Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
Vom Netzwerk:
Guillaume wieder ein bisschen. Er wusste nicht, was sich tatsächlich hinter dem verschlüsselten Text verbarg, aber man hatte ihm mitgeteilt, das Buch bringe jeden Uneingeweihten auf eine völlig falsche Fährte.
    Darum erklärte er: »Ein Uneingeweihter kann doch, soviel ich weiß, mit der Schrift überhaupt nichts anfangen.« Erleichtert lehnte er sich zurück, vergaß aber, dass er auf einem Hocker saß, und wäre beinahe auf der kunstvollen Einlegearbeit eines begabten Parkettlegers gelandet. Erst im letzten Moment fing er sich wieder.
    »Ich wäre froh, wenn ich Eure Zuversicht teilen könnte«, gab der verhüllte Mann auf der anderen Seite des Schreibtischs zurück. »Aber der Wissenschaftler war immerhin schlau genug herauszufinden, dass er bloß einen Teil des Buchs besitzt. Er wollte sich auf die Suche nach den beiden anderen Teilen machen und hat dafür eigens eine Abschrift angefertigt. Ganz sicher hat er das Original an jemanden geschickt, von dem er sich Hilfe erwartete. Ich nehme an, dass dieser Jemand bereits auf der Suche nach den beiden anderen Teilen ist.«
    »Das wäre allerdings furchtbar«, sagte der Abt.
    »Wie gesagt, wir haben Grund zu der Annahme, dass der jetzige Besitzer der Schrift bereits auf dem Weg nach Frankreich ist. Aber es bleibt offen, ob er zuerst nach Lyon, nach Dijon oder nach Bordeaux reist.«
    Nun hob der Vermummte den Kopf und schlug die Kapuze zurück. Guillaume zuckte erschrocken zusammen. Obwohl er hässliche und entstellte Menschen gewohnt war – schließlich übernahm er alle zwei Wochen die Armenspeisung, eine äußerst unangenehme Aufgabe, die ihn aber jedes Mal dem Himmel ein Stück näherbrachte –, ein so grausam verstümmeltes Gesicht hatte er noch nie gesehen. Es war schwer zu sagen, ob der Mann mit dieser Fehlbildung zur Welt gekommen war, oder ob ein schrecklicher Unfall erst später dazu geführt hatte. Die eine Hälfte seines Gesichts war vernarbt, fleckig und verformt, die Nase sah aus wie weggeschmolzen, und einem Auge fehlten Wimpern und Augenbraue und ein Teil des Lids.
    »Mein Antlitz stößt Euch ab«, sagte der Mann trocken. Er hatte Guillaume immer noch nicht seinen Namen verraten, und es war auch nicht anzunehmen, dass er es tun würde.
    »Nein, … ganz und gar nicht«, log Guillaume und wusste sogleich, dass dies ein Fehler gewesen war. Der Mann mit dem Narbengesicht starrte ihn nun verärgert an.
    Rasch verbesserte sich Guillaume: »Ich fühle mich nicht abgestoßen, bloß …«, er machte eine kurze Pause, suchte nach dem passenden Ausdruck und sagte schließlich: »Bloß überrascht!«
    Der Entstellte lachte, aber das Lachen erreichte die kalten Augen nicht, es blieb irgendwo zwischen der Kehle und der fehlenden Nase hängen. Leise sagte er: »Morgen früh werde ich abreisen und mich auf die Suche nach dem Manuskript machen.«
    »Wohin wollt ihr?«, fragte Guillaume.
    »Ich reite nach Dijon. Da der Mann, der das Buch kopiert hat, nicht mehr lebt, haben wir es wohl nur noch mit einem Gegner zu tun.«
    Guillaume schluckte hart. Er brauchte nicht zu fragen, wer für den Tod des armen Mannes verantwortlich war, die Antwort lag auf der Hand. Es stimmte also, was man sich über die Fraternitas Secreta erzählte. Sie schreckten auch vor Mord nicht zurück.
    »Falls der neue Besitzer in einer der drei Städte auftaucht, dann haben wir gewonnen, wenn nicht, dann …«, ein merkwürdiges Geräusch drang aus der Kehle des Fremden, vielleicht erneut ein Lachen, vielleicht auch bloß ein Röcheln, »… dann haben wir, und damit meine ich auch Euch, lieber Abt, ein Problem.«
    Das Hochgefühl, das Guillaume noch vor kurzem verspürt hatte, war nun endgültig verschwunden. Geblieben war die pure Angst, und die würde ihn die nächsten Wochen und Monate begleiten.
    München
    » W ISST I HR, WO E UER Bedrich wohnt?«
    Doktor Pfeiffer hatte sich gut erholt. Da er die Strecke falsch eingeschätzt hatte, mussten sie trotz genauer Karte einen ungeplanten Umweg einlegen und eine weitere Nacht im Freien verbringen. Die Verzögerung hatte jedoch zur Genesung des Arztes beigetragen. Die hässliche Wunde auf seiner Wange verheilte bereits, eine Kruste hatte sich gebildet und die Wundränder hatten ihr gefährliches Rot verloren, was auf Janas Behandlung mit Huflattichblättern zurückzuführen war.
    »Nein, woher sollte ich das wissen?«, brummte sie verärgert. Sie hatte überhaupt keine Lust, nach dem Freund zu suchen. Auch wenn sie die Stadt sehr interessant fand

Weitere Kostenlose Bücher