruch der Nacht.«
    Megan stimmt wie der Rest zu, verspürt aber bei der Vorstellung, Sammy schon wieder bei ihrer Mutter zu lassen, einen Anflug mütterlicher Schuldgefühle.
    Sie sind gerade im Begriff, die Rucksäcke in den Wagen zu laden, als Goran einen Arm hochreißt. Sie erstarren. In weiter Ferne blitzen die Scheinwerfer eines näher kommenden Fahrzeugs. Sie verstecken sich hinter halbverfallenen Gebäuden, bis der Wagen auf der Straße, die aus dem Dorf hinausführt, an ihnen vorbeigerauscht ist.
    »Ein weißer Lieferwagen irgendeiner Baufirma«, informiert sie Goran, während er sich wieder aufrichtet, »mit einem Namen an der Seite. So was wie
Smith and Son
. Die hintere Nummernschildbeleuchtung war aus, deswegen habe ich kein Kennzeichen.« Er sieht zu Jimmy und Megan hinüber. »Habt ihr den Wagen schon mal gesehen? Sagt euch der Name irgendwas?«
    »Allerdings«, antwortet Megan, »der sagt uns sogar eine ganze Menge.«

144
    Der Henge-Meister sitzt allein in der Dunkelheit der östlichen Kammer. Er wartet, lässt die Zeit vergehen – genau wie er es gestern Morgen getan hat, und am Morgen davor.
    Es ist von jeher die Aufgabe der Meister, den Auf- und Untergang der Sonne über dem Heiligtum und Stonehenge zu dokumentieren. Das ergibt sich aus dem geozentrischen Weltbild der Jünger. Wie die griechischen Philosophen – wie Aristoteles und Ptolemäus – hängen sie dem Glauben an, dass ein Fixpunkt auf der Erde das Zentrum des Universums bildet.
    Alle Dinge kreisen um sie. Nur sind die Jünger schlauer, weshalb sie sich nicht einzig und allein auf die planetaren Bewegungen konzentrieren. Auch ihre Wirkung ist wichtig: der daraus resultierende Wirbel spiritueller Kräfte, die Neuausrichtung von Seelen und Energie – die Anziehungskraft ewiger Macht und Essenz.
    Das Wissen der Jünger ist älter als jedes andere Wissen. Ihre Wissenschaft brachte die Astronomie, Geographie, Meteorologie und alle weiteren hervor. Aus ihnen spricht die Weisheit der Alten.
    Durch den östlichen Sternschacht sieht der Meister die erste Spur des Sonnenaufgangs. Nicht zu verwechseln mit dem Morgengrauen. Was er sieht, ist etwas anderes, etwas viel Präziseres: der genaue Zeitpunkt, wenn sich der obere Rand des großen Kreises über den Horizont schiebt; der Moment, in dem sich das Gleichgewicht der Macht verschiebt; der Sekundenbruchteil, in dem die Herrschaft der Nacht endet.
    Der erste keuchende Atemzug eines neugeborenen Tages.
    Den Blick auf die emporsteigende, orangerote Scheibe am Morgenhimmel gerichtet, denkt der Meister einen Moment über seinen neuen Rekruten nach. Über Phönix, seinen Sohn, sein eigen Fleisch und Blut. Der heutige Tag wird für ihn sehr aufschlussreich werden. Für sie beide. Es heißt immer, Blut sei dicker als Wasser. Der Sonnenuntergang wird diese Theorie auf den Prüfstand stellen. Wenn der Feuerball im Westen abtaucht und der letzte Rest seines Randes unter den Horizont sinkt, werden sie die Antwort kennen.
    Dann wird Geschichte geschrieben werden.

145
    Caitlyn erwacht schreiend.
    In der Zelle ist es stockfinster, die Wandfackeln sind längst ausgebrannt.
    Neben ihr stemmt sich Gideon von seinem Strohbett hoch.
    »Eric,
Eric
, hilf mir!«
    Gideon folgt der Stimme, die nach einem Albtraum klingt, und tastet sich durch die Dunkelheit. Auf einmal fällt ein roter Schein durch die Ritzen der Metalltür. Draußen auf dem Gang sind Späher mit Fackeln herbeigeeilt. Gideon erhascht einen Blick auf Caitlyn. Sie hat die Knie bis zur Brust hochgezogen und reißt vor Entsetzen die Augen weit auf.
    »Was geht da drin

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