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Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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die an der Franzosenkrankheit leiden. Ich nehme an, Ihr wisst, von welcher Krankheit ich spreche.«
    Jana errötete erneut. Was war bloß los mit ihr? Natürlich kannte sie die Krankheit und wusste auch, dass es sich dabei um ein Leiden handelte, das ausschließlich durch Beischlaf übertragen wurde. Auch in Prag gab es Männer und Frauen, die daran litten. Bis jetzt hatten die Ärzte noch keine wirksame Behandlungsmethode gegen die Krankheit gefunden.
    »Gibt es in der Fuggerei denn so viele Menschen mit dieser Krankheit, dass sie einen ganzen Saal füllen?«, fragte sie verwundert.
    »Sie kommen aus ganz Augsburg und aus den umliegenden Dörfern und Städten«, erklärte Pfeiffer. »Ich bin gestern schon hier gewesen und habe mich umgesehen.«
    Jana fiel ein, dass er sich das Theaterstück auch gestern nicht angesehen hatte. Bis jetzt hatte sie sich aber nicht gefragt, womit er seine Zeit verbrachte.
    »Ein Teil der Kranken bekommt Quecksilber, wovon ich gar nichts halte, denn damit vergiftet man die Patienten auf langsame und schmerzhafte Weise«, sagte Pfeiffer. »Der andere Teil wird mit Guajakholz behandelt. Habt Ihr davon schon gehört?«
    »Guajakholz«, Jana wiederholte das Wort langsam. Die meisten Ärzte, die sie kannte, verschrieben Quecksilber, und es stimmte, was Doktor Pfeiffer sagte, fast alle Patienten verstarben qualvoll unter Schmerzen. Ein einziges Mal hatte ein Arzt das seltene Holz verlangt, aber Jana hatte keinen Händler gefunden, der es verkaufte.
    »Es tut mir leid, aber ich habe mit dieser Art der Behandlung keinerlei Erfahrungen«, sagte sie ehrlich.
    »In dem Manuskript Eures Vaters wird neben dem Muskelgift auch Guajakholz erwähnt, wobei ich zugeben muss, dass ich derzeit nicht die leiseste Idee habe, in welchem Zusammenhang es steht. Die Fugger importieren das Holz seit Jahren und verkaufen es zu unverschämt hohen Preisen. Aber bis jetzt konnte keinerlei Wirkung nachgewiesen werden. Vielleicht verrät uns der zweite oder dritte Teil des Manuskripts dazu mehr.«
    »Ihr meint, dass es sich bei dem Manuskript um ein geheimes Buch über Medizin handelt?«
    Der Arzt zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht.«
    »Aber warum sollte ein Jesuitenpater wollen, dass niemand erfährt, wie man die Franzosenkrankheit heilt?«
    »Vielleicht sehen die Mönche darin eine Strafe Gottes? Ihr wisst doch, wie die Kirche zu außerehelichen Beziehungen zwischen Mann und Frau und zu geschlechtlichen Beziehungen im Allgemeinen steht. Beischlaf ist nur erlaubt, wenn ein Kind entstehen soll.«
    Erneut errötete Jana. Mittlerweile war sie davon überzeugt, dass es dem Arzt Spaß machte, sie in Verlegenheit zu bringen. Sie bemühte sich, möglichst gelassen zu antworten, so als wäre das ein völlig harmloses Gesprächsthema.
    »Ich glaube, dass auch die Jesuiten Kranke lieber heilen würden, als ihnen qualvolle Schmerzen zu bereiten, ganz egal, was zu der Krankheit geführt hat.« Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Soviel ich weiß, gibt es auch Jesuiten, die an der Krankheit leiden.«
    »Nein, wirklich? Ich bin entsetzt.« Pfeiffer schüttelte mit gespielter Empörung den Kopf, und Jana verzog gegen ihren Willen den Mund zu einem Lächeln.
    Nach kurzem Schweigen fügte sie nachdenklich hinzu: »Vielleicht verdienen die Jesuiten am Verkauf von Quecksilber und wollen nicht, dass das Holz nach Europa gebracht wird.«
    Pfeiffer runzelte die Stirn. »Das glaube ich nicht. Schließlich haben die Fugger doch selbst vor Jahren das spanische Quecksilbermonopol gekauft.«
    »Kann man ein Monopol kaufen?«
    Pfeiffer schnaufte empört: »Mit der entsprechenden Summe kann man alles kaufen. Monopole, Länder, Könige und Kaiser.«
    Darauf hatte Jana keine Antwort.
    »Sollen wir nun in die Krankenstation gehen?«, fragte Pfeiffer zum wiederholten Mal.
    Jana nickte.
    Ohne anzuklopfen, betraten sie das langgestreckte Gebäude durch die offenstehende Tür. Im unteren wie im oberen Geschoss befanden sich jeweils zwei Krankensäle, einer für Männer und einer für Frauen. Dazwischen war eine kleine Kammer, in der Medikamente und Verbandsmaterial gelagert wurde. Im Erdgeschoss lagen Kranke und Verletzte aller Art. Da gab es Darminfektionen neben Knochenbrüchen und eitrigen Zähnen. Im Obergeschoss waren ausschließlich Menschen, die an der Franzosenkrankheit litten. Es stellte sich heraus, dass sie aus allen Teilen des Reiches kamen, um hier behandelt zu werden. Jakob Fugger hatte der Krankheit seinen ganz

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