Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)
Vater völlig richtig erkannt. Das gesamte Tagebuch ergibt einen vollständigen Bericht, der geheimes Wissen birgt.«
»Was für Geheimwissen?«
»Wüsste ich es, wäre es nicht mehr geheim.«
Jana verdrehte die Augen. Konnte der Mann nicht aufhören, sie ständig zu belehren?
»Aber Ihr ahnt doch sicher, worum es sich handeln könnte?«, sagte sie ungeduldig.
»Ich habe Euch das Wichtigste bereits gesagt. Die genaue Zusammensetzung des Gifts, eine präzise Berechnung der Planetenlaufbahnen und eine detailgetreue Schilderung der Gräueltaten, derer sich die Kirche schuldig gemacht hat, um an die Schätze der Einheimischen zu gelangen. Meiner Meinung nach sind das Gründe genug, das Buch geheim zu halten.«
»Wusste mein Vater denn, wo sich die beiden anderen Teile des Buchs befinden? Er wollte doch nach Frankreich aufbrechen.«
Doktor Pfeiffer nickte. »Das Buch sollte auf drei Städte in Frankreich aufgeteilt werden.«
Janas Unterkiefer entspannte sich ein wenig, aber im nächsten Moment biss sie sich nachdenklich auf die Unterlippe.
»Werdet Ihr nach den beiden anderen Teilen suchen?«, wollte sie mit belegter Stimme wissen.
»Im Moment hält mich nichts in Prag. Ganz im Gegenteil, es sieht eher so aus, als wäre es von Vorteil, die Stadt rasch zu verlassen. Da ich keine anderen Verpflichtungen habe, werde ich tatsächlich nach den beiden anderen Teilen suchen.«
Jana richtete sich auf. Auch sie hielt nichts mehr in dieser Stadt.
»Ich komme mit«, sagte sie bestimmt und sah ihn entschlossen an.
Überrascht sah der Arzt sie an. Nach einer Weile des Schweigens sagte er mit gepresster Stimme: »Ihr könnt nicht mitkommen. Ihr seid mit dem …«, Pfeiffer sprach den Namen nicht aus, er deutete mit dem Daumen auf den schnarchenden Mann auf dem Bett, »… mit dem da verlobt.«
»Das ist einer der Gründe, warum ich Prag verlassen möchte«, zischte Jana leise.
Pfeiffers Augenbrauen schossen neugierig in die Höhe, aber bevor er eine Frage stellen konnte, fuhr Jana fort: »Das Buch hat meinem Vater gehört, Ihr könnt es mir nicht einfach wegnehmen. Ich will mitkommen und herausfinden, was der Jesuitenpater vor der Welt verbergen wollte.«
»Ihr seid eine Frau.«
»Vielen Dank für diese wichtige Information.« Jana funkelte den Mann böse an. »Ihr habt mir soeben die Augen geöffnet.«
»Ich kann Euch nicht mitnehmen«, sagte Conrad Pfeiffer entschieden. »Auf einer solchen Reise wärt Ihr mir bloß eine Last.«
Hatte Jana sich soeben verhört oder hatte Pfeiffer sie tatsächlich gerade als Last bezeichnet? Wie überheblich war dieser Mann?
Nun würde sie ganz sicher mitkommen. Sein Widerstand löste etwas in ihr aus, was Pfeiffer als Trotz, sie selbst als starken Willen bezeichnet hätte. Aber egal, wie man es nannte, Jana würde auf keinen Fall in Prag bleiben. Und ganz sicher würde sie nicht den schnarchenden, nach Alkohol stinkenden Tomek heiraten.
Conrad Pfeiffer war ihre Eintrittskarte in die Freiheit, aber offensichtlich war es unmöglich, ihm das klarzumachen. Sie musste zu einer List greifen.
»Nehmt mich bis nach München mit. Dort lebt Bedrich«, sagte sie langsam.
Die Miene des Gelehrten wurde weicher. »Ist das der junge Mann, der Euch den Hof gemacht hat und den Ihr so hartherzig habt abblitzen lassen?«
Für einen Moment zögerte Jana. Woher wusste der Arzt, dass sie Bedrich einen Korb verpasst hatte?
Noch bevor sie ihre Frage aussprechen konnte, lieferte der Arzt die Erklärung: »Zufällig habe ich Euer heimliches Stelldichein mit dem jungen Wirt beobachtet.«
»Ihr habt mir nachspioniert?« Jana wurde laut, und Tomek auf seinem Bett grunzte empört. Sofort senkte Jana ihre Stimme wieder. »Wie konntet Ihr nur?«
Sie erinnerte sich zurück an die Ereignisse jener Nacht. Damals hatte sie gehört, wie sich ein Fensterladen schloss. Aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass Doktor Pfeiffer sie beobachtet hatte.
Zu ihrer Überraschung wurde der Arzt nun rot.
»Ich wollte Euch nicht beobachten«, sagte er beschämt. »Es war purer Zufall, dass ich die Szene mitbekommen habe. Es war so stickig in der winzigen Kammer, und ich hatte das Fenster geöffnet und …«
Jana hielt ihm die flache Hand ausgestreckt entgegen.
»Ihr braucht gar nicht weiterzureden, es interessiert mich nicht. Nehmt Ihr mich nun mit? Ja oder nein?«
Eine schier endlose Pause trat ein. Schließlich rang sich der Arzt ein gepresstes »Aber nur bis München« ab.
Am liebsten wäre Jana ihm jubelnd um den
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