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Das sündige Viertel

Das sündige Viertel

Titel: Das sündige Viertel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kuprin
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so geizig bist, dann bestell wenigstens Bier. Ja?«
    »Na schön, Bier, das geht.«
    »Und für mich Limonade und Apfelsinen. Ja?«
    »Eine Flasche Limonade – ja, aber Apfelsinen nicht. Hinterher spendiere ich dir vielleicht sogar Champagner, alles hängt von dir ab. Wenn du dir Mühe gibst.«
    »Also dann bestelle ich vier Flaschen Bier, Papachen, und zwei Limonaden? Ja? Und für mich wenigstens noch eine Tafel Schokolade. Ja?«
    »Zwei Flaschen Bier, eine Flasche Limonade und weiter nichts. Ich liebe es nicht, wenn man mit mir handelt. Wenn ich will, bestelle ich selbst.«
    »Und darf ich noch eine Freundin einladen?«
    »Also bitte, nein, keinerlei Freundinnen.«
    Manka steckte den Kopf durch die Tür zum Korridor hinaus und rief laut: »Mamsellchen! Zwei Flaschen Bier und für mich eine Flasche Limonade!«
    Simeon kam mit dem Tablett und entkorkte versiert und flink die Flaschen. Nach ihm kam die Verwalterin Sossja.
    »Ach, wie gemütlich ihr es euch gemacht habt. Gratuliere zur Hochzeit!« sagte sie.
    »Papachen, biete der Verwalterin auch ein Bier an«, bat Manka. »Bedienen Sie sich, Mamsellchen.«
    »Ja, dann also auf Ihr Wohl, mein Herr. Irgendwie kommen Sie mir bekannt vor?«
    Der Deutsche trank Bier, schlürfend und sich danach den Schnurrbart leckend, und er wartete ungeduldig darauf, daß die Verwalterin gehen möge. Sie aber, nachdem sie ihr Glas abgesetzt und sich bedankt hatte, sagte: »Gestatten Sie, mein Herr, daß ich kassiere. Für das Bier, soviel es kostet, und für die Zeit. Das ist sowohl für Sie besser als auch für uns günstiger.
    Die Geldforderung berührte den Lehrer peinlich, denn sie zerstörte den sentimentalen Teil seines Vorhabens völlig. Er wurde ärgerlich.
    »Was ist denn das für eine Unart! Ich habe ja wohl nicht die Absicht davonzulaufen. Und außerdem, können Sie die Leute etwa nicht unterscheiden? Sie sehen doch, daß hier ein ordentlicher Mensch zu Ihnen gekommen ist, in Uniform, und nicht irgendeiner von der Straße. Was sind Sie nur aufdringlich!«
    Die Verwalterin gab ein wenig nach.
    »Nehmen Sie es nicht übel, mein Herr. Für den Besuch zahlen Sie selbstverständlich an die Dame. Ich hoffe, Sie meinen es gut mit ihr, sie ist ein feines Mädchen. Aber für Bier und Limonade müssen Sie jetzt schon zahlen. Ich muß auch bei der Chefin abrechnen. Zwei Flaschen Bier zu fünfzig – macht einen Rubel, und die Limonade dreißig – also eins dreißig.«
    »Mein Gott, eine Flasche Bier fünfzig Kopeken!« regte sich der Deutsche auf. »In jeder Bierstube bekomme ich es für zwölf Kopeken.«
    »Dann gehen Sie doch in die Bierstube, wenn es dort billiger ist«, sagte Sossja gekränkt. »Aber wenn Sie schon ein anständiges Etablissement aufsuchen, dann ist das der gesetzliche Preis – ein halber Rubel. Wir nehmen keine Überpreise. Na also, so ist es schon besser. Möchten Sie zwanzig Kopeken zurück?«
    »Ja, unbedingt «, sagte der Lehrer mit Nachdruck. »Und ich bitte darum, daß nun niemand mehr hereinkommt.«
    »Nein, nein, nein, wo denken Sie hin«, liebedienerte Sossja an der Tür. »Lassen Sie sich nicht stören, machen Sie es sich bequem, ganz wie Sie möchten. Guten Appetit!«
    Manka riegelte hinter ihr die Tür ab und setzte sich dem Deutschen auf ein Knie, ihn mit dem nackten Arm umhalsend.
    »Bist du schon lange hier?« fragte er und trank einen Schluck Bier. Er spürte vage, daß die Imitation von Liebe, die jetzt folgen sollte, einer gewissen seelischen Annäherung bedurfte, einer intimeren Bekanntschaft, und deshalb begann er trotz seiner Ungeduld ein gewöhnliches Gespräch, wie es fast alle Männer führen, wenn sie mit Prostituierten allein sind, ein Gespräch, bei dem die Mädchen nahezu mechanisch, ohne Arg und Anstrengung und ohne Bosheit lügen können, einfach nach alter Schablone.
    »Noch nicht lange, erst den dritten Monat.«
    »Und wie alt bist du?«
    »Sechzehn«, log die Kleine Manka, sich fünf Jahre jünger machend.
    »Oh, so jung noch!« staunte der Deutsche und beugte sich vor, um sich ächzend die Stiefel auszuziehen. »Wie bist du denn hierhergeraten?«
    »Ein Offizier hat mir die Unschuld geraubt, dort … in meiner Heimat. Und meine Mama ist so schrecklich streng. Wenn es ihr zu Ohren gekommen wäre, hätte sie mich eigenhändig erwürgt. Da bin ich eben von zu Hause ausgerissen und hierher gekommen.«
    »Und den Offizier, der dein erster war, hast du den geliebt?«
    »Wenn ich ihn nicht geliebt hätte, wär ich ja nicht zu ihm

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