Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
nicht überleben. Doch er kämpfte hartnäckig – heulte und schrie in seinem Bettchen, was das Zeug hielt, deshalb sein Name. Ja, er schaffte es.«
»Dein Tonfall verrät eine gewisse Betrübnis«, sagte Fidelma.
»Er hat sich nicht als rechtschaffener Sohn erwiesen, deshalb die Betrübnis. Da ist Artgal hier anders, er ist mein rechtmäßiger Nachfolger. Gláed geht seine eigenen Wege und lässt es mir gegenüber an Achtung zu wünschen übrig. Als junger Bursche wollte er Brehon werden, hat es aber nur bis zum freisneidhed gebracht. Ich konnte machen, was ich wollte, er nahm keinen Rat an. Selbst im Krieg der Uí Fidgente mit Cashel, als ich versuchte, meine Leute herauszuhalten, trommelte er ein paar Krieger zusammen und folgte Eoganáns Schlachtruf. Die Uí Fidgente versprachen ihm, ihn zum Herrscher über etliche Gebiete zu machen, die sie zu erobern hofften. Er kämpfte bei Cnoc Áine und kam mit dem Leben davon.
Artgal ist da gescheiter, und deshalb wird er mich einmalablösen. Gláed verfolgt eigene Pläne, ist ein eifriger Verfechter der neuen Glaubensregeln, wie sie von Rom zu uns dringen, sieht in ihnen eine Rechtfertigung, die eigenen Leute mit Geißelhieben zu züchtigen, was mir völlig widerstrebt. Er verkündet lauthals die Bußvorschriften und feiert nicht einmal mehr das Osterfest zur gleichen Zeit wie wir. Ich habe es schon lange aufgegeben, auf ihn einzuwirken.«
»Wie heißt das Gebiet, über das er herrscht? Du nanntest es vorhin.«
»Barr an Bheithe, das Vorgebirge mit dem Birkenwald. Es liegt weiter westlich in den Bergen, wo der An Abhainn Mór, das Große Schwarze Wasser, entspringt. Und du sagst, er macht Geschäfte mit Ordan, dem Kaufmann aus Cashel? Was stört dich daran?«
»Es hat meine Neugier geweckt, das ist alles. In der Gegend von Barr an Bheithe gibt es vermutlich Bergwerke, oder?«
»Nicht dass ich wüsste.« Fidaig schaute sie verwundert an. »Wie kommst du darauf?«
»Ordan handelt mit Metallen und Edelsteinen. Es hat den Anschein, als träfen sich er und dein Sohn Gláed insgeheim, wobei Gláed als Mönch verkleidet und unter dem Namen Bruder Adamrae in Erscheinung tritt.«
Fidaig war baff. »Dass er so etwas wie ein religiöser Fanatiker geworden ist, habe ich erwähnt. Aber von den heimlichen Geschäften höre ich zum ersten Mal. Woran mag ihm dabei gelegen sein – hast du eine Ahnung?«
»Ich hatte gehofft, es hier in Erfahrung zu bringen.«
»Dann scheint es mir an der Zeit, meinen Sohn aufzusuchen.«
»Glaubst du, Gláed könnte nach all den Jahren immer noch zu Aufrührern unter den Uí Fidgente halten?«
»Ich weiß nur von seiner Ruhelosigkeit, denn oft genugreitet er mit seinen Kumpanen irgendwohin. Die Male, die ich ihn seit Cnoc Áine gesehen habe, kann ich an den Fingern einer Hand abzählen.«
»Das heißt, du weißt auch nicht, weshalb sich Gláed am Fluss Mháigh an der Eichenfurt aufhielt? Er hat dort einen Mord begangen. Allerdings ist er als Mönch verkleidet, damit niemand ihn erkennen kann.«
Fidaig war überrascht und bekümmert zugleich. »Das Beste wäre, du erzählst mir die ganze Geschichte«, bat er gefasst.
Fidelma schilderte ihm so knapp wie möglich, was an der Eichenfurt geschehen war, und hielt auch nicht damit zurück, dass sie später vor Marbans Mühle Adamrae als Gláed erkannt hatte.
Der Herrscher von Luachra schwieg zunächst. »Ich kann mir nicht erklären, was da vor sich geht«, gestand er dann ratlos. »Aber ich werde mir Klarheit verschaffen, das schwöre ich. Schon morgen reite ich mit meinen Leuten über die Hügel nach Barr an Bheithe und werde von meinem Sohn Rechenschaft einfordern.«
Fidelma zögerte einen Moment, ehe sie einen Vorschlag zu machen wagte. »Vielleicht sollten wir dich begleiten.«
Man sah Fidaig an, wie er innerlich mit sich rang. »Gut. Betrachtet euch heute Abend als meine Gäste bei Festmahl und Zeitvertreib. Morgen brechen wir nach Barr an Bheithe auf. Er wird sich für den Tod des Apothekers und seinen Überfall auf dich verantworten müssen.«
Eine Weile später geleitete man Fidelma und Eadulf zu einem kleinen Zelt, wo man auch für Wasser zum Waschen gesorgt hatte, damit sie sich zum abendlichen Festmahl frisch machen konnten. Zuvor hatten sie sich vergewissert, ob Gormánzufriedenstellend untergebracht war, und ihn vom Verlauf der Dinge in Kenntnis gesetzt.
Eadulf hielt mit dem, was ihn bewegte, nicht zurück. »Traust du ihm?«, fragte er Fidelma.
»Fidaig ist und bleibt ein
Weitere Kostenlose Bücher