Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
Hälfte des Ehrenpreises ihres Vaters betragen. Escmug muss dir also ihr wahres Alter genannt und ihren vollen Preis verlangt haben.«
Aus Fidaigs Gesicht war das Lächeln gewichen. »Du bist ein kluges Weib, Fidelma von Cashel. Darüber hinaus beweist du erstaunlichen Mut, kommst in mein Feldlager und beschuldigst mich …«
»Ich bin Rechtswahrerin, Fidaig. Das ist alles. Zudem hast du mich in dein Lager eingeladen und meinen Gefährten und mir deine Gastfreundschaft angeboten. Damit sind wir deineGäste, und du weißt um die Folgen, sollte uns jetzt und hier etwas zustoßen. Die Eóghanacht würden Wiedergutmachung einfordern, und die würde dich teuer zu stehen kommen.«
Fidaig saß mit offenem Mund da, und Eadulf hielt den Atem an, musste er doch befürchten, dass Fidelma mit ihrer Herausforderung zu weit gegangen war. Etliche Momente herrschte Schweigen. Dann fasste sich Fidaig und erklärte: »Dein Verstand ist nicht minder scharf als deine Zunge, Lady.« Ungewollt schwang Bewunderung in seiner Stimme mit.
Fidelma blieb gelassen. »Du hast das Mädchen von dem Zeitpunkt, als sie das Alter der Wahl erreichte, bis zu ihrem achtzehnten Lebensjahr als Leibeigene gehalten. Nach meiner Urteilsfindung läuft das auf eine Entschädigung von vier screpalls pro Jahr hinaus. Sechzehn screpalls … Zehn screpalls gehen auf ein séd. «
»Lächerlich!«
»Dein eigener Ehrenpreis beträgt sieben cumal , sprich einundzwanzig Milchkühe. Leider bist du nun entehrt, da du wissentlich dem Gesetz zuwidergehandelt hast. Folglich beträgt deine Strafe genau die eben erwähnten sieben cumal . Runden wir das Bußgeld ab, kommt es zu einer Entschädigung, die dem Wert von dreiundzwanzig Milchkühen entspricht.«
Fidaig starrte sie ungläubig an. Artgal hinter ihm erwartete den Befehl seines Vaters und fingerte schon nervös an seinem Schwert.
»Eins hätte ich gern gewusst, Fidelma von Cashel«, fing Fidaig mit eiskalter Stimme an. »Gibt dir überhaupt nicht zu denken, dass du dich auf dem Gebiet der Luachra befindest und Cashel ziemlich weit weg ist?«
»Cashel ist in der Tat mehrere Tagesritte von hier entfernt«,entgegnete Fidelma. »Aber wir sprechen nicht von Cashel. Wir sprechen von dem Gesetzeswerk des Fenéchus, das überall in den fünf Königreichen gilt, bis hinunter zum daer-fuidir oder Leibeigenen. Ich bin Anwältin und erläutere Urteile, die bereits gefällt wurden, was soll ich da befürchten? Eher müsstest du die Verkündung des glam dicín befürchten, die heilige Verdammnis, die ein Brehon oder Mitglied der Gerichtshöfe gegen jedweden ausspricht, der sich nicht an das Gesetz hält. Einmal verkündet, muss sich jeder daran halten, selbst der Hochkönig, und den Übeltäter bestrafen.«
Zwei Meinungen trafen erbarmungslos aufeinander, bedrohliches Schweigen folgte. Forschende dunkle Augen forderten blitzende grüne heraus. Als Erster blinzelte Fidaig und machte gute Miene zum bösen Spiel. Unvermutet brach er in Gelächter aus. Er schlug mit der Faust auf die Armlehne seines Stuhls und bedeutete seinem Mundschenk, die Becher nachzufüllen.
»Bei den Göttern unserer Ahnen, Fidelma von Cashel, ich bewundere deinen Mut, ganz ehrlich. Also gut, dreiundzwanzig Milchkühe, sei’s drum, und Schwamm drüber.«
Zu Eadulfs Entsetzen schüttelte sie den Kopf. »Nicht ganz so. Ich könnte dir die Strafe unter gewissen Bedingungen erlassen«, erklärte sie, »so dass am Ende nur zwei séds zu zahlen wären.«
Fidaig sah sie überrascht an. »Was für ein Spiel treibst du mit mir, Lady? Was hast du noch im Sinn?«
»Ich betreibe kein Spiel. Ich meine es völlig ernst. Bereitwillig gegebene Auskünfte sind alles, worum es mir geht.«
Er zuckte mit den Achseln. »Bitte schön, stelle deine Fragen; sofern es in meiner Macht steht, will ich sie dir beantworten.«
»Kennst du einen Kaufmann aus Cashel namens Ordan?«
»Ich habe von ihm gehört. Er hält sich des Öfteren in meinem Gebiet auf, wenngleich er mit mir keinen Warenaustausch treibt.«
»Womit handelt er?«
»Soviel ich weiß, mit allem, was ihm unter die Finger kommt. Weshalb interessierst du dich für ihn?«
»Eher scheint sich dein Sohn für ihn zu interessieren.«
»Mein Sohn? Welcher von beiden?«
»Gláed.«
Fidaig verzog traurig das Gesicht. »Gláed, der Heuler, Lord von Barr an Bheithe, dem Vorgebirge mit dem Birkenwald. Ja, er ist mein jüngster Sohn. Seine Mutter starb bei seiner Geburt. Eine ganze Weile hatte es den Anschein, er würde
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