Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
wieder Bruder Cronan zu, der langsam zu seiner alten Kraft zurückfand. »Kannst du dich noch an irgendwelche anderen Bemerkungen erinnern, die Adamrae gemacht hat und die uns den einen oder anderen Hinweis geben könnten, was ihn hergeführt hat?«
Bruder Cronan schüttelte den Kopf. »In ein oder zwei Nächten hatte er Besucher bei sich. Ich habe Stimmen hinter der verschlossenen Tür gehört.«
»Besucher von außen?«, fragte Eadulf.
»Hat sich irgendjemand der Kapelle genähert, wenn Adamrae auch gerade hier war?« Fidelmas Frage richtete sich an Conrí und Socht.
»Natürlich gab es Leute, die zur Andacht wollten«, erklärte Socht, »aber die hat Adamrae unter Verweis auf Bruder Cronans Erkrankung abgewiesen. Darüber, dass jemand auch nachts in die Kapelle wollte, liegt keine Meldung vor.«
Fidelma erhob sich. »Ich denke, wir sollten Bruder Cronan nach all den Strapazen etwas Ruhe gönnen. Hast du einen Vorschlag, wen wir dir schicken könnten, der sich um dich kümmert?«
»Wenn ihr die alte Mutter Muirenn schickt, das wäre schön«, erwiderte der Mönch. »Sie kommt ab und zu her und macht sauber.«
»Wird gemacht, Bruder«, versicherte Socht. »Ich werde sie beruhigen, dass das ganze Gerede von Krankheit und Ansteckung Unfug ist.«
Sie verabschiedeten sich und ließen den ermatteten, wenn auch erleichterten alten Mönch allein. Gemeinsam gingen sie im Schummerlicht der Laternen über den Hof. Beflissene Bedienstete kamen ihnen entgegengeeilt und erinnerten sie daran, dass es an der Zeit war, das übliche Bad vor dem praintech , dem abendlichen Mahl, zu nehmen.
Erst später im Speisesaal, als sie zu Tisch saßen, sprach man wieder miteinander, und Eadulf brachte die Rede auf das Thema, das ihn nach all dem Erlebten beschäftigte.
»Ich finde es befremdlich, dass niemand gesehen haben will, wer zur Kapelle kam, um sich mit Adamrae zu treffen, oder zugibt, es selbst gewesen zu sein.«
»Wir sahen es lieber, wenn Adamrae zu uns kam, als dass wir zu ihm gingen«, erklärte Conrí. »Ich glaube, die meistenhatten Angst, sich bei Bruder Cronan anzustecken, wenngleich wir jetzt wissen, dass eine solche Gefahr gar nicht bestand.«
»Und keiner dachte daran, dass bei Ansteckungsgefahr Adamrae am ehesten die Keime weitergeben würde«, murmelte Fidelma.
»Hatte Adamrae eigentlich immer die Kapuze so tief ins Gesicht gezogen?«, erkundigte sich Eadulf.
»Ja, immer. Er meinte, in seinem Orden wäre das so Brauch …« Der Kriegsherr stutzte. »Nicht, dass ihm das etwa als Tarnung diente.«
»Weshalb hat er sich dafür interessiert, wie viele Krieger du befehligst? Weshalb den Apotheker umbringen, weshalb Bruder Cronan wegsperren, weshalb all die Fragen nach der Sicherung der Festung, weshalb die häufigen Besuche im Gasthaus des Ortes?« Eadulf zählte unerbittlich die fragwürdigen Punkte auf.
Conrí war wie vor den Kopf gestoßen. »Ich habe von keiner Räuberbande gehört, die nach Zahl und Ausrüstung stark genug wäre, uns anzugreifen, und meine Krieger geben den Kaufleuten, die durch unser Gebiet ziehen, gewissermaßen Begleitschutz.«
»Ich nehme an, die einzige größere Festung in der Nähe ist Dún Eochair Mhaígh, oder?«, fragte Eadulf. »Wird sie von genügend Kriegern geschützt?«
»Von weniger als zwanzig Mann, glaube ich. Es braucht nicht viele dort, wenn …«, Conri führte den Satz nicht zu Ende, das nahm ihm Fidelma ab.
»… wenn sich Fürst Donennach mit seinem Gefolge in Tara zu Unterredungen mit dem Hochkönig aufhält.«
Eadulf überlegte. »Als Eoganán in der Schlacht bei Cnoc Áine fiel und Prinz Donennach sein Nachfolger wurde unddann den Friedensvertrag mit Cashel abschloss, waren da alle glücklich mit diesem Ausgang?«
Conrí zuckte die Achseln. »Natürlich nicht. Viele von den Uí Fidgente hätten gern weitergekämpft, um die Schmach ihrer Niederlage zu rächen.«
»Du aber nicht?«
Conrí wurde rot. »Ich nicht. Nach der Niederlage haben uns monatelang Krieger von Cashel überwacht. Wir mussten für Fürst Eoganáns Fehlschlag allerlei erdulden. Das nährte verständlicherweise bei vielen Rachegelüste. Doch andere hielten es wie auch ich für falsch, etwas mit Gewalt erzwingen zu wollen, was eindeutig in die Zuständigkeit der Brehons der Fünf Königreiche gehörte und von ihnen geklärt werden musste. Die Brehons kamen zu dem Schluss, dass der Anspruch, den Eoganán erhoben hatte, jeder Grundlage entbehrte. Für mich war ihre Entscheidung
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