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Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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fertig gesprochen, als Doktor Pfeiffer ihm schon Kontra gab: »Wir haben in den letzten Wochen so viel Zeit verloren, dass wir rasch weiterreiten müssen.«
    »Redet doch keinen Unsinn«, sagte Bedrich. »Die Sonne geht bald unter. Wo wollt Ihr denn übernachten?«
    »Im Freien, so wie wir es in den letzten Wochen auch gemacht haben.«
    Bedrich schnaufte ärgerlich. »Wir hatten den Wagen. Wie bitte wollt Ihr Jana beschützen, wenn wir wehrlos zu dritt unter einem Baum liegen?«
    Nun mischte sich Jana ein.
    »Niemand braucht mich zu beschützen«, murrte sie.
    »Ach, nein?«, fragte Bedrich provokant. »Willst du irgendwelche Räuber mit deinen Röcken erdrosseln?«
    Bei dieser Vorstellung zog Doktor Pfeiffer belustigt die Augenbrauen hoch. »Ich bin sicher, das kann sie.«
    »Ich habe nicht vor, meine Röcke zu opfern, aber wenn es sein muss, würde ich es tun«, sagte Jana, und da sie wusste, dass die beiden Männer keine Lösung finden würden, traf sie die Entscheidung. »Ich schlage vor, wir reiten noch ein Stück weiter und suchen uns am Ufer des Rheins eine Unterkunft.«
    Überraschenderweise waren beide Männer einverstanden, und so verließen sie kaum, dass sie die Stadt betreten hatten, Freiburg in Richtung Westen.
    Dijon
    S EIT J ANA B EDRICH KANNTE , hatte sie geglaubt, er beherrsche die Sprache seiner Mutter fließend, aber nun stellte sich heraus, dass dem nicht so war. Er kannte bloß einzelne Worte und verstand so gut wie nichts. Schon nach wenigen Tagen konnten Doktor Pfeiffer und Jana sich besser mit den Franzosen verständigen als Bedrich. Dem Arzt kamen viele Begriffe aus dem Lateinischen bekannt vor, und so schlug er sich mit einer Mischung aus Latein, Deutsch und Französisch durch. Jana hingegen war so fasziniert von der neuen Sprache, die in ihren Ohren wie eine wunderschöne, perfekt komponierte Melodie klang, dass sie neue Wörter oder Ausdrücke gierig aufsog wie ein trockener Schwamm. Während Jana sich bemühte, die vielen nasalen Laute nachzuahmen, klangen die Worte aus Bedrichs Mund hart und unverständlich. Dementsprechend irritiert reagierten die Menschen.
    »Ich weiß nicht, was los ist«, bemerkte Bedrich kopfschüttelnd. »Ich habe der Marktfrau dreimal versucht zu erklären, dass ich Milch und Käse haben will. Aber sie hat mich einfach nicht verstanden und wollte mir Äpfel geben.«
    Jana unterdrückte ein Grinsen. Sie wollte Bedrich nicht kränken, deshalb biss sie sich auf die Zunge und schwieg. Doktor Pfeiffer war weniger taktvoll: »Das liegt wohl daran, dass sich jedes Mal, wenn Ihr versucht, ein französisches Wort auszusprechen, ein Knoten in Eurer Zunge bildet. Die armen Menschen müssen glauben, Ihr leidet an einer schlimmen Halskrankheit.«
    Beleidigt verzog Bedrich das Gesicht, aber er war an Bemerkungen wie diese mittlerweile gewöhnt. Jetzt, wo sie einander nicht mehr ausweichen konnten, stritten die beiden Männer wie kleine Kinder und ließen keine Gelegenheit aus, sich gegenseitig eins auszuwischen. Jana war versucht, sich kleine Wollbällchen in die Ohren zu stopfen wie auf der Schwäbischen Alb, damit sie die Streitereien nicht mehr hören musste. Aber aus Angst, dann etwas Wichtiges zu verpassen, verzichtete sie darauf und ritt stattdessen mit deutlichem Abstand vor oder hinter den beiden Männern.
    Sobald sie ihre Stimmen nicht mehr verstehen konnte, ließ sie ihren Blick durch die Landschaft schweifen. Seit sie Freiburg verlassen hatten, ritten sie durch ein hügeliges Gebiet mit sanften Kuppen und steilen, kraftraubenden Anstiegen. Sie kamen über uralte gepflasterte Straßen, die schon von den Römern angelegt worden waren, nahmen aber auch schmale Feldwege. Wenn Bedrich und Doktor Pfeiffer nicht gerade stritten, ritten sie meist schweigend hintereinander her, und dann versuchte Jana sich vorzustellen, wie viele Pferde, Lastwagen und Handkarren im Laufe der Jahrhunderte schon über diese Straßen gerattert waren. Vor ihrem inneren Auge sah sie römische Händler, Legionäre und Soldaten, aber auch Bauern, die Getreidesäcke und Heu in die Stadt brachten.
    Sie übernachteten in einfachen Gasthäusern oder im Freien, füllten ihre Wasserflaschen mit dem Wasser klarer Bäche oder dem Brunnenwasser der Dorfbrunnen und kauften ihren Proviant bei den Bauern, deren Höfe auf dem Weg lagen. Jana mochte die deftig gewürzten Würste, aber ihre uneingeschränkte Begeisterung gehörte den vielen Käsesorten. Jedes Dorf und jeder Bauer erzeugte seine eigene köstliche

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