Das Stonehenge - Ritual
aufgrund der Architektur und Archäologie dieses Heiligtums und aufgrund der Position der Sternschächte und der Ausrichtung nach dem Steinkreis. Ich weiß es einfach, Vater.«
Die Augen von James Pendragon schimmern in der Dunkelheit. Er tritt näher an seinen Sohn heran. »Du hast recht. Es ist an der Zeit, dass wir einander noch stärker vertrauen. Doch eines muss dir klar sein. Die Zeremonie hat etwas sehr Aufwühlendes. Sie kann auch schockierend wirken. Bist du dir sicher, dass du dieser Frau dabei so nahe sein willst?«
»Ich bin mir sicher.«
»Sehr gut. Du kannst bei ihr bleiben, bis das Ritual der Erneuerung vollendet ist und wir dadurch die Geheiligten geehrt und unsere Schuld zurückbezahlt haben.«
»Und danach?«
»Danach ernten wir die Früchte. Bis zum Herbstäquinoktium sind es nur zwölf Wochen. Das ist die Zeit, in der die Geheiligten uns segnen werden.«
Gideons Blick fällt auf die Schriftrollen auf dem Schreibtisch des Meisters. Sie sehen genauso aus wie die, die er in Nathaniels Observatorium gefunden hat.
Der Meister folgt seinem Blick. »Weißt du etwas über Archäoastronomie oder Ethnoastronomie?«
»Nicht viel«, gibt er zu. »Bei Ersterer studiert man, wie die Alten die Bewegungen der Planeten und Sterne verstanden und wie sie ihre Kulturen rund um diese Bewegungen formten. Bei Letzterer handelt es sich eher um das anthropologische Studium der Himmelsbetrachtung in zeitgenössischen Gesellschaften.«
Der Meister wirkt zufrieden. »Das stimmt. Unsere Zunft verbindet beides. Wir benutzen historische Aufzeichnungen wie diejenigen, die du in unserem Archiv gesehen hast, und halten gleichzeitig Ausschau und bringen uns auf den neuesten Stand, indem wir ständig die Sternenkonstellationen und Planetenbewegungen überprüfen. Die Ausrichtungen nach dem Steinkreis und dem Heiligtum sind für unseren Glauben essentiell.«
»Ich weiß.«
»Natürlich weißt du das. Du bist einer der wenigen, die verstehen, dass hier nichts zufällig ist. Die Position jedes Gebäudeblocks und Sternschachts, die physikalische Ausrichtung nach dem Sonnenaufgang im Osten und dem Sonnenuntergang im Westen, die architektonische Hommage an den magnetischen Norden, die Neigung der Abstiege, welche die Neigung der Erde widerspiegeln – das alles hat eine heilige Bedeutung.« Der Meister wirkt plötzlich nachdenklich. »Ich muss in Kürze weg. Es gibt noch ein paar Dinge, um die ich mich außerhalb des Heiligtums kümmern muss. Wir hatten heute ein Problem. Es besteht zwar kein Grund zur Sorge, aber ich muss trotzdem weg.«
»Irgendetwas, wobei ich dir helfen kann?«
»Nein, nein, ganz und gar nicht. Es wäre schon sehr hilfreich, wenn du dafür sorgen würdest, dass das Mädchen ruhig bleibt. Sie wird sich von Stunde zu Stunde mehr aufregen.« Er zieht zwischen den Landkarten ein langes Schiefermesser heraus.
Die Zeremonienklinge.
Der Meister hält die rechte Hand hoch und schneidet sich in die Handfläche. Ein feiner Blutstrom windet sich wie eine rote Schlange sein Handgelenk hinab. »Gib mir deine Hand!«
Zögernd streckt Gideon die Hand aus, woraufhin der Meister die Klinge über seine Handfläche zieht. Pendragon sieht seinem Sohn, der keine Miene verzieht, tief in die Augen und nimmt dessen blutige Hand in die seine. »Blut auf Blut, Vater und Sohn. Wir sind wie eins.« Er hält ihre verschlungenen Finger hoch und zieht Gideon an sich. »Wenn wir uns das nächste Mal sehen, wird das Ritual bereits begonnen haben.« Er umklammert die Hand seines Sohnes noch fester. »Schwöre mir nun, da mein Blut in deinem fließt, und deines in meinem, dass unsere Seelen und unsere Wahrheiten aufeinander ausgerichtet sind und dass ich mein ganzes Vertrauen in dich und in diesen Bund zwischen uns setzen kann.«
»Ich schwöre es, Vater.«
Gideon sieht zu, wie die roten Tropfen bis zu seinem Ellbogen hinunterlaufen. Er weiß, dass das nicht das letzte Blut ist, das an diesem Tag vergossen wird.
152
Josh Goran klappt sein Handy zu. Er ist sehr erstaunt über das, was er gerade von Jimmy gehört hat: Er und seine Chefin kommen nicht. Die Frau will angeblich zu Hause bei ihrem Kind bleiben, und Jimmy ist allem Anschein nach damit beschäftigt, irgendeiner anderen Spur hinterherzujagen. Goran kann es nicht fassen. Offenbar sind die Polizisten hier genauso schlimm wie die vom FBI – hundertprozentige Amateure.
Goran bringt seine Männer auf Trab. Sie hinken zeitlich ohnehin schon hinterher. Außerdem war morgens
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