Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)
wohl, und er gefiel ihm ganz und gar nicht.
Jana drehte sich erbost zu Bedrich um und platzte heraus: »Das ist alles, was dich interessiert? Ob ich an seine Kammertür geklopft habe?«
Bedrich wich zurück. Er verstand Janas Zorn ebenso wenig wie alles, was zuvor gesagt worden war.
»Na ja …«, stotterte er verlegen, »… schließlich willst du doch … mit mir nach Cluny reisen, nicht wahr? Da ist es doch wichtig für mich zu wissen, in welchen Kammern du dich herumtreibst.«
»Ich treibe mich nirgendwo herum!« Jana schrie nun so laut, dass eine alte Frau stehen blieb und sie empört anstarrte. Die Alte verstand die harte deutsche Sprache nicht, aber sie erkannte, dass die drei miteinander stritten.
»Geht weiter!«, schrie Jana verärgert auf Französisch und scheuchte die Frau mit beiden Händen weg. Die Alte tippte sich erbost an die Stirn und trollte sich.
Dann erst wandte sich Jana wieder an Pfeiffer: »Ich habe Euch das Buch meines Vaters gegeben, weil ich gehofft hatte, Ihr helft mir, es zu enträtseln. Ich wollte es Euch nicht schenken!«
Doktor Pfeiffer öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber Jana kam ihm zuvor: »Und erzählt mir jetzt nicht, dass Ihr ein selbstloser Gelehrter seid, der nur der Wissenschaft dienen will. Denn das kann ich einfach nicht mehr hören. Das ist eine LÜGE!«
Nun blieb ein dicker Priester stehen, starrte Jana an und bekreuzigte sich. Dann lief er so schnell weiter, als wäre Jana der Leibhaftige.
Pfeiffer schwieg und presste die Lippen zusammen. Jana konnte an seinem Gesichtsausdruck erkennen, dass ihm eine Erwiderung auf der Zunge lag.
Trotzig sagte sie: »Ich will wissen, was in dem zweiten Teil des Reisetagebuchs steht. Und ich habe ein Recht darauf, es zu erfahren. Ich komme mit Euch ins Collège der Jesuiten.«
»Wie stellt Ihr Euch das vor?«, zischte Pfeiffer. »Dass wir zu dritt dort hineinspazieren und sagen: ›Entschuldigung, aber würdet Ihr uns bitte den zweiten Teil eines sehr, sehr wertvollen und vermutlich geheimen Manuskripts geben?‹«
»Das wäre doch sicher besser, als einfach allein hineinzuspazieren. Oder habt Ihr schon einen Plan?«
»Nein, den habe ich nicht!« Nun schrie auch Pfeiffer.
»Der große Wissenschaftler hat keinen Plan?« Aus Janas Stimme tropfte Sarkasmus wie dickflüssiger Sirup.
Bedrich sah sich hilflos um. Immer mehr Menschen wurden auf sie aufmerksam und kamen neugierig näher. Fensterläden wurden aufgerissen, und schaulustige Hausfrauen lehnten sich heraus.
Pfeiffer hob den rechten Zeigefinger und setzte zu einer Erwiderung an, doch nun mischte Bedrich sich ein.
»Also, wenn ich auch etwas sagen darf«, begann er vorsichtig, »auch wenn ich bloß der ›einfältige Koch‹ bin.« Er machte eine kurze Pause, kratzte sich am Kopf und fuhr fort: »Ich habe keine Ahnung, um was für ein Buch es sich handelt oder von welchen wertvollen Geheimnissen Ihr redet. Und ganz ehrlich, sie interessieren mich auch nicht. Aber ich habe verstanden, dass irgendein Buch, das sich im Moment offenbar in dieser Satteltasche befindet«, sein Zeigefinger richtete sich auf Pfeiffers Pferd, »Jana gehört. Aus diesem Grund kann sie allein bestimmen, was damit passieren soll.«
Lautstark stieß Pfeiffer Luft aus Nase und Mund gleichzeitig und funkelte Bedrich wütend an. »Ihr irrt Euch gewaltig. Es ist eine Schrift von höchstem wissenschaftlichem Wert, Jana hat kein Recht darauf.«
»Das sehe ich anders«, sagte Bedrich ruhig. »Und ich nehme an, jeder Richter in dieser Stadt würde meine Meinung teilen. Und so wie ich Jana kenne«, seine Miene wurde bitter, als er Jana ansah, »wird sie nicht mit mir nach Cluny reisen, ehe sie nicht im Besitz dieses zweiten Teils ist, was auch immer es sein mag. Ich fürchte, dass es sich dabei nicht um ein Kochbuch handelt, oder?«
Jana schüttelte den Kopf. Nie zuvor hatte sie Bedrich so viel Zuneigung entgegengebracht wie jetzt gerade.
»Gut, ich habe es auch nicht angenommen. Auf alle Fälle werde ich mit Euch ins Collège gehen, um diese Schrift für Jana zu erbitten.«
»Das würdest du tun?«, fragte Jana gerührt. Sie ritt zu Bedrich, beugte sich zu ihm und drückte ihn unbeholfen und linkisch einen flüchtigen Kuss auf seine Wange. Bedrich errötete, und Pfeiffer verdrehte die Augen. Ganz offensichtlich war er mit der Entwicklung des Gesprächs ganz und gar nicht einverstanden.
»Ich brauche Eure Begleitung nicht«, murrte er.
»Es bleibt Euch nichts anderes übrig«, sagte Jana
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