Das Süße Geheimnis Der Leidenschaft: Roman
über alle Pachtverträge und Landaufkäufe, die nötig waren, um den Grund und Boden zu beschaffen, auf dem er bauen wollte. Er bewirtete Bankiers und Investoren von drei Kontinenten. Und, wenn es absolut unvermeidbar war, ließ er sich auch hin und wieder bei gesellschaftlichen Anlässen sehen. Es waren nur wenige, Gott sei Dank, weil die meisten Gastgeberinnen der guten Londoner Gesellschaft zu befürchten schienen, dass Merrick MacLachlan Lehm an seinen Stiefel hereintragen könnte oder - Gott möge das verhüten - nach der ehrlichen Arbeit eines langen Tages riechen könnte.
Im kühlen, schattigen Inneren des Schankraumes des Walham Arms schwitzte Merrick ganz und gar nicht. Er saß zurückgelehnt auf seinem Stuhl und klopfte mit den Fingern ungeduldig auf den uralten Tisch. Er hatte das Schankmädchen schon zweimal wieder fortgewinkt. Wo zum Teufel blieb Wynwood? Merrick hasste Unzuverlässigkeit in jeder Form und hielt Zuspätkommen für deren schlimmsten Auswuchs. Doch abrupt gebot er sich Einhalt. Er war wieder zu vorschnell. Denn es sah Wynwood nicht ähnlich, sich zu verspäten.
Merrick hörte eine Kutsche auf den Hof des Arm's fahren. Er stand auf und schaute aus dem Fenster. Er sah Wynwood von seinem Gefährt springen, dem Stallburschen eine Münze zuwerfen und dann auf die Tür zukommen.
»Du bist spät dran«, sagte Merrick, nachdem sein Freund sich gesetzt hatte. »Hat dir nie jemand gesagt, dass Zeit Geld ist?«
»Es tut mir schrecklich leid.« Der Earl sah, wie Merrick jetzt bemerkte, leicht unwohl aus. »Sei ein guter Freund und lass eine Flasche Brandy kommen.«
»Dafür ist es noch verdammt zu früh.« Trotzdem winkte Merrick das Schankmädchen heran und gab die Bestellung auf. »Geht es dir gut?«
Er beobachtete, dass Wynwood mehrere Male heftig schluckte. »Nun, so einigermaßen, würde ich sagen«, erwiderte er. »Ich bin Zeuge eines Unfalls gewesen, in der Nähe von Drayton Gardens. Ein junges Mädchen, umgemäht von irgendeinem Verrückten in einem Phaeton. Ich glaube - ich glaube, sie wollte die Straße überqueren.«
»Großer Gott! Konntest du helfen?«
Lord Wynwood schaute in die Tiefen des Gasthauses. »Ich bin von der Kutsche gesprungen und habe es versucht«, sagte er ruhig. »Aber man konnte ihr nicht mehr helfen. Sie trug ein hellblaues Kleid ... das Blut ... Es war furchtbar. Die King's Road ist schnurgerade, Merrick! Wie kann jemand nur so verantwortungslos sein?«
»Das kann ich nur vermuten.« Merrick stieß die Worte hervor. »Vermutlich wollte sich einer von den feinen Mayfair-Lümmeln einen Spaß machen.«
Wynwood beugte sich über den Tisch vor. »Verstehst du jetzt, Merrick, warum ich mir Sorgen um die Kinder mache? London ist zu gefährlich geworden.«
»Aye, das ist es.« Der Brandy kam und Merrick schenkte ihnen ein, dann schob er eines der Gläser Wynwood zu. »Trink das. Es wird deine Nerven beruhigen.«
Wynwood schwieg eine ganze Weile. »Ich will, dass du uns ein großes Haus baust, Merrick«, sagte er schließlich. »Und das schnell. Ein Haus dort, wo die Kinder noch Bäume sehen können, und nicht Gefahr laufen, von einer Postkutsche umgefahren zu werden. Ein Ort, an dem Vivie ein wenig Frieden haben kann.«
»Deine Frau spürt die Mühen ihrer Karriere?«, fragte Merrick.
Wynwood lächelte schief. »Nein, um ehrlich zu sein, spürt meine Frau die Mühen ihrer Schwangerschaft«, bekannte er. »Aber ja, auch die Oper beansprucht sie sehr.«
Merricks Augen weiteten sich. »Glückwunsch, alter Freund!«
»Wir sind natürlich auch ganz hingerissen«, sprach Wynwood weiter. »Ihre Morgenübelkeit ist fast vorbei. Aber alles andere läuft falsch. Die Sopranistin, die die Hauptrolle spielen sollte, ist letzte Woche nach einem Wutausbruch auf und davon und zurück nach Mailand. Unglücklicherweise klingt die zweite Besetzung wie ein Chorknabe, der sich gegen die Pubertät wehrt. Und jetzt befürchtet Vivie, dass sie selbst die Hauptrolle wird singen müssen - was genau das ist, was Signor Bergonzi schon die ganze Zeit wollte.«
»Ah, Bergonzi!«, sagte Merrick. »Ich kann deinen Schwiegervater gut leiden, Wynwood. Er ist auf so höfliche Weise rücksichtslos.«
»Ich mag ihn auch«, nickte Wynwood. »Aber er ist Teil des Problems.«
»Aye? Inwiefern?«
»Er braucht Platz«, erwiderte Wynwood. »Musikräume! Salons! Klaviere! Merrick, dieser Mann hat meinen Rauchsalon mit Celli und Bratschen vollgestellt, und in der Pantry meines Butlers steht jetzt ein
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