Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
sehen, über dem der Sturm noch immer tobte. »Das wird so bald nicht aufhören. Ich schlage vor, ihr bleibt zum eter-shod hier.«
Das war in der Regel ein leichtes Mahl, das zwischen dem morgendlichen Fastenbrechen und der Abendmahlzeit eingenommen wurde. Temnén erwies sich als ein wohlversorgter Gastgeber. Er tischte kalten Schweinebraten auf, den er saille nannte; das Wort war von Salz abgeleitet und bezeichnetejedes Fleisch, das zum Haltbarmachen eingesalzen wurde. Die Bratenstücke hatten zuvor zwischen Vogelbeeren gelegen, was ihnen eine besondere Würze verlieh. Ferner gab es indrechtan, Würste im Schweinsdarm, die mit Hackfleisch, Knoblauch oder Lauchstängeln gefüllt waren. Auch inecon , gedünstete und süß-sauer eingelegte Möhren, wurden angeboten. Ein Schale mit Gerstenküchlein stand bereit, dazu der übliche Korb mit Äpfeln und ein Krug Ale.
»Du bietest uns ja eine prachtvolle Tafel, und das, obwohl du für dich allein lebst«, lobte ihn Fidelma.
Der Landmann hob die Schultern. »Ich verwende das, was um mich herum wächst.«
»Beackerst du deine Felder ganz ohne Hilfe?«
»In den Sommermonaten teile ich mir die Arbeit mit den Nachbarn, wir helfen einander bei Aussaat und Ernte.«
»Ich habe weit und breit keine Zäune gesehen, mit denen ihr euer Land begrenzt«, bemerkte Eadulf.
»Wozu auch? Das Ackerland ohne Wald und Torfmoore gehört dem ganzen Clan, und als bó-aire brauchte ich erst recht keine Zäune, um meinen Anteil abzustecken.« Er hielt kurz inne. »Aber seit der großen Schlacht fangen einige Bauern bei uns an, ihre Felder abzugrenzen, obwohl bislang alles Gemeineigentum war.«
»Das soll sogar so sein«, bestätigte Fidelma. »Weil der Ackerbau immer mehr zunimmt, hat der Rat der Brehons neue Regeln aufgestellt, denen zufolge Begrenzungen zwischen den Hofstellen zu errichten sind. Im Gesetz wird auch festgelegt, wie die Umzäunungen aussehen müssen. Werden sie nicht ordentlich gebaut und kommen Tiere zu Schaden, ist der Eigentümer zu Wiedergutmachung verpflichtet. Zum Beispiel darf der Zaun keine angespitzten Staketen haben, an denen sich das Vieh verletzen könnte.«
»Dann wird Cashel wohl bald einen Brehon schicken, der unseren zurückgebliebenen Rechtsbewahrern die neuen Gesetze erläutert«, sagte Temnén sarkastisch.
»Nur wenn sie es wirklich wünschen«, erwiderte Fidelma, die sich keineswegs beleidigt fühlte. Sie verstand, dass der boaire verbittert war. »Dieses Gesetz wurde übrigens nicht in Cashel beschlossen. Dir ist sicher bekannt, dass die Brehons alle drei Jahre zusammenkommen und darüber beraten, welche Gesetze neuen Bedingungen angepasst werden müssen. Sie werden dann im Namen des Obersten Brehons der Fünf Königreiche verkündet.«
Temnén gab sich entspannt und war um Erklärung bemüht.
»Im Lande herrscht viel Groll und Verbitterung, Lady. Ich bin wohl ein Beispiel dafür. Es kränkt einen, wenn sich nach einer Niederlage und darauffolgender Besetzung im Lande vieles ändert.«
Fidelma sah Gormán an, wie er sich innerlich empörte, und warf dem jungen Krieger einen warnenden Blick zu. »Wir wollen jetzt nicht darüber streiten, wer recht hatte und wer nicht. In Cashel sind wir davon überzeugt, dass Fürst Eoganán unrecht gehandelt hat, seinen Stamm zum Aufstand gegen uns aufzuwiegeln. Und mit ihrer Niederlage haben die Uí Fidgente nur geerntet, was sie gesät hatten. Unseligerweise ist es im Krieg immer so, dass die Unschuldigen mit den Schuldigen in den Abgrund gerissen werden. Das ist eine traurige Lehre der Geschichte, mit der wir alle leben müssen.«
Temnén schnitt das kalte Fleisch auf, und der Hund, der bisher still in seiner Ecke gelegen hatte, winselte plötzlich und schlug mit dem Schwanz auf den Boden.
Der Landmann lächelte vor sich hin. »Wenigstens ein treuerGefährte ist mir geblieben.« Er löste den Knochen aus und hob ihn hoch. Der Hund stand auf und knurrte leise.
»Hier, Failinis!« Er warf ihm den Knochen zu; mit seinem mächtigen Gebiss schnappte der große Vierbeiner danach, verzog sich damit an seinen Platz und fing an, die Beute zu benagen.
»Failinis war der Zauberhund von Gott Lugh mit der Langen Hand«, erinnerte sich Fidelma.
»Ich halte mich weder für eine Gottheit noch für einen großen Krieger, wie es Lugh der Sage nach war. Den Namen habe ich vor allem gewählt, weil Failinis ein treuer Begleiter und Beschützer der Götter war.«
»Einen tüchtigen Hund braucht man schon auf einem so
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