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Das Südsee-Virus

Das Südsee-Virus

Titel: Das Südsee-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk C. Fleck
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Guerillataktik, auf die sich Shark, Steve und er insgeheim geeinigt hatten. Sie hatten Maevas Bozenbesuch erst in letzter Sekunde preisgegeben. Der Auflauf, den ihr rechtzeitig bekannt gegebener Besuch in Meldorf verursacht hatte, war viel zu riskant und anstrengend gewesen, um sich etwas Ähnlichem auf Dauer auszusetzen. Es gab genug Verrückte, die sich durch ein Attentat auf die charismatische URP-Generalsekretärin Unsterblichkeit erhofften. Es reichte völlig, wenn sie Maevas Reise als Medienspektakel inszenierten, man musste sie den Gefahren der Straße nicht aussetzen.
    »Was in Lissabon beschlossen wurde, ist eine Sauerei ohnegleichen. Sie wissen es, ich weiß es, und alle anderen, die an der Entscheidung beteiligt waren, wissen es auch.«
    José Ernesto Sabato, Präsident der Internationalen Meeresbodenbehörde ISA (International Seabed Authority), lief um den Konferenztisch, als bekomme er Kilometergeld. »Abgesehen von der Tatsache, dass wir der ISA damit praktisch über Nacht die Existenzberechtigung absprechen würden«, fuhr er erregt fort, »sind Sie bereit, der Weltöffentlichkeit ein Signal zu senden, wie es fataler nicht ausfallen könnte. Keine fünf Jahre nachdem die Polynesier die Hebetankerflotte von Global Oil aus ihren Hoheitsgewässern verjagt haben, wollen Sie den Mangangürtel der Clipperton Fracture Zone dieser Flotte nun an anderer Stelle erneut zum Fraß vorwerfen. Das ist absurd!«
    Global-Oil-Chef Mark Dowie hielt es für ratsam, sich erst einmal nicht zu äußern. Er rührte im Tee. Die Geräusche, die der Löffel machte, wenn er an die Tasse stieß, wirkten wie das Ticken einer Zeitbombe. UN-Generalsekretär Leifur Sigurvinson blieb ebenfalls stumm. Sowohl Dowie als auch er waren ins Headquarter der ISA nach Kingston gereist, um Sabato die Einwilligung für einen Coup abzuringen, der in der Tat weitreichende Folgen haben würde. Die Internationale Meeresbodenbehörde war 1994 aufgrund des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen gegründet worden. Ihr Auftrag lautete, die Bodenschätze der Tiefsee als gemeinsames Erbe der Menschheit zu verwalten. Dieses Erbe sollte der Menschheit nun für immer entzogen werden.
    Während Sabato an den Tiefseebergbau-Kodex erinnerte, den die ISA zur Jahrtausendwende noch voller Stolz formuliert hatte, um jedenfalls einen Teil der Ozeane vor den Wirtschaftsinteressen der Global Player zu schützen, sackte Sigurvinson sichtlich betroffen in seinem Sitz zusammen. Er selbst hatte dem kapverdischen Völkerrechtler vor drei Jahren gegen erhebliche Widerstände ins Amt des ISA-Präsidenten verholfen, und jetzt, da die Meeresbodenbehörde mit der Entscheidung von Lissabon, die er unter dem Druck der verheerenden Fakten notgedrungen mitgetragen hatte, ihre Geschäftsgrundlage zu verlieren drohte, kam er sich diesem Mann gegenüber wie ein Verräter vor.
    »Die ISA wird die Lissabonner Vereinbarung auf keinen Fall mittragen«, hörte er Sabato sagen, »nicht unter meiner Leitung. Wenn wir den Mangangürtel im Südpazifik zur Exploration und damit zum Abbau freigeben, produzieren wir eine Umweltkatastrophe ungeahnten Ausmaßes. Das ist Ihnen doch hoffentlich klar, meine Herren. Ein solch gewaltsamer Eingriff zerstört den Meeresboden und wirbelt Wolken auf, die die Lichtverhältnisse im Pazifischen Ozean dramatisch verändern werden. Fauna und Flora wären damit dauerhaft geschädigt. Das beträfe uns über kurz oder lang alle, nicht nur die im Pazifik ansässigen Inselstaaten der URP, was allein schon schlimm genug wäre.«
    Sabato wandte sich nun direkt an Sigurvinson: »Haben Sie eigentlich bedacht, was es für die UNO bedeuten würde, wenn sie sich vor aller Welt zu einem solchen Offenbarungseid bereitfände? Wenn sie zu verstehen gäbe, dass die Vereinten Nationen im Zeichen des Klimawandels lieber einer Bande raffgieriger Konzerne gehorchen, statt sich um die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen zu sorgen? Ich prophezeie Ihnen einen Aderlass ungeahnten Ausmaßes. Sie mögen die URP belächeln, aber mit einer Galionsfigur wie Maeva, deren Volk schon einmal erfolgreich gegen den Manganabbau zu Felde gezogen ist, schwingt sich diese Organisation zu einer Macht auf, die nicht zu besiegen ist. Sehnsüchte sind nicht zu besiegen. Und glauben Sie mir: Die Mehrzahl der Menschen sehnt sich inzwischen nach ganz anderen Dingen als dem gewinnbringenden technischen Schnickschnack, den unser System ihnen andrehen will. Im Grunde«, fuhr er leise fort,

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