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Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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sich Conrad und eilte über den langen Gang zur breiten Treppe. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, sprang er hinunter in die Eingangshalle. Als er durch die breite Tür ins Freie trat, raste sein Herz erneut, aber mit jedem Schritt, den er sich vom Jesuitenkolleg entfernte, wurde Conrad ruhiger.
    Er bemerkte weder die Menschen, die ihm irritiert auswichen, noch den Hund, der ihn empört anbellte, weil er ihm unabsichtlich mit dem Fuß einen Stoß versetzt hatte. Zielstrebig lief er durch die Gassen, überquerte die Moldau und hastete zurück zur Apotheke. Als er endlich vor seinem Quartier stand, ging auch sein Atem wieder normal.
    Er stieg die Treppe hinauf zu seiner Kammer. Wie lange würde es dauern, bis der Diebstahl bemerkt wurde? Sicherlich nur paar Tage, bis dahin sollte er Prag verlassen haben. Im Moment konnte Conrad kaum einen klaren Gedanken fassen. Er musste erst eine Nacht darüber schlafen und morgen eine Entscheidung treffen.
    Als Radomila von Mareks plötzlichem Tod erfuhr, hielt sich ihre Trauer in Grenzen. Sie wusste zwar, dass ihr Schwager kein reicher Mann gewesen war, aber sie hatte doch mit einer kleinen Mitgift gerechnet. Dass Jana nun nichts erben sollte, gefiel ihr ganz und gar nicht.
    »Ich hoffe, du weißt, was für ein Privileg es für dich ist, Tomek zu heiraten«, sagte sie beim Abendessen unverblümt.
    Jana war zu müde und zu traurig, um darauf zu antworten. Ihr Onkel tat es an ihrer statt: »Dafür bleibt die Apotheke in der Familie.«
    »Pffff!« Radomila knallte ihm einen Knödel auf den Teller und patzte einen Schöpflöffel voll Sauerkraut dazu. Tomek war wieder einmal nicht nach Hause gekommen. Wichtige Besprechungen hielten ihn davon ab, zum Abendessen an den Male namesti zu kommen. Obwohl niemand es aussprach, so wussten sie doch alle, dass er mit Graf von Thurn am geplanten Umsturz feilte. Radmila gefiel Tomeks Beteiligung an diesem waghalsigen und gefährlichen Unternehmen gar nicht. Sie fand, ihr Sohn begab sich unnötig in Schwierigkeiten. Ein Grund mehr für ihren Ärger.
    Als Nächster bekam Conrad Pfeiffer einen Knödel auf den Teller gepfeffert. Dabei platzte der Teig auf, und fette dunkle Soßenspritzer landeten auf seinem sauberen Hemd.
    »Oh, das tut mir leid«, entschuldigte sich Radomila ernsthaft betroffen. Sie wollte mit einem Tuch nachwischen, aber der Arzt rückte von ihr ab und erklärte: »Ist schon in Ordnung. Es ist bloß Fleischsaft.«
    »Ihr könnt das Hemd Jana geben, sie wird es für Euch waschen.«
    »Was werde ich?« Jana warf erstaunt den Kopf hoch.
    »Du wirst das Hemd von Doktor Pfeiffer waschen«, bestimmte Radomila streng. »Pavlina muss noch die Töpfe schrubben.« Ihr Zeigefinger richtete sich auf das Mädchen, das gerade eine weitere Schüssel auftrug. Pavlina machte einen Schmollmund, Töpfe schrubben gehörte nicht zu ihren Lieblingsbeschäftigungen.
    »Aber ich …«, protestierte Jana, doch Pfeiffer kam ihr zuvor: »Danke, aber das ist wirklich nicht notwendig. Ich kann diese Spritzer selbst entfernen.«
    Jana hob die Augenbrauen. »Könnt Ihr das denn?« Sie hatte noch gut in Erinnerung, dass er seine Kleidung zum Waschen der Nachbarin gegeben hatte.
    »Wenn es sein muss, kann ich auch Wäsche waschen.« Jana war sich nicht sicher, ob der merkwürdige Unterton in seiner Stimme beleidigt oder bloß Überheblichkeit war.
    »Alles Unsinn!«, fuhr Radomila dazwischen. »Nach dem Abendessen wird Jana das Hemd für Euch reinigen. Schließlich war es unsere Schuld, dass es schmutzig wurde.«
    Es war deine Schuld!, erwiderte Jana in Gedanken. Doch sie hielt den Mund und steckte sich rasch einen Bissen Knödel in den Mund, damit ihr nicht doch noch eine böse Bemerkung entschlüpfte.
    Danach verlief das Abendessen schweigend und war rasch beendet. Pavlina und Jana trugen das Geschirr zurück in die Küche, während Radomila und Karel es sich vor dem Kamin in der Stube gemütlich machten. An manchen Tagen kam Jana sich vor wie die zweite Dienstmagd. Gemeinsam mit Pavlina wusch sie das Geschirr ab, räumte die Essensreste weg und säuberte die Küche. Als auch die Töpfe geschrubbt waren und Pavlina sich in ihre Kammer zurückzog, war Doktor Pfeiffer immer noch nicht erschienen.
    Konnte es sein, dass er sein Hemd wirklich selbst waschen wollte? Jana dachte kurz nach, dann ging sie in ihre Kammer und holte das Buch und das Amulett. Beides wollte sie dem Gelehrten zeigen, und mit dem Vorwand, sie käme nur, um nach seinem Hemd zu fragen, fiel ihr

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