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Das stumme Lied

Titel: Das stumme Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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widersetzt hatte, und an den Bruchteil der Sekunde, in der ihrer beider Kräfte gleichwertig waren und sie ihn getötet hatte. Sie fuhr sich durchs Haar, wischte das Laub und die Zweige von ihrer Jeans und eilte dann zurück zum Pfad. Als sie sich umdrehte, konnte sie nichts von Keith erkennen, sondern nur den kleinen Haufen, der wie ein alter Baumstumpf aussah. Mit Hilfe der Karte gelangte sie nach ungefähr einer Dreiviertelmeile auf die Hauptstraße, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Doch das spielte auch keine Rolle. Wenn sich tatsächlich jemand an sie erinnern sollte, würde man sich an Martha Browne erinnern. Möglicherweise würde Keith schnell entdeckt werden und die Polizei würde Ermittlungen anstellen und auch den Busfahrer aufspüren. Doch auch er würde sich nur an Martha Browne erinnern. Und sobald sie zu den Toiletten am Busbahnhof in Whitby kam, würde Martha Browne für immer verschwinden, und zurückkehren würde Sue Bridehead.
      An der Bushaltestelle verschnaufte sie, setzte sich dann auf die warme Backsteinmauer am Fuße eines Gartens, wo sie die Ameisen beobachtete und eine Zigarette rauchte, während sie auf den Bus um 16:18 Uhr nach Whitby wartete.
     
     

* 34
    Kirsten
     
    »Ihnen ist klar, dass es mehrere Sitzungen in Anspruch nehmen könnte«, sagte Laura Henderson, »und dass es selbst dann keine Garantie gibt?«
      Kirsten nickte. »Aber Sie können es machen?«
      »Ja, das kann ich. Ungefähr zehn Prozent der Menschen sind für Hypnose nicht empfänglich, aber ich glaube, bei Ihnen werden wir keine Probleme haben. Sie sind klug und besitzen eine Menge Vorstellungskraft. Was hat Superintendent Elswick gesagt?«
      Kirsten zuckte mit den Achseln. »Nicht viel. Er hat mich nur gefragt, ob ich es versuchen würde.«
      Laura beugte sich vor. »Hören Sie, Kirsten«, sagte sie. »Ich weiß nicht, was Sie beschäftigt, aber ich spüre eine gewisse Feindseligkeit. Ich möchte Sie daran erinnern, dass alles, was in dieser Praxis zwischen uns passiert, vertraulich ist. Ich möchte nicht, dass Sie glauben, ich wäre nur der verlängerte Arm der Polizei. Natürlich behält die Polizei Sie im Auge, und als die Beamten herausgefunden haben, dass Sie zu mir kommen, haben sie Ermittlungen angestellt. Aber selbstverständlich habe ich ihnen nichts über unsere Sitzungen erzählt und würde es ohne Ihre Zustimmung auch niemals tun.«
      »Ich glaube Ihnen«, sagte Kirsten. »Außerdem gibt es auch nichts zu erzählen, oder?«
      »Das könnte sich durch die Hypnose ändern. Vertrauen Sie mir weiterhin?«
      »Ja.«
      »Und selbst wenn wir etwas herausfinden, selbst wenn der Mann Ihnen aus irgendeinem Grund seinen Namen gesagt hat und Sie sich daran erinnern, wird nichts, was wir entdecken, gerichtlich von Nutzen sein.«
      »Das weiß ich. Superintendent Elswick hat nur gemeint, dass ich mich vielleicht an etwas erinnere, was ihm helfen könnte, den Täter zu fassen.«
      »Richtig«, sagte Laura und entspannte sich wieder. »Ich möchte nur, dass Sie nicht zu viel erwarten - weder von der Hypnotherapie noch von der Polizei.«
      »Keine Sorge, das werde ich nicht. Holen Sie jetzt gleich Ihre Uhr hervor und lassen sie vor meinen Augen pendeln?«
      »Sind Sie schon einmal hypnotisiert worden?«
      »Noch nie.«
      Laura grinste. »Tja, tut mir Leid, aber ich trage keine Taschenuhr. Ich werde auch nicht mit den Händen vor Ihnen herumfuchteln. Und meine Augen werden nicht plötzlich beginnen, hellrot zu leuchten. Sie brauchen allerdings etwas, worauf Sie Ihre Aufmerksamkeit richten können, so viel ist richtig, aber ich glaube, das hier genügt.« Sie nahm einen schweren, gläsernen Briefbeschwerer von ihrem Poststapel. Eingefasst in der Glaskugel war ein dunkelgrünes Gestrüpp, das aussah wie Seetang und Blätter. »Wollen Sie gleich beginnen?«
      Kirsten nickte. Laura stand auf und ließ die Jalousien hinab, sodass der graue Nachmittag verschwand und das einzige Licht von einer abgeschirmten Schreibtischlampe kam. Dann zog sie ihren weißen Kittel aus und hängte ihn an den Ständer.
      »Vor allem möchte ich, dass Sie sich entspannen. Lockern Sie Ihren Gürtel, wenn er zu eng ist. Es ist wichtig, sich körperlich so behaglich wie möglich zu fühlen. Okay?«
      Kirsten rutschte auf dem Stuhl herum und versuchte all ihre Muskeln so zu entspannen, wie sie es in den Yogakursen an der Uni gelernt hatte.
      »Jetzt möchte ich, dass Sie auf die Kugel schauen

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