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Das stumme Lied

Titel: Das stumme Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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habe gehört, Sie sind in Behandlung, Kirsten.«
      »Was wissen Sie eigentlich nicht?«, sagte Kirsten. »Ja, stimmt. Ich gehe zu einer Psychiaterin, sie heißt Laura Henderson.«
      Elswick lächelte nachgiebig. »Ja, das wissen wir.«
      »Jetzt erzählen Sie mir nicht - Sie haben sie überprüft?«
      »Das ist reine Routine in solchen Fällen.« Elswick folgte ihr hinaus in die Diele. »Tut sie Ihnen gut?«
      »Ja, ich glaube, das tut sie. Sie ist der Meinung, mein Gedächtnisverlust könnte eine zeitweilige Amnesie sein, ausgelöst durch das Trauma.«
      »Mmmmh, ja, das haben wir gehört. Nach allem, was passiert ist, ist das nur folgerichtig. Sie erinnern sich lediglich an die Hand und haben die ganze Brutalität, den ganzen Schmerz ausgeblendet. Laut unseren Medizinern könnte die Erinnerung zurückkehren oder auch nicht.«
      »Sie haben aber wirklich Ihre Hausaufgaben gemacht, Superintendent, oder?«
      Elswick wirkte wieder verlegen. Für einen Polizisten unterlag er bemerkenswert abrupten Stimmungsschwankungen, dachte Kirsten. In einem Moment war er noch völlig selbstsicher und überlegen, im nächsten onkelhaft, und im übernächsten brachte er plötzlich keinen Ton mehr hervor. Dieses Mal beschloss sie, ihm unter die Arme zu greifen.
      »Was wollen Sie?«, fragte sie. »Wollen Sie mit ihr sprechen? Wollen Sie Einsicht in ihre Berichte über unsere Sitzungen? Man wird Ihnen nichts darüber verraten, das wissen Sie.«
      »Ah, nein, nein, das wird nicht nötig sein«, sagte Elswick, während Kirsten den beiden ihre Mäntel von der Garderobe reichte. An seinem Zögern meinte sie zu erkennen, dass er möglicherweise bereits Einsicht in diese Berichte hatte oder leicht bekommen würde, wenn er wollte, und sie spürte Wut auf Laura aufkeimen.
      »Ich habe mich viel eher gefragt«, sagte er und kratzte erneut seinen Leberfleck - Kirsten hätte ihm am liebsten gesagt, dass er ihn mal untersuchen lassen sollte, bevor er sich zum Krebs entwickelte -, »ob Sie, natürlich nur mit Zustimmung der Psychiaterin, schon einmal eine Hypnose in Erwägung gezogen haben?«
     
     

* 33
    Susan
     
    »Zum Teil war es die Art, wie du deine Zigarette rauchst«, erklärte Keith. »Jeder Mensch ist anders. Du hältst die Zigarette gerade zwischen Zeige- und Mittelfinger, wie eine echte Lady oder als würdest du nur so tun, als ob du rauchst.« Er grinste. »Aber weshalb diese neue Aufmachung? Du siehst so feminin aus. Was nicht heißen soll, dass du vorher nicht feminin ausgesehen hättest, es ist nur ...« Er verstummte.
      Sue lächelte und schnippte ihre Zigarette in den Sand. »Wie sagt man so schön: Abwechslung wirkt Wunder.« Warum zum Teufel musste er wieder auftauchen? Was sollte sie jetzt mit ihm anstellen?
      »Hast du ein Wunder gesucht?«
      »Nein, Abwechslung.«
      Beide lachten.
      »Aber im Ernst, Martha«, beharrte er, »das ist ja fast so, als wolltest du jemandem aus dem Weg gehen. Stimmt das?«
      »Es ist nur ein Rock und eine Bluse. Du tust ja so, als hätte ich mich als Richard III. verkleidet.«
      »Aber die Perücke?«
      Sue berührte das falsche Haar. »Ich hatte genug von den kurzen Haaren. Und keine Geduld, zu warten.«
      »Und das Make-up?«
      »Kann eine Frau nicht mal etwas Lippenstift benutzen?«
      Keith lächelte. »Das überzeugt mich noch nicht. Ich glaube, du bist eine Spionin. Ich weiß nur nicht, auf welcher Seite du stehst.«
      Trotz der Verstimmung, mit der sie sich getrennt hatten, freute er sich anscheinend, sie wiederzutreffen. Doch an der Art, wie er sie musterte, merkte sie, dass er misstrauisch war. Er hatte sie ohne große Schwierigkeiten erkannt, so viel stand fest. Vielleicht lag es daran, dass sie ihm gefiel, denn wenn einem jemand gefällt, achtet man auf solche Kleinigkeiten, wie der andere die Zigarette hält oder wie er geht. Sie war sich sicher, dass Fremde, Menschen, denen sie zufällig auf der Straße begegnet war oder die neben ihr in einem Pub gesessen hatten, sie nicht mit der kurzhaarigen, knabenhaften Martha Browne in Verbindung brächten. Doch Keith könnte ein Problem sein.
      »Was machst du hier oben?«, fragte er.
      »Ich mache nur einen Ausflug. Und du? Ich dachte, du wärst schon längst in Edinburgh.«
      »O nein, ich reise sehr langsam. Erst Sandsend, dann Runswick Bay und jetzt Staithes.« Sue fiel wieder auf, wie ausgeprägt sein australischer Akzent war: Staithes klang bei ihm wie Steithes.

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