Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)
Habsburger unterstützen. Er braucht jeden Mann. Und ganz ehrlich, dieses Land hier ist schrecklich. Der Wein ist zwar gut, aber das Bier ist nicht zu trinken. Außerdem kann ich diese furchtbare Sprache nicht mehr hören. Sie hört sich an, als würden sich die Leute beim Sprechen ständig die Nase zuhalten.« Tomek schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Ja, es ist wirklich höchste Zeit, dass wir zurückkehren.«
Der junge Soldat neben ihm beugte sich zu Tomek und bohrte ihm den nicht ganz sauberen Zeigefinger in die Brust.
»Die Protestanten in Prag brauchen tatsächlich jeden Mann«, sagte er. »Friedrich von der Pfalz, das Oberhaupt der Protestantischen Liga, hat zwar seine Unterstützung zugesichert, und der Herzog von Savoyen will eine Armee unter Peter Ernst II. von Mansfeld finanzieren, wenn aber erst die Habsburger ihre Kräfte formieren, wird es trotzdem eng werden. Denkt nur, wenn die Spanier eingreifen! Sie haben Besitzungen in ganz Europa, vom Süden Italiens bis in die Niederlande. Es gibt kaum einen Ort in Europa, wo sie ihre Interessen nicht gefährdet sehen, und sie sind die engsten Verbündeten der Habsburger.«
»Aber Frankreich, die Niederlande und auch Schweden haben kein Interesse daran, dass Habsburg noch stärker wird.«
»Wenn die sich auch noch beteiligen, dann brennt ganz Europa«, sagte der junge Soldat, und seine Augen glitzerten, als gäbe es nichts Erstrebenswerteres als einen Krieg, der größer, gewaltvoller und grausamer zu werden drohte als jeder bisherige.
Jendrik schwirrte der Kopf. Wovon redete der Mann? War ihm nicht bewusst, dass Jendrik auf der Seite seiner Gegner stand? Er war Jesuit, die Habsburger hatten seinen Orden nach Prag geholt und groß gemacht. Er war von der Gunst des Kaisers und des Papstes abhängig. Auch wenn seine Loyalität zu Letzterem gerade sehr auf die Probe gestellt wurde.
Der Wirt stellte einen Becher kühlen, gewürzten Wein vor ihm ab. Gierig griff Jendrik nach dem Becher und leerte ihn in einem Zug.
»So habe ich dich noch nie trinken sehen«, sagte Tomek anerkennend.
»Ich habe auch noch nie einen so schrecklichen Vormittag erlebt.« Jendrik stellte den leeren Becher zurück auf den Tisch. Fragend stieß Tomek ihm mit dem Ellbogen in die Seite.
»Ich kann nicht mit dir zurück nach Prag reiten«, sagte Jendrik. »Ich muss weiter nach Bordeaux.«
»Wo verdammt noch mal ist Bordeaux?«, fragte Tomek.
»Im Westen.«
»Reden sie dort auch in dieser schrecklichen nasalen Sprache, die kein Hund versteht?«
Jendrik nickte müde. Alles, was er wollte, war ein weiches, angenehmes Bett. Eines, das er nicht mit Tomek teilen musste und das vorzugsweise im Clementinum in Prag stand, in seiner ruhigen Kammer mit einem Fenster auf den stillen Innenhof des Klosters. Kräuterbeete, ordentlich geschnittene Buchsbäume und weiße Kieswege. Warum nur war er zu dieser verrückten Reise aufgebrochen?
»Was zum Teufel willst du dort in Bordeaux?«
»Das ist eine lange und komplizierte Geschichte.«
Tomeks Augen wurden schmal. »Und die verstehe ich nicht?«
Niedergeschlagen zuckte Jendrik mit den Schultern. »Ich weiß es nicht«, sagte er ehrlich, »ich bin nicht einmal sicher, ob ich sie selbst verstehe.«
»Na, dann schieß mal los!« Tomek sah Jendrik abwartend an, aber der schüttelte den Kopf.
»Das ist eine heikle Angelegenheit, die wir unter vier Augen besprechen müssen.«
Kurz darauf winkte Tomek den Wirt zu sich. Mit seinen letzten Münzen beglich er die Rechnung, verabschiedete sich von seinen neuen Freunden und verließ mit Jendrik die Gaststube.
Auf dem Weg zu den Pferden fasste Jendrik seine Geschichte möglichst sachlich zusammen, wobei er einige brisante Informationen, die den Papst betrafen, wegließ. Tomek war dennoch überaus verblüfft. Nie im Leben hätte er damit gerechnet, dass ausgerechnet sein sanfter Freund damit beauftragt wurde, eine gestohlene Schrift zurückzuholen und auch noch einen Auftragsmord zu begehen. Beim Gedanken an Jendrik als Retter und Held eines ganzen Klosters musste Tomek grinsen. Er verstand nicht genau, was sein Freund eigentlich suchen sollte, kapierte aber, dass es dabei um den Arzt und um Jana ging, die offenbar etwas Wertvolles besaßen.
»Du sollst die beiden wirklich umbringen?«, fragte Tomek.
Jendrik nickte unglücklich.
»Das schaffst du nie im Leben«, stellte Tomek trocken fest.
»Ich weiß«, stimmte Jendrik niedergeschlagen zu.
Nach einer kurzen Pause sagte Tomek: »Ich komme mit
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