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Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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gelassen.«
    Verärgert schnaufte Pfeiffer und verlangte nach einem Rohr, damit er die Brust des Kindes abhören konnte. Sofort eilte der Mönch davon und kam kurz darauf mit dem gewünschten Instrument wieder. Pfeiffer beugte sich über die schmale Brust des Kindes. Behutsam drückte er das breite Ende des Rohrs auf die weiße, fast durchsichtige Haut, an die andere Seite hielt er sein Ohr.
    Das Mädchen öffnete müde die Augen.
    »Hab keine Angst«, sagte Pfeiffer ungewohnt sanft. »Ich bin Arzt und höre deine Lunge ab.«
    Das Mädchen starrte ihn weiter an. Sie hatte nicht begriffen, was er gesagt hatte.
    Als Pfeiffer seinen Kopf wieder hob, sah er den Mönch streng an. »Dieses Kind ist lang noch nicht dem Tod geweiht. Gebt ihm Spitzwegerichsirup und heißen Salbeitee mit Honig und versucht, das Fieber mit kalten Wadenwickeln und Aufgüssen von Weidenrinde zu senken. Die Lunge ist frei, sie hat bloß einen schlimmen Husten und eine hartnäckige Erkältung. Und lasst sie auf keinen Fall mehr zur Ader. Das arme Mädchen braucht seine ganze Kraft, um gesund zu werden. Sie ist so schwach, weil man ihr das Blut aus dem Körper rinnen lässt.«
    »Aber die bösen Säfte …« Der Mönch setzte zu einer Erklärung an.
    Doch Pfeiffer unterbrach ihn ärgerlich.
    »Die Lehre von den bösen Säften im Körper ist Unsinn«, sagte er so schnippisch, dass jede Widerrede unmöglich war. »Wenn Ihr das Leben des Mädchens retten wollt, dann tut, was ich Euch rate, und nehmt um Himmels willen den gesunden Jungen aus dem Bett, bevor er auch noch krank wird.«
    Verwirrt, unterwürfig und ängstlich zugleich nickte der Mönch und versprach, alles so zu machen, wie der Arzt aus Wien es vorschlug.
    Dann verabschiedeten Jana und Pfeiffer sich und verließen die Krankenstation wieder. Schweigend machten sie sich auf den Weg zurück zur Schauspielertruppe. Pfeiffer schien sich immer noch über den Aderlass des Mädchens zu ärgern, und Jana dachte darüber nach, wie wenig sie von dem Mann wusste, mit dem sie nun schon so viele Tage unterwegs war. Wie kam es, dass jemand, der ständig beweisen musste, wie klug er war und andere mit seiner Überheblichkeit vor den Kopf stieß, im Gespräch mit einem kleinen Kind so liebevoll und einfühlsam sein konnte?
    Als sie zur Bühne kamen, klatschte das Publikum gerade begeistert, und die Schauspieler verbeugten sich mit erleichterten Gesichtern. Alle wirkten zufrieden, nur Bedrich starrte Jana und den Arzt finster an.
    »Wo bist du gewesen? Ich habe mir Sorgen um dich gemacht«, sagte er vorwurfsvoll und trat auf Jana zu.
    »Du hast dir hier in der Fuggerei Sorgen um mich gemacht?«, fragte sie belustigt.
    »Ich will nicht, dass du allein mit Doktor Pfeiffer unterwegs bist«, sagte Bedrich so leise, dass nur Jana es hören konnte. »Was sollen denn die anderen denken?«
    »Es ist mir völlig egal, was die anderen denken. Und du hast mir nicht vorzuschreiben, mit wem und wie ich meine Zeit verbringe.«
    »Aber …« Bedrich setzte zu einer Entgegnung an, doch Jana schnitt ihm das Wort ab.
    »Bedrich, hör auf, dir andauernd Gedanken über mich zu machen.«
    »Jana, ich liebe dich«, flüsterte Bedrich in Janas Ohr.
    »Diese Art der Liebe macht mir Angst«, sagte Jana ernst. Sie drehte ihm den Rücken zu und marschierte zu ihrem Wagen, in den sie kletterte, um weiteren Diskussionen zu entgehen. Auch ohne hinzusehen, wusste sie, dass sowohl Bedrich als auch Doktor Pfeiffer ihr nachstarrten.
    Schwäbische Alb
    Am nächsten Morgen reiste die Gruppe weiter nach Ulm, um dort vor dem riesigen Münster eine Vorstellung von Shakespeares Romeo und Julia zu geben. Das Stück kam nur mäßig an, und bei der zweiten Vorstellung beschloss Ludwig, wieder auf Altbewährtes zu setzen und lieber ein kirchliches Mysterienstück zum Besten zu geben.
    Obwohl Bedrich diese einfachen Stücke, die meist mit einer moralischen Botschaft endeten, liebte und für gewöhnlich keines ausließ, war er beim Applaus diesmal deutlich zurückhaltender und stiller. Sein Ärger galt jedoch nicht den Schauspielern, sondern dem Arzt, dem er die Schuld am Streit mit Jana gab. Beim Mittagessen klatschte er Pfeiffer lediglich einen Schöpflöffel Linsenbrei auf den Teller und hielt die Würste für die anderen zurück. Pfeiffer beschwerte sich nicht, vielleicht hatte er es gar nicht bemerkt. Aber Jana beobachtete Bedrichs Verhalten mit wachsendem Unbehagen. Der Wirt war eifersüchtig, aber warum ausgerechnet auf Pfeiffer? Das war geradezu

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