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Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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Scheide.
    Jana wurde klar, dass er nicht bloß getrunken hatte, sondern sternhagelvoll war. Unkontrolliert fuchtelte er mit der gefährlichen Waffe herum und lachte dabei aus vollem Hals.
    »Steck das Schwert wieder weg«, schimpfte Radomila, »und setz dich.«
    Tomek grinste. Speichel tropfte ihm aus dem offenen Mund auf die Brust, er sah lächerlich aus.
    »Zuerst hol ich mir einen Kuss von meiner Braut!«, lallte er und machte einen Schritt auf Jana zu. Sie rutschte auf ihrem Stuhl nach hinten, um ihm auszuweichen, doch sie konnte sich nicht gegen seinen feuchten Kuss wehren. Tomek roch nach billigem Branntwein.
    Es gelang ihr zumindest, ihr Gesicht so weit wegzudrehen, dass er nur ihre Wange erwischte. Angeekelt wischte sie mit dem Handrücken seinen Speichel ab.
    »Setz sich endlich, Tomek«, sagte Radomila streng.
    Aber ihr Sohn blieb breitbeinig stehen und zeigte mit seinem Schwert in Pfeiffers Richtung.
    »Ich setze mich erst, wenn das Katholikenschwein den Raum verlassen hat. Ich könnte ihn ja aus dem Fenster werfen, wäre nicht der erste Katholik heute.« Er kicherte, und dabei floss noch mehr Speichel aus seinem Mund.
    »Tomek, es reicht!«, sagte Radomila. »Steck endlich das Schwert weg. Oder muss ich es dir wegnehmen?« Sie redete mit ihm wie mit einem Fünfjährigen, aber Tomek schien sich nicht daran zu stoßen. Er war so betrunken, dass er es nicht bemerkte.
    Laut rülpsend wischte er sich mit dem Handrücken über die Lippen und starrte Doktor Pfeiffer unverwandt an.
    »Er oder ich!«, rief er und schwenkte erneut sein Schwert. Dabei geriet er so gefährlich ins Wanken, dass Jana Angst bekam, er könnte sie mit seinem Schwert verletzen.
    Onkel Karel beobachtete die Situation mit ernstem Blick, sagte aber nichts. Das war auch nicht nötig, denn nun übernahm Radomila das Kommando.
    Sie stand auf, stemmte beide Hände in die breiten Hüften und funkelte ihren Sohn grimmig an. »Tomek, ich sage es dir zum letzten Mal. Leg das Schwert weg und setz dich, oder, was noch besser wäre, geh in deine Kammer und schlaf deinen Rausch aus!«
    Für einen kurzen Augenblick hatte es den Anschein, als würde Tomek sich wütend auf seine Mutter stürzen, aber dann schob er das Schwert zurück in die Scheide aus dunklem Rindsleder und ließ sich krachend auf einen Stuhl plumpsen. Mit unsicheren Bewegungen griff er nach einem vollen Krug Bier, setzte an und trank ihn in einem Zug leer.
    »Noch … einen«, lallte er.
    Radomila schüttelte den Kopf. »Du hattest genug.«
    Erneut blitzte Ärger in Tomeks Augen auf. Er griff nach dem leeren Krug, doch in diesem Moment fielen ihm die Augen zu. Sein Kopf sackte mit einem lauten Knall auf den glasierten Tonteller auf dem Tisch, und augenblicklich begann er zu schnarchen. Hätte es sich nicht um den Mann gehandelt, den Jana bald heiraten sollte, hätte sie die Situation äußerst unterhaltsam gefunden.
    »Es sieht so aus, als hätte dein Sohn zu viel getrunken«, bemerkte Onkel Karel trocken.
    »Der ist sternhagelvoll«, schimpfte Radomila.
    Dann wandte sie sich an Doktor Pfeiffer. »Wärt Ihr so freundlich und würdet meinem Mann helfen, meinen Sohn in seine Kammer zu tragen?«
    Überrascht blickte der Arzt auf. »Selbstverständlich.«
    Er stand auf und schob seinen Stuhl lautstark zurück, vielleicht in der Hoffnung, durch den Lärm den Betrunkenen wieder wachzubekommen. Aber Tomek rührte sich nicht.
    Auch Onkel Karl erhob sich. Jana wusste, dass er viel zu gebrechlich war, um einen kräftigen jungen Mann wie Tomek zu schleppen.
    »Bleib sitzen, Onkel«, sagte sie und stand selbst auf. »Ich helfe dem Doktor.«
    In der Zwischenzeit war Conrad Pfeiffer neben Tomek getreten und hatte ihm den Arm unter die Achseln geschoben. Vergeblich versuchte er, den jungen Mann hochzustemmen. Aber Tomek war zu schwer.
    »Ich nehme ihn auf der anderen Seite«, sagte Jana.
    »Euer Verlobter wiegt so viel wie drei volle Mehlsäcke«, flüsterte der Arzt.
    »Oder wie drei volle Weinfässer.« Jana rümpfte die Nase. Tomek dünstete einen äußerst unangenehmen Geruch aus.
    Gemeinsam zogen sie den bewusstlosen Mann hoch und schleppten seinen schlaffen Körper zur Treppe.
    »Meine Güte, ist der Mann schwer«, stöhnte Doktor Pfeiffer. Jana hatte damit zu kämpfen, Tomeks Kopf von ihrer Schulter fernzuhalten.
    Aus der Stube rief Radomila ihnen nach: »Jana, meine Liebe, legt Tomek einfach aufs Bett. Ich bringe ihm später eine leere Schüssel. Wenn er in der Nacht aufwacht, wird er sie

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