Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)
mich freue, dass du zu mir gekommen bist«, sagte er.
Plötzlich nahm sein Gesicht einen ernsten Ausdruck an.
»Aber das, was ich dir nun sagen muss, wird dir nicht gefallen. Ich weiß auch nicht recht, wo und wie ich beginnen soll.«
Hoffnung keimte in Jana auf. Hatte Bedrich sich etwa in der Zwischenzeit mit einer anderen Frau verlobt? Allerdings, so rasche Entscheidungen traute sie dem trägen Mann eigentlich nicht zu.
Verlegen knetete Bedrich seine großen, breiten Hände. Auf seinem rechten Zeigefinger saß eine frische Brandwunde, Bedrich schien sie nicht zu spüren.
»Ich …« Bedrich geriet ins Stocken.
»Was willst du mir denn sagen?« Jana legte ihre Hand auf seine, um dem wilden Kneten ein Ende zu bereiten.
Bedrich holte tief Luft. »Ich muss München schon wieder verlassen. Mein Vater will, dass ich nach Cluny übersiedle, denn meine verstorbene Mutter, Gott sei ihrer Seele gnädig, stammte aus dieser Gegend, und ihr einziger Bruder, der ebenfalls Wirt ist, braucht nun Hilfe. Er hat keine Familie und will sein Wirtshaus an mich weitergeben.«
»Und was ist mit dem Gasthaus hier in München?« Doktor Pfeiffer mischte sich neugierig in die Unterhaltung ein, die ihn eigentlich nichts anging.
»Meine beiden Brüder werden den ›Goldenen Eber‹ übernehmen«, sagte Bedrich, der nichts dagegen zu haben schien, mit einem Fremden über so persönliche Dinge zu sprechen.
Eine Pause entstand. Jana starrte auf die dunkle Tischfläche vor sich, auch sie war übersät mit Kerben und Dellen. Das Gasthaus litt nicht an Gästemangel. Ihr Blick blieb an einer besonders tiefen Delle hängen, die wie ein Kleeblatt aussah. Gedankenverloren strich sie mit dem Zeigefinger darüber und überlegte, wie sie aus der veränderten Situation Nutzen ziehen konnte.
»Wo liegt Cluny?«, fragte sie.
»Im Westen.«
Ein wundervoller, glücklicher Zufall spielte ihr offenbar direkt in die Hände.
Sie tastete sich weiter vor: »Liegt Cluny auf dem Weg nach Dijon?« Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Doktor Pfeiffers Augenbrauen alarmiert in die Höhe schossen.
»Nein, aber Dijon liegt auf dem Weg nach Cluny«, erwiderte Bedrich. »Warum?«
»Weil Doktor Pfeiffer auf dem Weg nach Dijon ist und eine Reise zu dritt sicher weniger gefährlich ist als allein oder zu zweit. Vor allem, wenn man bedenkt, dass du die Sprache deiner Mutter beherrscht und dich im Gegensatz zu uns mit den Menschen in Frankreich verständigen kannst.« Jana konnte den Triumph in ihrer Stimme nicht verbergen. Sie warf dem Arzt einen siegessicheren Blick zu; am liebsten hätte sie vor Freude in die Hände geklatscht.
Bedrich bemerkte den Blickwechsel der beiden nicht. Er war völlig überwältigt von der Tatsache, dass Jana bereit war, ihn zu begleiten.
»Jana, Liebste«, sagte er und ergriff ihre Hände. »Du willst mit mir nach Cluny gehen?«
Jana legte den Kopf schief, was eigentlich keine Antwort war. Aber für Bedrich zählte das als ein eindeutiges »Ja«.
»Lass uns sofort heiraten, damit unsere Liebe auch vor Gott Gültigkeit hat.«
Das ging Jana nicht nur zu schnell, sondern war auch ganz und gar nicht in ihrem Sinn. Bedrich schoss übers Ziel hinaus.
»Das müssen wir doch nicht übereilen«, sagte sie vorsichtig.
Verwirrt schüttelte Bedrich den Kopf. »Du bist nicht gekommen, um mich zu heiraten?«
Jetzt saß Jana in der Zwickmühle. Sagte sie etwas Falsches, würde sie im schlimmsten Fall keiner der Männer mitnehmen. Dann müsste sie in München zurückbleiben und warten, bis Tomek sie fand und wieder zurück nach Prag brachte.
Doktor Pfeiffer stellte seinen Bierkrug mit einem Knall zurück auf den Tisch und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Jana war schneller: »Bedrich, wir kennen uns nun lange genug. Du weißt, dass ich eine so wichtige Entscheidung wie die Ehe nicht überstürzt treffen kann. Lass uns gemeinsam nach Cluny ziehen, und dann sehen wir weiter.«
Nun starrten sie beide Männer verblüfft an. Offensichtlich durfte man als Frau keine Bedingungen stellen. Man hatte froh zu sein, wenn sich ein Mann fand, der einen nahm. Brach man nicht auf der Stelle in Freudentränen aus, rief das allgemeines Unverständnis hervor.
Resignierend seufzte Bedrich. »Ich weiß zwar nicht, was an einer Ehe mit mir überstürzt sein soll, wir beide kennen einander schließlich seit Kindheitstagen, aber ich muss deine Entscheidung akzeptieren. Ziehen wir also gemeinsam nach Cluny. Dort frage ich dich noch einmal, ob du mich
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