Das Süße Geheimnis Der Leidenschaft: Roman
verbergen.
Clara, das neue Hausmädchen, trug eifrig das Tablett mit dem Frühstück herbei, über das sich Geoff mit Appetit hermachte. Madeleine betrachtete ihn nachdenklich. Lieber Gott, er würde einmal sehr attraktiv aussehen! Schon jetzt reichte er ihr bis an die Schulter - und sie war für eine Frau recht groß. Aber Geoff hatte nicht ihr helles Haar. Madeleine wandte den Blick ab und schenkte ihm eine Tasse Tee ein.
»Ich habe Eliza gebeten, mir heute Morgen meine Wanderschuhe herauszustellen«, sagte sie. »Möchtest du noch immer spazieren gehen?«
Seine Augen strahlten. »Oh ja, ich möchte mir gern das Krankenhaus in Chelsea ansehen«, sagte er, und seine Stimme überschlug sich in kindlicher Aufregung. »Und ich will an der Themse entlanglaufen so weit es geht und mir die Handelsschiffe ansehen.«
Madeleine lachte über seine Begeisterung. »Ich glaube, die Themse fließt bis zum Meer, mein Liebling«, sagte sie. »Und die meisten Handelsschiffe werden eher flussabwärts zu finden sein. London ist eine sehr große Stadt. Aber vielleicht könnten wir die Kutsche nehmen?«
Geoff schüttelte den Kopf. »Dann heute nur das Krankenhaus«, sagte er. »Ich möchte mir es genau ansehen. Mr. Frost sagt, dass es von Sir Christopher Wren gebaut worden ist - genau wie St. Paul's.«
Sie hatten die St. Paul's Kathedrale in der ersten Woche ihres Aufenthaltes in Walham Green besichtigt. Geoff war von den hoch aufragenden Dächern und der puren Herrlichkeit des Ortes zutiefst beeindruckt gewesen. Sein Lehrer, Mr. Frost, hatte dem Jungen von all den Wundern Londons erzählt. Infolgedessen war Geoff wie besessen davon, alles in sich aufzusaugen, was ihn an Geschichte und Architektur umgab.
Madeleine hatte ihren Tee ausgetrunken und erhob sich. »Dann also in einer Viertelstunde«, sagte sie und ging zur Tür. »Bist du bereit?«
Ihr Spaziergang durch Chelsea bot den beiden nur wenig Herausforderung, waren sie doch daran gewöhnt, durch die Yorkshire Dales zu wandern. Sie verbrachten gute zwei Stunden damit, die Umgebung des Krankenhauses zu erkunden und die Sonne zu genießen, die warm auf ihre Gesichter schien. Danach gingen sie über den Cheyne Walk zurück und bewunderten den Blick auf die Themse und die schönen Häuser, die ihre Ufer säumten.
»Schau, Mummy!«, sagte Geoff, als sie zur Oakley Street kamen. »Schau dir dieses schmiedeeiserne Tor an! Mr. Frost sagt, dass die Häuser von Chelsea berühmt sind für ihre wunderbaren Schmiedeeisenarbeiten. Ich weiß! Vielleicht können wir uns hier ein Haus kaufen? Es würde mir gefallen, jeden Tag den Fluss zu sehen.«
Madeleine lachte. »Wir haben doch schon ein Haus gekauft, Geoff«, erwiderte sie. »Genauer gesagt, wir haben zugesagt, es zu tun, was dasselbe ist. Und du wirst aus der oberen Etage den Fluss sehen können.«
»Wirklich?«
»Ich kann es dir heute Nachmittag zeigen«, schlug sie vor. »Ich habe vor, mich dort umzusehen und mir Gedanken über Farben und Vorhänge zu machen.«
Er zog die Nase kraus. »Nein, vielen Dank, Mummy!«
Madeleine lächelte nachsichtig. »Na gut«, sagte sie. »Zur Strafe werde ich dein Zimmer dunkelbraun streichen lassen. Oder violett. Oder vielleicht orange? Aber es ist fast Zeit fürs Mittagessen. Wie wollen wir nach Hause gehen? Schau, da vorn ist die Beaufort Street. Ich glaube, sie führt zum King's Highway. Der Weg könnte am besten sein.«
»Dann also dort entlang«, stimmte Geoff gutmütig zu. »Aber wir müssen uns beeilen, Mummy. Jetzt, da ich daran denke, bekomme ich schon wieder Hunger.«
Sie gingen Arm in Arm weiter, blieben ein- oder zweimal stehen, um in ein Schaufenster zu schauen oder um ein Haus zu bewundern, das Geoffs Aufmerksamkeit erregt hatte. Sie hatten die Hälfte der Strecke zurückgelegt, als Madeleine spürte, dass Geoffs Stimmung sich zu verändern begann. Sein Arm glitt von ihrem. Sein kindliches Geplauder verstummte, und seine Schritte wurden langsamer. Plötzlich blieb er stehen, seine Miene war ausdruckslos, doch seine Augen blickten starrsinnig.
»Geoff, was ist los?«
»Ich will - ich will zurückgehen, Mummy.«
Madeleine kannte die Anzeichen. Bitte, lieber Gott, nicht jetzt. »Geoff, wir müssen nach Hause«, drängte sie. »Komm jetzt! Wir stehen im Weg.«
»Aber ich möchte nicht weitergehen!«, rief der Junge. »Ich will zurück.«
Verzweiflung schwang in Madeleines Stimme mit. »Wohin zurück?«
Ein Mann in einem braunen Mantel ging an ihnen vorbei und sah sie über die
Weitere Kostenlose Bücher