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Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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Spezialität. So als wollten sie einander Konkurrenz machen, schien jeder darauf bedacht, eine besonders ausgefallene Sorte herzustellen. Jana und Bedrich kosteten sie alle und waren hingerissen. Doktor Pfeiffer jedoch verzog nur jedes Mal die Nase.
    »Wie kann man etwas essen, das riecht, als wäre es bereits verdorben?«
    »Ihr habt eben keine Ahnung vom guten Essen«, antwortete Bedrich. »Wenn Ihr ein Stück Apfel dazu essen würdet, könntet Ihr verstehen, worin das Geheimnis liegt: in der Verbindung von zwei gegensätzlichen Geschmacksrichtungen.« Er sah Jana hoffnungsvoll an und meinte: »Es ist wie bei den Menschen, auch da ziehen sich Gegensätze an.«
    Der Arzt rümpfte die Nase und knabberte trockenes Brot, während Jana und Bedrich im Käsehimmel schwebten.
    An einem kühlen Sommertag erreichten sie schließlich Dijon. Die Stadt mit ihren rotbraunen Dächern tauchte langsam aus dem morgendlichen Nebel auf, hin und wieder ragten Kirchturmspitzen aus dem weißen Meer. Hatte Jana sich beim Anblick der Stadt einen überwältigenden Eindruck erwartet, so wurde sie nun enttäuscht. Nachdem sie die Stadtmauer passiert hatten, ritten sie durch düstere, grau gepflasterte Straßenzüge. Die engen Gassen waren rechts und links von Fachwerkhäusern gesäumt, deren Erker oft so weit zur Straßenmitte vorragten, dass kaum Licht aufs Pflaster fiel.
    Während der letzten beiden Tage hatte es ständig genieselt, das Wetter erinnerte an einen unfreundlichen Novembertag. Janas Kleidung war durch und durch nass. Sie freute sich auf eine trockene Unterkunft, einen warmen Kamin zum Trocknen der Kleidung und eine sättigende Mahlzeit.
    Vor der massiven Kathedrale Saint Benigne mit den alten, breiten Türmen und dem großen Spitzbogenfester über dem riesigen, ebenfalls spitzbogigen Tor ließ Pfeiffer sein Pferd anhalten.
    »Ich fürchte, dass sich hier unsere Wege trennen. Lebt wohl«, sagte er unvermittelt.
    Jana bremste Marie sofort und wäre dabei fast vom Pferd gefallen. Hatte sie sich eben verhört? Oder wollte Pfeiffer tatsächlich allein nach dem zweiten Teil des Manuskripts suchen? Nach all dem, was sie gemeinsam durchgemacht hatten? Wie konnte der Arzt einfach »Lebt wohl«, sagen, so als gäbe es nichts, was sie nach den letzten Wochen miteinander verband?
    Bedrich wirkte ebenfalls überrascht, doch die Erleichterung darüber, den lästigen Arzt endlich loszuwerden, überwog sichtlich. Er fragte: »Was habt Ihr jetzt vor?«
    Aber Doktor Pfeiffer machte keine Anstalten zu antworten. Er nickte den beiden lediglich zu und wollte davonreiten.
    Jana traute ihren Augen nicht. Empört lenkte sie Marie an seine Seite und griff nach den Zügeln seines Pferdes, so wie Pfeiffer es auf der Schwäbischen Alb bei ihr gemacht hatte. Jana war inzwischen die geschicktere Reiterin, sie konnte ihn mühelos am Weiterreiten hindern.
    »Doktor Pfeiffer«, sie sprach den Namen aus, als handelte es sich um ein Schimpfwort, »Bedrich hat Euch eine Frage gestellt. Es fällt Euch bestimmt kein Zacken aus der Krone, wenn Ihr sie beantwortet. Oder habt Ihr Angst davor, ihm die Wahrheit zu verraten?«
    »Warum sollte ich Angst haben?«, fragte Pfeiffer irritiert.
    Jana konnte einfach nicht erraten, was sich hinter seinem unbewegten Gesicht abspielte, bloß am Zucken seiner Augenbrauen merkte sie, dass er in Wirklichkeit nervös war.
    »Dann sagt Bedrich doch, dass Ihr vorhabt, ins Collège des Godrans zu gehen, das Jesuitenkolleg von Dijon, weil Ihr dort den zweiten Teil eines wertvollen Reisetagebuchs vermutet. Und sagt ihm auch, dass das Manuskript eigentlich mir gehört und dass Ihr es mir gerade stehlen wollt, so wie Ihr …« Sie beendete den Satz nicht, denn Pfeiffers Gesicht verriet nun doch Gefühle. Seine Miene überraschte Jana, denn er sah verletzt aus.
    »Es tut mir leid«, sagte sie rasch. Aber als sie ihn erneut ansah, war sein Gesicht ausdruckslos wie zuvor.
    »Ich habe nicht vor, das Buch zu stehlen«, sagte er kalt. »Ihr selbst habt es mir anvertraut, und Ihr wisst, dass es in Euren Händen absolut wertlos ist.«
    »Und wenn schon – Ihr habt kein Recht, es Euch einfach unter den Nagel zu reißen.«
    »Darf ich Euch daran erinnern, dass Ihr mitten in der Nacht zu mir in die Kammer gekommen seid und es mir gegeben habt?«
    »Du bist zu ihm in seine Kammer gegangen?«, fragte Bedrich. Bis jetzt war er dem merkwürdigen Dialog der beiden gefolgt, ohne auch nur ein einziges Wort davon zu verstehen. Aber diesen Teil begriff er sehr

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