Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)
zufrieden.
Bedrich fragte noch einmal: »Und was für ein Buch handelt es sich eigentlich?«
»Wir wissen es nicht«, zischte Pfeiffer durch zusammengebissene Zähne. Jana war sicher, am liebsten hätte er sie beide zur Seite gedrängt und wäre davongeritten. Stattdessen starrte er sie so düster an, als hätte sie gerade sein Leben zerstört.
Jana war es egal, sie hatte erreicht, was sie wollte. Vorerst würde sie sich weder von Pfeiffer noch von dem Buch trennen, und mit etwas Glück waren sie bald im Besitz des zweiten Teils. Denn im Unterschied zu Pfeiffer hatte sie einen Plan, wenn auch bloß einen sehr bescheidenen. Aber sie musste den beleidigten Wissenschaftler erst davon überzeugen. Mit vollem Magen hatte sie bessere Chancen.
»Lasst uns in einer der Gaststuben der Stadt essen und dabei einen Plan schmieden!«, schlug Jana vor.
Bedrich stimmte freudig zu, und Pfeiffer trottete ihnen murrend hinterher.
Unterwegs nach Dijon
» D AS W ETTER IST EINE Z UMUTUNG« , schimpfte Tomek, hielt sich die Hand vor die Augen und starrte in den grauen Himmel. Aus den tiefhängenden, schweren Wolken fielen seit Tagen unablässig feine Regentropfen.
»Es wäre alles nur halb so schlimm, wenn dein Pferd etwas schneller laufen würde«, sagte Jendrik vorsichtig. Sofort bereute er seine Worte, denn Tomek drehte sich mit wütendem Gesichtsausdruck zu ihm um: »Hör auf, mich ständig daran zu erinnern, dass Jana auf meiner Stute sitzt, während ich mich mit dieser Zumutung hier zufriedengeben muss!«
So als hätte die alte Marie die Worte verstanden, bockte sie und wurde langsamer.
»Verdammter Gaul«, fluchte Tomek. Er wollte ihr schon in die Flanken treten, aber im letzten Moment hielt er sich zurück. Er hatte gelernt, dass er bei dem alten Pferd mit Gewalt nichts erreichte. »Ich schwöre dir, sobald ich Jana erwischt habe, wird sie für all das, was sie mir angetan hat, bitter büßen. Ich werde ihr einen Strick um den Hals binden und sie den ganzen Weg zurück nach Prag zu Fuß laufen lassen, bis ihre Schuhe durchgelaufen und ihre Füße blutig sind.« Die Vorstellung gefiel Tomek, er wirkte gleich zufriedener.
»Es kann nicht mehr lange dauern, bis wir sie eingeholt haben«, meinte Jendrik zuversichtlich.
»Meinst du, die drei sind schon in Dijon?«
»Kann sein.«
Es war nicht leicht gewesen, Janas Spur zu verfolgen. Nachdem sie in München erfahren hatten, dass sie mit einer Schauspieltruppe nach Freiburg unterwegs war, hatten sie sich in jedem Gasthaus und bei jedem Bauernhof nach der Truppe erkundigt. Immer wieder gab es Menschen, die behaupteten, die Schauspieler gesehen zu haben, aber ob eine Frau aus Prag dabei gewesen war, konnte niemand sagen. Hinter Ulm hatte sich die Spur dann ganz verloren. Scheinbar hatte die Truppe einen unbekannten Weg über die Schwäbische Alb genommen. Erst in Freiburg fanden sie erneut Hinweise. Sie trafen die Schauspielertruppe, aber leider waren da Jana und ihre Begleiter bereits weitergezogen.
Nach einer Vorstellung, die zu Jendriks Überraschung gut war, fragte Tomek einen der Männer nach Jana.
»Es heißt, bis vor kurzem seien eine Frau und zwei Männer mit Euch gereist. Wohin sind sie weitergezogen?«
Der Schauspieler sah ihn misstrauisch an: »Warum interessiert Euch das?«
»Die Frau ist meine Verlobte, und ich will sie zurück nach Prag bringen.«
»Ich habe den Namen, den Ihr genannt habt, noch nie gehört.«
»Ihr lügt!« Aufgebracht ergriff Tomek den Mann am Kragen, und ein Tumult entstand. Schließlich schritt der älteste Schauspieler ein und sagte: »Wenn Ihr uns weiter belästigt, muss ich die Stadtwache holen.«
Jendrik drängte den aufgebrachten Freund weg.
»Es hat doch keinen Sinn, so erfahren wir nichts von den Schauspielern.«
Tomek zog sein Schwert und stieß es drohend in die Luft. »Diese Klinge hat bis jetzt noch alle zum Reden gebracht.«
»Tomek, das ist zu gefährlich. Ich will das Stadtgefängnis von Freiburg nicht von innen kennenlernen. Es gibt einen einfacheren Weg. In der Truppe befindet sich ein Schwachsinniger, vielleicht plaudert er.«
Später, als die Schauspieler ihre Kulissen abbauten, kehrte Jendrik zurück. Er fand schwachsinnige Menschen abstoßend, denn viele von ihnen sabberten, hatten missgebildete Körper und die wenigsten konnten in ganzen Sätzen sprechen. Aber es half nichts, er musste seine Abscheu überwinden. Wollte er jemals nach Prag zurückkehren, so musste er zuvor diesen Arzt finden und ihm die
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