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Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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vor einer der bekanntesten Wirtsstuben unterhalb des Hradschin befunden.
    Sie zögerte. Wenn sie Pfeiffer auf das Schild hinwies, wäre ihre Reise innerhalb der nächsten Stunde zu Ende.
    »Was ist, warum geht Ihr nicht weiter?«, fragte der Arzt.
    »Ich …«
    Genau in diesem Moment wurde die schwere Rundbogentür zum Gasthaus aufgestoßen, und Bedrich stürzte mit weit ausgebreiteten Armen auf die Straße.
    »Jana, du bist gekommen!«, rief er glückselig und lief auf sie zu, ohne auf die vorbeifahrenden Fuhrwerke zu achten. Ein junger Bursche mit einem Eselskarren musste bremsen und beschimpfte Bedrich lauthals, doch der kümmerte sich nicht darum. Sein kurzes Haar war nach hinten gekämmt, er trug die Mütze eines Kochs und eine breite Schürze. Eine Schrittlänge vor Jana blieb er stehen, sah sie mit glückstrahlenden Augen an und umarmte sie schließlich. Sein nicht mehr ganz sauberes Hemd roch nach Bratenfett, Knoblauch und Zwiebel. Der Geruch war Jana vertraut und erinnerte sie an Prag.
    Sie wurde ganz steif, und es gelang ihr nicht, Bedrich ebenfalls zu umarmen. Das alles ging ihr viel zu schnell. Sie hätte noch Zeit gebraucht, um den Arzt von ihren weiteren Reiseplänen zu überzeugen. Schließlich befreite sie sich bedrückt aus Bedrichs massigen Armen.
    Die roten Wangen des jungen Wirts glänzten, und er sah Jana mit so viel Freude in den Augen an, dass sie es nicht fertigbrachte, ihm den wahren Grund ihres Besuchs zu gestehen.
    »Ihr seid sicher hungrig«, sagte Bedrich. Er blickte von ihr zu Doktor Pfeiffer und schien sich nicht daran zu stören, dass Jana mit dem Arzt unterwegs war. Der Gedanke, Jana könnte andere Pläne haben, als ihn aufzusuchen, kam ihm gar nicht in den Sinn.
    »O ja, das sind wir!«, bestätigte Pfeiffer inbrünstig.
    »Dann kommt mal herein in die gute Stube!« Bedrich legte besitzergreifend seinen Arm um Janas Schulter. »Der Küchenjunge wird sich um Eure Pferde kümmern.« Bedrich betrachtete Janas Pferd und grinste verschmitzt. »Kann es sein, dass Tomek nun keine Stute mehr hat?«
    Jana hoffte inständig, dass er nur von Marie sprach und nicht auch sie selbst meinte.
    Wenig später saß sie satt und deutlich zufriedener hinter einem massiven Wirtshaustisch aus dunklem Eichenholz. Neben ihr befand sich ein großes Fenster, das mit grünen Butzenscheiben verglast war, und über dem Tisch hing ein schwerer Leuchter mit sechs Kerzen, die jedoch nicht brannten, da genügend Tageslicht durch das halboffene Fenster hereinfiel. An der gegenüberliegenden Seite befanden sich mehrere Hirschgeweihe an der Wand.
    Jana hatte sich schon vor der Hütte der beiden alten Leute im Böhmerwald gefragt, warum sich jemand die Überreste eines toten Tiers an die Hauswand nagelte, aber hier in der Wirtsstube fand sie diesen Wandschmuck noch befremdlicher. Sie gab sich alle Mühe, die Geweihe nicht anzusehen. Lieber betrachtete sie die leeren Teller, die sich auf dem Tisch vor ihr türmten. Jana konnte sich nicht daran erinnern, jemals mit so viel Appetit gegessen zu haben. Sie hatte schon gewusst, dass Bedrich und sein Vater gut kochen konnten, aber dass sie derart vorzügliche Gerichte auf den Tisch zaubern konnten, hatte sie nicht geahnt.
    »Willst du noch ein Stück vom Kaninchen?«, fragte Bedrich. Jana schüttelte den Kopf.
    »Oder von den glasierten Äpfeln?«
    »Nein, wirklich, vielen Dank. Ich bin satt.«
    »Noch ein Glas Bier?«
    Erneut schüttelte Jana den Kopf, aber Doktor Pfeiffer sagte: »Noch ein Schluck von Eurem vorzüglichen Bier wäre fein.«
    »Gerne«, sagte Bedrich und sprang so schnell auf, dass sein Stuhl laut knarrend über den groben Holzboden rutschte. Die Absätze zahlreicher Gäste hatten sich hier verewigt und tiefe Kerben hinterlassen.
    Er kam mit zwei vollen Bierkrügen zurück. Einen stellte er vor Pfeiffer auf den Tisch, einen hatte er sich selbst zugedacht. Dann nahm er wieder Platz.
    »Du bist also mitten in der Nacht aus Prag geflohen, und Tomek hat euch kurz vor Passau überfallen.« Bedrich fasste knapp zusammen, was er von Janas atemlosen Bericht im Kopf behalten hatte.
    Jana nickte. »Ja, so war es.«
    »Und nun ist es bloß eine Frage der Zeit, bis Tomek nach München kommt, weil eine wild gewordene Radomila darauf wartet, dass er dich nach Prag zurückbringt.«
    Nun zuckte Jana mit den Schultern. Sie legte beide Hände auf ihren wohl gefüllten Bauch.
    Vertraulich lehnte sich Bedrich über den Tisch zu ihr.
    »Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich

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