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Das Südsee-Virus

Das Südsee-Virus

Titel: Das Südsee-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk C. Fleck
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»wäre es höchste Zeit, dieses System infrage zu stellen. In puncto Wachstum sind wir mit unserem Latein nämlich schon längst am Ende, meine Herren, da gebe ich Ihnen recht … Ist das jedoch ein Grund, das letzte verbliebene Fass aufzumachen? Offensichtlich ja. Falls dem so ist, stelle ich meinen Posten hiermit zur Verfügung.«
    Mark Dowie schleuderte seinen Kugelschreiber, den er während der Ausführungen Sabatos zwischen den Fingern gedreht hatte, auf die Tischplatte. »Tut mir leid«, rief er, »ich kann diesen Scheiß nicht mehr hören! Dieses Geschwätz von den raffgierigen Konzernen: Es geht mir so was von auf den Geist!« Er stieß sich vom Tisch ab und sprang auf. »Wo wäre die Welt wohl heute ohne diese raffgierigen Konzerne? Haben Sie sich das mal gefragt? Wo wären wir ohne GENius? Im Hungerparadies? Wo ohne die großen Energieversorger? In der Dunkelkammer? Hören Sie auf mit diesem Verschwörungsquatsch. Hören Sie auf, gegen ein System zu wettern, das sich in der langen Geschichte der Menschheit als einziges hat behaupten können. Natürlich stecken wir in einer schwerwiegenden Krise«, fügte er hinzu, »niemand behauptet das Gegenteil. Aber es wäre hirnrissig, mit einem Flugzeug, das noch genügend Treibstoff an Bord hat, um das Festland zu erreichen, eine Notlandung auf dem offenen Ozean hinzulegen, nur weil unter den Passagieren plötzlich Bedenken wegen der Luftverschmutzung laut werden!«
    Er ging ans Buffet, nahm die Teekanne vom Stövchen und schenkte allen Anwesenden nach. »Señor Sabato«, sagte er, wobei er sich um einen versöhnlichen Tonfall bemühte, »bei dem technischen Schnickschnack, den Sie eben erwähnt haben, handelt es sich in erster Linie um alternative Techniken, mit deren Hilfe dem Klimawandel vehement entgegengearbeitet werden soll. Wenn wir uns den Zugriff auf die Bodenschätze im Südpazifik verweigern, brechen uns die Zukunftsindustrien in Kürze zusammen. Betroffen wäre vor allem die Solar- und Windkraftindustrie, und das kann doch nun niemand ernsthaft wollen.«
    UN-Generalsekretär Leifur Sigurvinson war froh, dass ihm der Vorstandsvorsitzende von Global Oil aus der Klemme half, obwohl er Sabato noch immer nicht in die Augen sehen konnte.
    »In der Schanghaier Empfangshalle der Konzernzentrale von Baotou Steel Rare Earth Hi-Tech Ltd. steht ein Findling«, bemerkte Mark Dowie emotionslos, »auf ihm ist folgender Satz in Stein gemeißelt: Der Nahe Osten besitzt Erdöl, China besitzt Seltene Erden. Der Spruch geht auf den Reformer Deng Xiaoping zurück. Er fasst das Dilemma, in dem wir uns heute befinden, treffend zusammen. China besitzt Seltene Erden, und es wird einen Teufel tun, diese zu einigermaßen bezahlbaren Preisen zur Verfügung zu stellen. Im Gegenteil: Die Verknappung der Seltenen Erden ist Teil einer neuen Rohstoffstrategie, die das mächtige Ministerium für Industrie und Informationstechnologie in Peking verfolgt.«
    Dowie wirkte plötzlich müde und angeschlagen, als sei er es leid, denselben Vortrag immer und immer wieder zum Besten geben zu müssen.
    »Die Volksrepublik China deckt siebenundneunzig Prozent des globalen Bedarfs an Seltenen Erden«, fuhr er fort. »Allein vierzig Prozent der Weltproduktion stammen aus der Bayan-Obo-Mine, die sich in den Weiten der innermongolischen Steppe befindet. In dieser Kraterlandschaft arbeiten achttausend Menschen, hermetisch abgeschirmt von der Außenwelt. Die siebzehn dort gewonnenen Metalle sind für die Herstellung von Hightechprodukten wie Laser, Solarpanels, Hybrid- und Elektromotoren unerlässlich. Auch Röntgengeräte und Kraftwerksgeneratoren wären betroffen, wenn die Versorgung ins Stocken geriete. Die Nachfrage nach Seltenen Erden ist in den letzten zwanzig Jahren um das Zehnfache gestiegen. Gleichzeitig hat China die Ausfuhrzölle systematisch erhöht. Alle Drohungen der USA, das Reich der Mitte mit einem Handelsboykott zu belegen, sind kläglich gescheitert. Chinas Ausfuhrbeschränkungen stehen nämlich keineswegs, wie von Washington immer wieder behauptet, im Widerspruch zu den Regeln der Welthandelsorganisation. Und eine bewaffnete Auseinandersetzung, wie sie vonseiten der Vereinigten Staaten als Option gehandelt wird, kann im Ernst niemand wollen. Wie also kommen wir aus der Versorgungsfalle? Ich sag Ihnen, wie es geht, denn geologisch betrachtet kann von einer echten Knappheit keine Rede sein. Der Mangangürtel im Südpazifik ist eine wahre Schatzkammer. Wenn es uns wirklich ernst ist mit

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